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"Perspektivlosigkeit gibt es hier nicht" - 30 Jahre Reform und Öffnung

Interview mit Peter Tichauer*, Chefredakteur von ChinaContact, dem führenden deutschsprachigen Wirtschaftsmagazin im Bereich Informationen über aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen in China sowie Perspektiven der Kooperation mit China. Es erscheint monatlich mit einer Auflage von nahezu 10 000 Exemplaren.  (www.china-contact.cc)

 

China heute: Nach 30 Jahren Reform und Öffnung in der Volksrepublik China hat sich das Land erheblich gewandelt. Das Wirtschaftswachstum der letzten drei Jahrzehnte wird weltweit bestaunt. Der Ausgangspunkt war allerdings denkbar ungünstig. Wie ist es zu erklären, dass das Land gerade nach der „Kulturrevolution“(1966–1976) den eingeschlagenen Weg so erfolgreich gehen konnte?  

Es gab immer auch Kräfte in der Parteiführung die während der Kampagnen in der VR China eine regulierende Funktion übernommen haben. Nach der „Kulturrevolution“ hat sich Deng Xiaoping mit seinen Vorstellungen zur Reformpolitik durchgesetzt und es wurde mit den Reformen auf dem Lande begonnen. Gerade das „Verantwortlichkeitssystem“ hat dann doch gezeigt, dass das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit schnell zu einer steigenden Produktivität und zu einer Verbesserung der Versorgungslage geführt hat. Anfang der 80er Jahre wurde in den Städten Chinas häufiger davon gesprochen, dass die Landbevölkerung ein besseres Leben führen würde. Während in den Städten noch niemand eigene Wohnungen besaß, wurde vom Land bereits berichtet, dass sich einige Bauern zwei- bis dreistöckige Wohnhäuser bauten.

Letztendlich war das, was 1978 begonnen wurde, ja auch ein Experiment. China ist ein riesiges Land mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen, und es wäre unrealistisch zu glauben, man könnte hier Reformen im gesamten Land auf einen Schlag durchsetzen. Deswegen wurden zum Beispiel die Sonderwirtschaftzonen ausgewiesen. Man hat also wirklich erst einmal ausgetestet, ob die Reformen funktionieren und ob die Investoren überhaupt kommen. Meiner Ansicht nach war es schon eine kluge Entscheidung, nicht eine vollständige Öffnung auf einmal durchzuführen, sondern schrittweise vorzugehen. Ein anderes Wirtschaftssystem von einem Tag auf den anderen einzuführen, wäre nicht möglich gewesen. Insofern war es die richtige Entscheidung, auch wenn zu Beginn nicht absehbar war, welches Ausmaß die positiven und negativen Folgeerscheinungen haben würden. Das Verhalten der Regierung zeigt aber, dass sie sich über die Konsequenzen sehr wohl bewusst ist. Gerade der Umstand, dass die in Folge von 30 Jahren Reform und Öffnung aufgekommenen sozialen Unterschiede fortwährend thematisiert werden, wie auch die regionalen Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung, zeigt den Willen der Regierung, diese Probleme auch zu lösen.

Sehr vernünftig erscheint mir, dass westlichen Ratschlägen in der Wirtschaftspolitik nicht gefolgt wurde und beispielsweise die Staatsbetriebe nicht vollständig privatisiert wurden. Die Vision Deng Xiaopings, dass erst einige reich werden sollen und dann die anderen folgen, vollzieht sich in gewisser Hinsicht. In dem Moment, wo in China das bis dato geltende Prinzip der sozialen Gleichheit, bei dem alle gleich arm waren, aufgehoben wurde, entstand eben eine wachsende Schicht von Wohlhabenden und andere wurden erst einmal von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt. Wenn man allerdings das heutige Lebensniveau der Bevölkerung insgesamt und auch in den armen Gebieten vergleicht mit 1978/79, dann kann man deutliche Verbesserungen feststellen, was meiner Auffassung nach auch einer der wesentlichen Gründe für eine Grundzufriedenheit unter der chinesischen Bevölkerung ist. Man muss doch festhalten, dass es hier in China keine Massenproteste gegen die Entwicklung gibt und die Menschen stellen einfach fest, dass sich etwas bewegt und sich ihr Leben deutlich verbessert hat sowie eine Perspektive besteht. Perspektivlosigkeit, so ist mein Eindruck, gibt es hier nicht. Es gibt eine Gewissheit unter der Bevölkerung, dass es immer weiter aufwärts gehen wird, während es in Europa für immer mehr Menschen immer schwieriger wird und soziale Errungenschaften abgebaut werden.

 

China heute: Mit der wirtschaftlichen Entwicklung gehen auch politische Reformen einher. Die chinesische Regierung plant eine „Demokratisierung von unten“…

…um es ketzerisch zu sagen: Wenn Mitbestimmung hier soweit gehen würde wie in Deutschland, wo vieles auch zerredet wird, dann wäre das wirklich hinderlich.

Ich denke, dass der Weg, der hier in China gegangen wird, auf jeden Fall klüger ist, als das, was beispielsweise Gorbatschow damals in der Sowjetunion umgesetzt hat. Hier geht man davon aus, dass man erst die Wirtschaft auf die Beine stellen muss, damit man auf dieser Basis auch über Demokratie reden kann. In der Sowjetunion unter Gorbatschow wurde das Gegenteil vollzogen: Einführung westlicher Demokratievorstellungen ohne Schaffung der entsprechenden wirtschaftlichen Basis. Das Ergebnis ist bekannt. Wenn jetzt hier gesagt wird, dass der Bevölkerung mehr Mitsprache eingeräumt werden soll und das Wirtschaftswachstum eine andere Qualität bekommen soll, wozu auch Umweltschutz und Energieeffizienz gehören, dann ist das der folgerichtige Schritt. Es geht heute nicht mehr um Masse, sondern um Qualität. Bei aller Kritik an den verursachten Umweltschäden, die durch die Wirtschaftsentwicklung in China entstanden sind, dürfen wir nicht vergessen, über welchen Zeitraum sich die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland vollzogen hat und wann wir begonnen haben, Umweltschutz zu thematisieren. Hier in China geht nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung schneller voran, auch die Debatten um die Art der Wirtschaftsentwicklung sind viel schneller in Gang gekommen.

 

*Peter Tichauer studierte in den 1980er Jahren Sinologie in Berlin und Beijing.

Die Fragen stellte Lars Mörking

 

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Songshan-Gebirge in der Provinz Henan
 


Das Songshan-Gebirge liegt nordwestlich der Stadt Dengfeng in der Provinz Henan. Es ist das mittlere Gebirge unter den Fünf Gebirgen Chinas. Das Songshan-Gebirge ist der Ursprungsort des Zenbuddhismus und des Shaolin-Boxens.
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