Dezember 2002
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Sonderberichte

Das malerische Städtchen Fenghuang

Von Zhang Xiwen

Fenghuang (was auf Chinesisch „Phönix“ bedeutet), ein Städtchen unter der Verwaltung des autonomen Bezirks der Tujia-Nationalität im Westen der Provinz Hunan, grenzt an den nördlichen Teil der Provinz Guizhou und das Gebiet der Stadt Chongqing. Umgeben von Bergen und umflossen vom Fluss Tuojiang ist diese kleine, ruhige Stadt bekannt für ihre schöne Landschaft und als Geburtsort mancher gefeierten chinesischen Berühmtheit.

Fenghuangs Geschichte reicht 1316 Jahre zurück. Es hieß ursprünglich Weiyang und lag dort, wo sich heute die Siedlung Huangsiqiao befindet, rund 24 km nördlich der heutigen Stelle. Archäologen vertreten die Ansicht, dass es früher eine bedeutende Garnison war. Fenghuang wurde in der Ming-Dynastie (1368–1644) an den heutigen Ort verlegt, doch seine Bevölkerung bestand weiterhin mehrheitlich aus Soldaten, die dort stationiert wurden, um Aufstände der Miao-Minderheit niederzuschlagen. In der Qing-Dynastie (1644–1911) siedelten sich die ersten Miao im befestigten Städtchen an. Die meisten Holzhäuser in der für die Miao typischen Bauweise, die heute in der Altstadt zu sehen sind, stammen noch aus jener Zeit.

Drei verehrte Männer aus der Zeit der Chinesischen Republik kamen in Fenghuang zur Welt. Es sind dies Xiong Xiling, der erste Premier der Chinesischen Republik, Shen Congwen, einer der wichtigsten Schriftsteller der chinesischen Moderne, der mit Werken wie Die Grenzstadt und zahlreiche Kurzgeschichten berühmt geworden ist, und Huang Yongyu, ein Maler und Pionier der Reformschule der traditionellen chinesischen Malerei. Huang vereinte traditionelle chinesische Malerei und westliche Techniken der Ölmalerei, um völlig neue Effekte zu schaffen. In den letzten Jahren wurden außerdem fünf Volkskünstler aus dem Städtchen von der UNESCO mit dem Titel „Meister der Volkskunst und des Kunsthandwerks“ ausgezeichnet.

Fenghuang hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem beliebten Reiseziel entwickelt. Bis in die 80er Jahre verdienten die meisten Bewohner der Gegend ihren Lebensunterhalt mit Holzschlag und dem Flößen von Baumstämmen, die sie zusammen mit Kunsthandwerk für Waren des täglichen Gebrauchs eintauschten. Das Leben war einfach und ruhig, und nur sehr wenige Touristen besuchten den Ort. Als die lokale Regierung begann, den Tourismus zu entwickeln, eröffneten viele Familien kleine Pensionen, in denen sie chinesischen und ausländischen Touristen Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten anboten. Seit zwei Jahren profitiert das Städtchen besonders vom großen Besucheraufkommen in den Ferien zum 1. Mai, 1. Oktober und zum Frühlingsfest, weswegen außerhalb der Altstadt ein neuer Stadtteil errichtet wurde.

Wer nach Fenghuang reist, tut allerdings gut daran, eine Unterkunft im historischen Teil der Stadt zu suchen. Die Preise sind niedrig, und die meisten Sehenswürdigkeiten, wie der ehemalige Wohnsitz von Shen Congwen, der Chaoyang-Palast, der Tempel der Drei Könige und der „Sprungfelsen“ am Nordtor, liegen in unmittelbarer Nähe. In der Altstadt gibt es auch eine Straße des Kunsthandwerks, wo in Handarbeit angefertigte Souvenirs und lokale Spezialitäten angeboten werden.

Fenghuang liegt am Fuß des Nanhua-Bergs, am Fluss Tuojiang. Auf dem Flussufer steht noch die Stadtmauer aus rotem Sandstein. Der Stadtturm und das eiserne Tor wurden in der Qing-Dynastie errichtet. Die zwei Kilometer lange Stadtmauer aus der Regierungszeit von Kaiser Kangxi (1662–1722) ist jedoch zusammengefallen. Das Ost- und das Nordtor stehen noch, doch das West- und das Südtor sind restlos zerstört. Geht man der Stadtmauer entlang, fällt der Blick auf den klaren Tuojiang, auf Häuser auf beiden Seiten der Mauer und auf Gassen, die mit Steinplatten gepflastert sind.

