Das
malerische Städtchen Fenghuang
Von
Zhang Xiwen



Fenghuang (was auf Chinesisch „Phönix“
bedeutet), ein Städtchen unter der Verwaltung des autonomen
Bezirks der Tujia-Nationalität im Westen der Provinz
Hunan, grenzt an den nördlichen Teil der Provinz Guizhou
und das Gebiet der Stadt Chongqing. Umgeben von Bergen und
umflossen vom Fluss Tuojiang ist diese kleine, ruhige Stadt
bekannt für ihre schöne Landschaft und als Geburtsort
mancher gefeierten chinesischen Berühmtheit.
Fenghuangs
Geschichte reicht 1316 Jahre zurück. Es hieß ursprünglich
Weiyang und lag dort, wo sich heute die Siedlung Huangsiqiao
befindet, rund 24 km nördlich der heutigen Stelle. Archäologen
vertreten die Ansicht, dass es früher eine bedeutende Garnison
war. Fenghuang wurde in der Ming-Dynastie (1368–1644) an den
heutigen Ort verlegt, doch seine Bevölkerung bestand
weiterhin mehrheitlich aus Soldaten, die dort stationiert
wurden, um Aufstände der Miao-Minderheit niederzuschlagen.
In der Qing-Dynastie (1644–1911) siedelten sich die ersten
Miao im befestigten Städtchen an. Die meisten Holzhäuser
in der für die Miao typischen Bauweise, die heute in der Altstadt
zu sehen sind, stammen noch aus jener Zeit.
Drei
verehrte Männer aus der Zeit der Chinesischen Republik
kamen in Fenghuang zur Welt. Es sind dies Xiong Xiling, der
erste Premier der Chinesischen Republik, Shen Congwen, einer
der wichtigsten Schriftsteller der chinesischen Moderne, der
mit Werken wie Die Grenzstadt und zahlreiche Kurzgeschichten
berühmt geworden ist, und Huang Yongyu, ein Maler und Pionier
der Reformschule der traditionellen chinesischen Malerei.
Huang vereinte traditionelle chinesische Malerei und westliche
Techniken der Ölmalerei, um völlig neue Effekte
zu schaffen. In den letzten Jahren wurden außerdem fünf
Volkskünstler aus dem Städtchen von der UNESCO mit dem
Titel „Meister der Volkskunst und des Kunsthandwerks“ ausgezeichnet.
Fenghuang
hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem beliebten Reiseziel
entwickelt. Bis in die 80er Jahre verdienten die meisten Bewohner
der Gegend ihren Lebensunterhalt mit Holzschlag und dem Flößen
von Baumstämmen, die sie zusammen mit Kunsthandwerk für
Waren des täglichen Gebrauchs eintauschten. Das Leben
war einfach und ruhig, und nur sehr wenige Touristen besuchten
den Ort. Als die lokale Regierung begann, den Tourismus zu
entwickeln, eröffneten viele Familien kleine Pensionen,
in denen sie chinesischen und ausländischen Touristen
Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten anboten.
Seit zwei Jahren profitiert das Städtchen besonders vom
großen Besucheraufkommen in den Ferien zum 1. Mai, 1.
Oktober und zum Frühlingsfest, weswegen außerhalb der
Altstadt ein neuer Stadtteil errichtet wurde.
Wer nach Fenghuang reist, tut allerdings
gut daran, eine Unterkunft im historischen Teil der Stadt
zu suchen. Die Preise sind niedrig, und die meisten Sehenswürdigkeiten,
wie der ehemalige Wohnsitz von Shen Congwen, der Chaoyang-Palast,
der Tempel der Drei Könige und der „Sprungfelsen“ am
Nordtor, liegen in unmittelbarer Nähe. In der Altstadt
gibt es auch eine Straße des Kunsthandwerks, wo in Handarbeit
angefertigte Souvenirs und lokale Spezialitäten angeboten
werden.
Fenghuang
liegt am Fuß des Nanhua-Bergs, am Fluss Tuojiang. Auf
dem Flussufer steht noch die Stadtmauer aus rotem Sandstein.
Der Stadtturm und das eiserne Tor wurden in der Qing-Dynastie
errichtet. Die zwei Kilometer lange Stadtmauer aus der Regierungszeit
von Kaiser Kangxi (1662–1722) ist jedoch zusammengefallen.
Das Ost- und das Nordtor stehen noch, doch das West- und das
Südtor sind restlos zerstört. Geht man der Stadtmauer
entlang, fällt der Blick auf den klaren Tuojiang, auf
Häuser auf beiden Seiten der Mauer und auf Gassen, die
mit Steinplatten gepflastert sind.
Vor
dem Nordtor liegt die Huxiao-Untiefe. Hier spannt sich eine
schmale, 100 m lange Brücke, die auf 15 Steinblöcken
liegt, über den Tuojiang. Dies war früher der einzige Weg
aus der Stadt, von den Einheimischen „Sprungfelsen“ genannt.
