2

„Sie kommen aus China!?“, halb feststellend fragte mich eine alte Dame auf dem Oktoberfest.

„Ja!“ Doch diesmal war ich von der richtigen Vermutung noch verwirrter.

„Aber woher wissen Sie, dass ich eine Chinesin bin?“

„Ich war in China!“, lachte sie voller Selbstvertrauen, als ob sie eine China-Expertin wäre.

„Wie lange sind Sie in China geblieben?“, fragte ich die „Expertin“.

„Oh, ein schönes Land, wunderschön! Beijing, Shanghai, Xi’an, Hangzhou, Hongkong ...; phantastisch!“ Sie war ganz in ihrer schönen Erinnerung versunken und hatte meine Frage überhört.

„Ich will noch einmal dorthin fahren.“ In ihren überfröhlichen Augen schimmerte eine ekstatische Bewunderung, die mein Heimweh weckte und auch mir ein angenehmes Verschlucken beim Biertrinken bescherte.

3

„Qing wen nin gui xing?“, fragte mich ein Student auf einem Bankett.

Anlässlich der Frage verschluckte ich mich beim Rotwein. Zu meinem großen Erstaunen teilte ich ihm mechanisch meinen Namen mit und fragte, warum er die chinesische Sprache gelernt hätte.

„Erstens, China entwickelt sich rasant und spielt eine immer wichtigere Rolle in der Welt. Zweitens, Chinesisch ist die Sprache, die die meisten Menschen sprechen. Drittens, die Chinesen sind besonders freundlich, fleißig und aufgeschlossen. Viertens, China ist ein riesiges Land, viel größer als meine Heimat, Griechenland, wo Urlaub anstatt Arbeit überwiegt. Ich hoffe, dass ich später in China arbeiten kann. Fünftens, das chinesische Essen ist vielfältig und umfangreich. Das gefällt mir sehr. Sechstens...“, er hielt den Atem an und biß sich auf die Lippen, als ob er ein Geheimnis verraten hätte. Ich bewunderte den logischen Aufbau seiner Antwort. Ich freute mich, dass die Augen eines ausländischen Jungen die Strahlen meines Landes stark reflektierten. Ich war auch sehr gespannt, was wohl unter sechstens kommen würde. Aber er schwieg. Sein Kommilitone hatte ergänzt, der griechische China-Fan habe sich in ein chinesisches Mädchen verliebt!

   nach oben   1  2   3   4   5   nach unten