Die chinesische Sprache – Schwierig, aber nicht unmöglich
Von Philipp Bleckmann
Vor einigen Jahren noch galt die Sinologie als absolutes Orchideenfach, auch das Erlernen der chinesischen Sprache war einer kleinen Anzahl von Studenten vorbehalten. Mit dem spätestens seit Beginn des neuen Jahrtausends aufgekommenen „Chinaboom“ jedoch veränderte sich dies schlagartig. So schnellten beispielsweise die Studentenzahlen schlagartig nach oben. Während noch vor drei, vier Jahren das Studium fast überall ohne NC frei zugängig war, sahen sich nun viele der Universitäten gezwungen, das Studium aufgrund der enormen Nachfrage zu beschränken. Gleichzeitig bieten immer mehr Schulen Chinesischunterricht an, und auch die Anzahl der Konfuziusinstitute in Deutschland nimmt zu. Darüber hinaus ist ein Auslandsaufenthalt in China keine Seltenheit mehr. Studenten der Sinologie, aber auch viele Wirtschaftswissenschaftler und Juristen nehmen die Chance wahr, ihre Sprachkenntnisse (und den Lebenslauf) zu verbessern, indem sie ein oder zwei Semester an einer chinesischen Universität Sprachkurse belegen.
Ein solcher Auslandsaufenthalt empfiehlt sich sicherlich, wenn man die Sprache ernsthaft erlernen möchte. Denn nicht nur aufgrund der Schriftzeichen gehört das Chinesische neben dem Japanischen und Arabischen zu den für Europäer am schwierigsten zu erlernenden Sprachen. So kann man beispielsweise in Sprachkursen an Schulen oder Volkshochschulen nur einige rudimentäre Kenntnisse erwerben. Bei Einheiten von zwei bis vier Wochenstunden Unterricht ist es mittelfristig nicht möglich, die Sprache so zu beherrschen, dass man sich in einem chinesischsprachigen Umfeld bewegen kann. Als Grundlage für ein danach folgendes Studium ist ein solcher Kurs jedoch sicherlich sinnvoll, da man dann mit den Problemen des Chinesischen schon vertraut ist und auch kleine Einblicke eine neue Perspektive eröffnen können.
Auch die Sprachkurse an den Konfuziusinstituten leiden darunter, dass meistens nur etwa vier Stunden pro Woche unterrichtet wird. Da sich Fortschritte jedoch erst nach einiger Zeit zeigen, ist es sinnvoll, zumindest anfangs möglichst viel Zeit zu investieren.
Aus diesem Grund ist es an den meisten Universitäten üblich, vor dem Beginn des eigentlichen Sinologiestudiums ein so genanntes Propädeutikum zu absolvieren, das heißt einen einjährigen Sprachkurs mit etwa 15-20 Wochenstunden. Diese hohe Anzahl von Unterrichtsstunden führt dazu, dass sich schon nach einigen Wochen Erfolge einstellen und man nach einem Jahr in der Lage ist, einfache Texte zu lesen und Unterhaltungen zu führen. Leider wird dieses Propädeutikum nicht an allen Universitäten angeboten, viele starten mit nur 8-10 Wochenstunden, was das absolute Minimum sein sollte.
Idealerweise ist das Sprachstudium aufgeteilt in die vier Bereiche sprechen, hören, schreiben und lesen. Ein Unterricht, wie wir es beispielsweise aus dem Englischunterricht in der Schule kennen, bei dem alle Bereiche miteinander verbunden werden, empfiehlt sich im Normalfall nicht. Durch die Besonderheiten der chinesischen Sprache, die Schriftzeichen und die vier Töne, wird vom Lernenden gesteigerte Aufmerksamkeit verlangt. Zwar sind Sätze wie das berühmte „Māmā mà mǎ mā?“, das in der richtigen Tonhöhe ausgesprochen „Beschimpft die Mutter das Pferd?“ heißt, natürlich konstruierte Beispiele. Jedoch weisen sie richtigerweise auf die Bedeutung der Töne hin. Denn bereiten in der mündlichen Kommunikation, sowohl beim Sprechen als auch beim Hörverständnis, die größten Schwierigkeiten. Nicht wenigen Ausländern ist es passiert, dass sie in China von den Chinesen am Anfang ihres Aufenthaltes schlichtweg nicht verstanden wurden. Obwohl sie in ihren Heimatländern schon Sprachunterricht hatten, wurden die Töne so vernachlässigt, dass eine Kommunikation mit Muttersprachlern schwierig bis unmöglich ist. Da diese Mängel mit der Zeit immer schwieriger zu korrigieren sind, sollte man die richtige Aussprache von Anfang an als wichtigen Bestandteil des Lernens verstehen.