Die Brücke ist so schmal, dass man sie nur hintereinander
überqueren kann. Kommt einem jemand entgegen, muss man sich
seitwärts kreuzen. Ab und zu fällt einer ins Wasser,
was immer große Heiterkeit hervorruft. Gegen Abend versammeln
sich Frauen am Ufer, um Wäsche zu waschen, während
ältere Männer auf offenen Plätzen ihre Drachen
in den Himmel steigen lassen. Bei Sonnenuntergang überzieht
ein glühener Schimmer die alten Holzhäuser, und der sich
kräuselnde Fluss glitzert im goldenen Licht.
Fenghuang ist am ehesten für seine Stelzenhäuser
im Miao-Stil bekannt. Das sind zweistöckige Holzkonstruktionen,
die auf mehreren Pfählen stehen. Der obere Stock, wo
sich die Wohnräume befinden, ragt leicht hervor und bildet
so etwas wie einen Balkon. Er ist wunderschön gefertigt
und verziert, mit nach oben geschwungenen Dachenden und geschnitzten
Fenstern, Türen und Geländern. Heute sind nur noch ein
Dutzend dieser Stelzenhäuser aus der Qing-Dynastie und
der Zeit der Republik erhalten geblieben. Diese befinden sich
in Huilongtan und werden z. T. als Ferienhäuser vermietet,
für nicht einmal 200 Yuan pro Monat. Eine Übernachtung
kostet lediglich 20 Yuan, doch wer Besitzer eines solchen
Hauses werden will, muss schon mehr als eine halbe Million
aufbringen.
Shen
Congwen wohnte an einer ruhigen Straße in der Altstadt,
in einem Haus, das sein Vater vor über 100 Jahren erbauen
ließ, als dieser in der kaiserlichen Regierung der Qing
diente. Shen Congwen wurde 1902 in diesem Haus geboren und
verbrachte seine Kindheit dort. Er verließ es mit 15.
Danach wechselte das Gebäude mehrmals die Besitzer, und
als er 1982 zurückkehrte, lebten fremde Leute darin. 1988
erwarb die Lokalregierung das Haus, veranlasste die nötigen
Reparaturarbeiten und öffnete es für die Öffentlichkeit
als ehemaligen Wohnsitz Shen Congwens. Das Haus ist von bescheidener
Größe, und der kleine Hof ist von acht Räumen
umgeben, in denen Shen Congwens Bilder, Manuskripte und Werkausgaben
ausgestellt sind.
Die alte befestigte Siedlung Huangsiqiao,
in einer Stunde Entfernung, und die Südliche Große Mauer
sind zwei Sehenswürdigkeiten außerhalb von Fenghuang.
Der Legende nach rührt der Name Huangsiqiao, wörtlich
„Die Brücke der Huang-Seide“, von der folgenden Begebenheit:
Es war einmal ein Seidenfabrikant, der in der Gegend wohnte.
Mit dem Geld, das er über viele Jahre hinweg verdient hatte,
baute er eine große Brücke über den Fluss, damit die
Miao einfacher in die Siedlung gelangen und seine Seide kaufen
konnten. Die Brücke verstärkte so die Kontakte zwischen
den Han und den Miao. Da der Seidenfabrikant mit Familiennamen
Huang hieß, nannten die Miao die Siedlung, in der er
lebte, „Huangsiqiao“. Die Schutzmauer um die Siedlung mit
einem Umfang von gut 600 m wird im Osten, Westen und Norden
von Stadttoren unterbrochen, die durch Wachtürme gesichert
sind. Rund 100 Familien leben in der Siedlung, in der ebenfalls
mehrere Stelzenhäuser zu sehen sind.
Die Südliche Große Mauer liegt 10
km außerhalb von Fenghuang und ist in etwa einer halben
Stunde zu erreichen. Erst im April 2000 entdeckten Archäologen
mehr als 200 km eines alten Befestigungswerks, das der Großen
Mauer im Norden Chinas ähnelte. Ihre Untersuchungen legten
nahe, dass seine militärische Organisationsstruktur identisch
war mit der der Großen Mauer, und sie folgerten, dass
es ein Teil der Befestigungsanlagen der Ming-Dynastie war,
der zur Verteidigung des Kaiserreichs gegen die Miao-Stämme
im Süden diente. Experten schätzen, dass sich die im
Durchschnitt 2,3 m hohe Südliche Große Mauer über 380
km erstreckte. Ihre zehn Meter hohen Wachtürme waren vollständig
aus Stein gebaut und müssen ein eindrücklicher Anblick gewesen
sein. Schon in der Ming-Dynastie begannen die Bewohner der
Umgebung jedoch, die Mauersteine abzutransportieren und als
Baumaterial zu verwenden. Daher bricht der heute noch sichtbare
Mauerabschnitt jäh ab, und seine Wachtürme mussten von
der Lokalregierung unter hohen Kosten wiederhergestellt werden.