Vor dem Nordtor liegt die Huxiao-Untiefe. Hier spannt sich eine schmale, 100 m lange Brücke, die auf 15 Steinblöcken liegt, über den Tuojiang. Dies war früher der einzige Weg aus der Stadt, von den Einheimischen „Sprungfelsen“ genannt. Die Brücke ist so schmal, dass man sie nur hintereinander überqueren kann. Kommt einem jemand entgegen, muss man sich seitwärts kreuzen. Ab und zu fällt einer ins Wasser, was immer große Heiterkeit hervorruft. Gegen Abend versammeln sich Frauen am Ufer, um Wäsche zu waschen, während ältere Männer auf offenen Plätzen ihre Drachen in den Himmel steigen lassen. Bei Sonnenuntergang überzieht ein glühener Schimmer die alten Holzhäuser, und der sich kräuselnde Fluss glitzert im goldenen Licht.

Fenghuang ist am ehesten für seine Stelzenhäuser im Miao-Stil bekannt. Das sind zweistöckige Holzkonstruktionen, die auf mehreren Pfählen stehen. Der obere Stock, wo sich die Wohnräume befinden, ragt leicht hervor und bildet so etwas wie einen Balkon. Er ist wunderschön gefertigt und verziert, mit nach oben geschwungenen Dachenden und geschnitzten Fenstern, Türen und Geländern. Heute sind nur noch ein Dutzend dieser Stelzenhäuser aus der Qing-Dynastie und der Zeit der Republik erhalten geblieben. Diese befinden sich in Huilongtan und werden z. T. als Ferienhäuser vermietet, für nicht einmal 200 Yuan pro Monat. Eine Übernachtung kostet lediglich 20 Yuan, doch wer Besitzer eines solchen Hauses werden will, muss schon mehr als eine halbe Million aufbringen.

Shen Congwen wohnte an einer ruhigen Straße in der Altstadt, in einem Haus, das sein Vater vor über 100 Jahren erbauen ließ, als dieser in der kaiserlichen Regierung der Qing diente. Shen Congwen wurde 1902 in diesem Haus geboren und verbrachte seine Kindheit dort. Er verließ es mit 15. Danach wechselte das Gebäude mehrmals die Besitzer, und als er 1982 zurückkehrte, lebten fremde Leute darin. 1988 erwarb die Lokalregierung das Haus, veranlasste die nötigen Reparaturarbeiten und öffnete es für die Öffentlichkeit als ehemaligen Wohnsitz Shen Congwens. Das Haus ist von bescheidener Größe, und der kleine Hof ist von acht Räumen umgeben, in denen Shen Congwens Bilder, Manuskripte und Werkausgaben ausgestellt sind.

Die alte befestigte Siedlung Huangsiqiao, in einer Stunde Entfernung, und die Südliche Große Mauer sind zwei Sehenswürdigkeiten außerhalb von Fenghuang. Der Legende nach rührt der Name Huangsiqiao, wörtlich „Die Brücke der Huang-Seide“, von der folgenden Begebenheit: Es war einmal ein Seidenfabrikant, der in der Gegend wohnte. Mit dem Geld, das er über viele Jahre hinweg verdient hatte, baute er eine große Brücke über den Fluss, damit die Miao einfacher in die Siedlung gelangen und seine Seide kaufen konnten. Die Brücke verstärkte so die Kontakte zwischen den Han und den Miao. Da der Seidenfabrikant mit Familiennamen Huang hieß, nannten die Miao die Siedlung, in der er lebte, „Huangsiqiao“. Die Schutzmauer um die Siedlung mit einem Umfang von gut 600 m wird im Osten, Westen und Norden von Stadttoren unterbrochen, die durch Wachtürme gesichert sind. Rund 100 Familien leben in der Siedlung, in der ebenfalls mehrere Stelzenhäuser zu sehen sind.

Die Südliche Große Mauer liegt 10 km außerhalb von Fenghuang und ist in etwa einer halben Stunde zu erreichen. Erst im April 2000 entdeckten Archäologen mehr als 200 km eines alten Befestigungswerks, das der Großen Mauer im Norden Chinas ähnelte. Ihre Untersuchungen legten nahe, dass seine militärische Organisationsstruktur identisch war mit der der Großen Mauer, und sie folgerten, dass es ein Teil der Befestigungsanlagen der Ming-Dynastie war, der zur Verteidigung des Kaiserreichs gegen die Miao-Stämme im Süden diente. Experten schätzen, dass sich die im Durchschnitt 2,3 m hohe Südliche Große Mauer über 380 km erstreckte. Ihre zehn Meter hohen Wachtürme waren vollständig aus Stein gebaut und müssen ein eindrücklicher Anblick gewesen sein. Schon in der Ming-Dynastie begannen die Bewohner der Umgebung jedoch, die Mauersteine abzutransportieren und als Baumaterial zu verwenden. Daher bricht der heute noch sichtbare Mauerabschnitt jäh ab, und seine Wachtürme mussten von der Lokalregierung unter hohen Kosten wiederhergestellt werden.