Ebenfalls
in der Nähe von Fenghuang liegt das malerische Dorf Duluo,
dessen Name in der Miao-Sprache „viel Bambus“ bedeutet. In
seiner Umgebung müssen einst dichte Bambusbestände gestanden
haben, was aber heute leider nicht mehr der Fall ist. Das
Dorf liegt an einem Hang, und jedes Haus steht auf einem hohen
Steinfundament. Im Dorf ist es im Winter mild und im Sommer
kühl. Gleich beim Dorf befindet sich ein großartiger
Wasserfall, und um sich die beste Aussicht darauf nicht entgehen
zu lassen, folgen die Besucher dem schlammigen Pfad von seiner
Spitze bis zu seinem unteren Ende. Am unteren Dorfende liegt
ein etwa einen Meter breiter und Dutzende Meter hoher Wasserfall,
mit einem kleineren gleich daneben. Sie sind durch Lianen
getrennt. Im Sommer wachsen die beiden Wasserfälle zusammen
und setzen die Lianen unter Wasser – ein herrlicher Anblick.
Reiserouten
Eintagesreise
in Fenghuang und Umgebung
Südliche Große
Mauer – Dorf Shiban – Siedlung Huangsiqiao – Qiliang-Höhle
Besteigen Sie einen Bus von Fenghuang nach
Ala (Fahrpreis 3–5 Yuan) und steigen Sie unterwegs bei der
Südlichen Großen Mauer und im Dorf Shiban aus. In Ala
angekommen, nehmen Sie einen Minibus oder eine Motorradrikscha
zur Siedlung Huangsiqiao. Die Qiliang-Höhle liegt etwa
4 km nördlich von Fenghuang. Nehmen Sie einen Bus von
Fenghuang in Richtung Jishou und steigen Sie bei der Höhle
aus. Der Fahrpreis beträgt 2–3 Yuan.
Eintagesreise
in Fenghuang
Morgen: Chaoyang-Palast, Kalligraphie- und
Malerei-Institut Fenghuang (Eintritt 3 Yuan) – Ehemaliger
Wohnsitz von Xiong Xiling (Eintritt 5 Yuan) – Nördliches
Stadttor – Östliches Stadttor (Eintritt 2 Yuan) – Regenbogenbrücke
– Stelzenhäuser in Shawan – Xialu-Pavillon/Zunfthaus
von Jiangxi (Eintritt 2 Yuan) – Wanming-Pagode – Tempel der
Drei Könige (Eintritt 2 Yuan).
Nachmittag: Sprungfelsen – Fahrt auf dem
Tuojiang (5 Yuan) – Grab von Shen Congwen – Frauenkloster
Zhunti – Ehemaliger Wohnsitz von Shen Congwen.
Besucher können auch für 150 Yuan einen
Pass kaufen, der zum Eintritt in den ehemaligen Wohnsitz von
Shen Congwen, zum Nanhua-Berg, zur Siedlung Huangsiqiao, zur
Südlichen Großen Mauer und in die Qiliang-Höhle
berechtigt.
Halbtagesreise
im Nationalen Waldpark Nanhua-Berg
Volksschule Wenchangge
– Lan-Quellen – Yiting-Pavillon
Verkehrsmittel,
Unterkunft und Verpflegung
Verkehrsmittel: Der Zug K525 von Changsha nach Zhangjiajie fährt um 19.28 in Changsha
ab und kommt um 6.42 in Jishou an. Von dort dauert die Fahrt
im klimatisierten Bus nach Fenghuang etwa 1½ Std., und der
Fahrpreis liegt bei 10 Yuan pro Person. Ein Taxi von Jishou
nach Fenghuang kostet 80 Yuan. Besucher können auch den
Zug nach Huaihua nehmen. Bis Fenghuang sind es von dort drei
Stunden mit dem Bus.
Im Städtchen
selber sind Motorradrikschas das weitverbreitetste Transportmittel.
Unterkunft: Die Übernachtung in einer Pension kostet 15–20 Yuan pro Person pro
Nacht, mit einem Zuschlag von 10 Yuan für eine Klimaanlage.
In der Regierungsherberge bezahlt man 12 Yuan pro Person pro
Nacht. Ein Doppelzimmer in einem Standardhotel kostet zwischen
120 und 200 Yuan pro Nacht.
Verpflegung: Auswärts essen in Fenghuang ist preisgünstig. Pro Tag muss man mit
nicht mehr als 20 bis 30 Yuan pro Person rechnen, und die
Küche umfasst eine breite Palette köstlicher örtlicher
Spezialitäten.
Kunsthandwerk: Modische Batik-Kleider und -Drucke, Silber, Verzierungen aus Büffelhorn
und -knochen und Schmuck.