Ebenfalls in der Nähe von Fenghuang liegt das malerische Dorf Duluo, dessen Name in der Miao-Sprache „viel Bambus“ bedeutet. In seiner Umgebung müssen einst dichte Bambusbestände gestanden haben, was aber heute leider nicht mehr der Fall ist. Das Dorf liegt an einem Hang, und jedes Haus steht auf einem hohen Steinfundament. Im Dorf ist es im Winter mild und im Sommer kühl. Gleich beim Dorf befindet sich ein großartiger Wasserfall, und um sich die beste Aussicht darauf nicht entgehen zu lassen, folgen die Besucher dem schlammigen Pfad von seiner Spitze bis zu seinem unteren Ende. Am unteren Dorfende liegt ein etwa einen Meter breiter und Dutzende Meter hoher Wasserfall, mit einem kleineren gleich daneben. Sie sind durch Lianen getrennt. Im Sommer wachsen die beiden Wasserfälle zusammen und setzen die Lianen unter Wasser – ein herrlicher Anblick.

Reiserouten

Eintagesreise in Fenghuang und Umgebung

Südliche Große Mauer – Dorf Shiban – Siedlung Huangsiqiao – Qiliang-Höhle

Besteigen Sie einen Bus von Fenghuang nach Ala (Fahrpreis 3–5 Yuan) und steigen Sie unterwegs bei der Südlichen Großen Mauer und im Dorf Shiban aus. In Ala angekommen, nehmen Sie einen Minibus oder eine Motorradrikscha zur Siedlung Huangsiqiao. Die Qiliang-Höhle liegt etwa 4 km nördlich von Fenghuang. Nehmen Sie einen Bus von Fenghuang in Richtung Jishou und steigen Sie bei der Höhle aus. Der Fahrpreis beträgt 2–3 Yuan.

Eintagesreise in Fenghuang

Morgen: Chaoyang-Palast, Kalligraphie- und Malerei-Institut Fenghuang (Eintritt 3 Yuan) – Ehemaliger Wohnsitz von Xiong Xiling (Eintritt 5 Yuan) – Nördliches Stadttor – Östliches Stadttor (Eintritt 2 Yuan) – Regenbogenbrücke – Stelzenhäuser in Shawan – Xialu-Pavillon/Zunfthaus von Jiangxi (Eintritt 2 Yuan) – Wanming-Pagode – Tempel der Drei Könige (Eintritt 2 Yuan).

Nachmittag: Sprungfelsen – Fahrt auf dem Tuojiang (5 Yuan) – Grab von Shen Congwen – Frauenkloster Zhunti – Ehemaliger Wohnsitz von Shen Congwen.

Besucher können auch für 150 Yuan einen Pass kaufen, der zum Eintritt in den ehemaligen Wohnsitz von Shen Congwen, zum Nanhua-Berg, zur Siedlung Huangsiqiao, zur Südlichen Großen Mauer und in die Qiliang-Höhle berechtigt.

Halbtagesreise im Nationalen Waldpark Nanhua-Berg

Volksschule Wenchangge – Lan-Quellen – Yiting-Pavillon

Verkehrsmittel, Unterkunft und Verpflegung

Verkehrsmittel: Der Zug K525 von Changsha nach Zhangjiajie fährt um 19.28 in Changsha ab und kommt um 6.42 in Jishou an. Von dort dauert die Fahrt im klimatisierten Bus nach Fenghuang etwa 1½ Std., und der Fahrpreis liegt bei 10 Yuan pro Person. Ein Taxi von Jishou nach Fenghuang kostet 80 Yuan. Besucher können auch den Zug nach Huaihua nehmen. Bis Fenghuang sind es von dort drei Stunden mit dem Bus.

Im Städtchen selber sind Motorradrikschas das weitverbreitetste Transportmittel.

Unterkunft: Die Übernachtung in einer Pension kostet 15–20 Yuan pro Person pro Nacht, mit einem Zuschlag von 10 Yuan für eine Klimaanlage. In der Regierungsherberge bezahlt man 12 Yuan pro Person pro Nacht. Ein Doppelzimmer in einem Standardhotel kostet zwischen 120 und 200 Yuan pro Nacht.

Verpflegung: Auswärts essen in Fenghuang ist preisgünstig. Pro Tag muss man mit nicht mehr als 20 bis 30 Yuan pro Person rechnen, und die Küche umfasst eine breite Palette köstlicher örtlicher Spezialitäten.

Kunsthandwerk: Modische Batik-Kleider und -Drucke, Silber, Verzierungen aus Büffelhorn und -knochen und Schmuck.

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