Dezember 2002
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Sonderberichte

Eine Bäuerin schafft ein Umweltschutzwunder

Am 10. Januar 2002 veranstaltete die Chinesische Stiftung für Umweltschutz in der Großen Halle des Volkes in Beijing eine Auszeichnungszeremonie. Zu dieser Zeremonie sandte das UNEP (das Umweltprogramm der Vereinten Nationen) ein Gratulationsschreiben. Auf der Veranstaltung wurde auch eine Bäuerin ausgezeichnet. Sie war schlicht gekleidet und fiel dennoch auf. Sie heißt Yin Yuzhen, kommt aus einem weit abgelegenen Gebiet der Inneren Mongolei und hat von der Gesellschaft unbeachtet eine Oase in der Wüste geschaffen. Innerhalb von 17 Jahren hat sie insgesamt über 300 000 Bäume gepflanzt und eine Fläche von über 40 000 Mu (2667 ha) aufgeforstet. Damit ist sie die Person, die landesweit die meisten Bäume gepflanzt hat.

Yin Yuzhen stammt aus einem abgelegenen Dorf in der Provinz Shaanxi, nahe der Inneren Mongolei. 1985 wurde sie von ihrem Vater an einen Bauern verheiratet, der in einem tief in der Wüste liegenden Dorf in der Inneren Mongolei lebte. Die Wohnhäuser des Dorfs waren so zerstreut, dass sie in den ersten 40 Tagen nach ihrer Hochzeit außer ihrem Mann und ihrer Schweigertochter keine Menschenseele antraf. Der äußerst karge Boden zeigte schon Anzeichen der Verwüstung und trug nur magere Ernten ein. Das kleine Wohnzimmer war schon von Sandwüste umgeben.

Im Hinblick auf die Verwüstung setzte sie sich in den Kopf, den Sand unter Kontrolle zu bringen und ihr Lebensumfeld zu verbessern. Als sie ihr Vorhaben ihrem Mann darlegte, zeigte er kaum Verständnis. „Wozu den Sand bekämpfen? Seit jeher leben wir damit“, sagte ihr Mann. Sie blieb eisern und entgegnete: „Der Sand hat schon genug Elend gebracht. Wenn wir jetzt die Sandwüste bekämpfen, kommt es unseren Nachkommen zugute. Sie werden nicht mehr darunter zu leiden haben.“

Im Herbst 1985 tauschte Yin Yuzhen erstmals in ihrer Heimat ein Schaf gegen 600 Stecklinge ein, brachte sie in sechs Märschen  auf einem Maultier in ihr Dorf und pflanzte sie an. Damals ging sie jeden Tag zu den frischen Stecklingen und goss sie. Nach einem langen Winter trieben die ersten Stecklinge. Frau Yin empfand ein Glücksgefühl, als ob sie nach endloser Dunkelheit das erste Licht erblickt hätte. Das ermutigte sie zur Fortsetzung der Aufforstungsarbeit.

Das Ehepaar sparte jedes Fen und sammelte Geld, um Stecklinge und Baumsamen zu kaufen. Um die Stecklinge noch in der kühlen Luft anzupflanzen, stand Yin Yuzhen um fünf Uhr auf und trug einen großen Eimer Wasser auf den Berg vor ihrem Haus. Zu Mittag aß sie dort ihre Maisbrote. Bei glühender Hitze und eiskaltem Wind hob sie eine Grube nach der anderen für die Bäume aus. In einem Jahr verbauchte das Ehepaar über zehn Spaten.

Einmal bestellte ihr Mann in einer Baumschule über 50 000 Stecklinge, die sie anpflanzen wollte. Doch nur schon der Transport machte ihr viele Schwierigkeiten. In aller Frühe, um drei Uhr, stand sie auf und führte drei Zugochsen zur Baumschule, um die Stecklinge nach Hause zu bringen. Unterwegs kam jedoch ein Sandsturm auf, der sie und die Tiere fast im Sand begraben hätte. Jeder Schritt fiel ihr schwer. Der Sandsturm schien ihren Willen auf die Probe stellen zu wollen und wehte die Stecklingsbündel von den Zugochsen, doch mit letzter Anstrengung setzte sie sie jedes Mal wieder auf den Rücken der Lasttiere zurück. So legte sie die Strecke mehrmals zurück, und erst nach zehn Tagen hatte sie alle Stecklinge ins Dorf gebracht.

Am Anfang war Yin Yuzhen recht unerfahren mit der Aufforstung. Es kam vor, dass die in einem Jahr mühsam angepflanzten Baumreihen über Nacht von einem Sandsturm vernichtet wurden. Zum Schutz der Stecklinge stellte sie deshalb Strohhecken auf, und nachdem die jungen Bäume Wurzeln geschlagen hatten, wurde ein neuer Schutzwall aus Stroh gebaut. Auf diese Weise dehnte sich die aufgeforstete Fläche Stück für Stück aus.

Im Lauf der Zeit erwarb sie sich bessere Kenntnisse über die Prinzipien der Aufforstung und konnte abschätzen, welche Parzellen für Sträucher und Büsche geeignet waren und welche für andere Gewächse. Außerdem entwickelte sie ein spezielles Verfahren, durch das die Parzellen schneller bepflanzt werden konnten. Für die Anpflanzung von Sträuchern trieb sie beispielsweise zuerst Schafe auf das Land, damit sie kleine Gruben trampelten, dann streute sie die Baumsamen darauf und trieb die Schafherde noch einmal auf die Felder. Nach kurzer Zeit konnte man schon grüne Keime sehen.

Mit der Aufforstungsarbeit hat sie überdies mit Bewohnern aus anderen Dörfern nach mehrmaligem Scheitern einen Weg von der Wüste zur Außenwelt angelegt, der ihr benannt ist.

Nach 17 Jahren Anstrengung lebt sie nicht mehr in Einsamkeit. Die Medienberichte über ihre Taten hat viele Menschen gerührt und zum Umweltschutz ermutigt. Ein Amerikaner, der an der Fremdsprachenschule Luoyang Englisch unterrichtete, reiste zu ihr und übergab ihr für ihre Aufforstungsarbeit eine Geldspende. Ein pensionerter Forstingenieur aus Beijing fuhr in ihr Dorf und bot an, ihr mit seinem Fachwissen zur Seite zu stehen. Yin Yuzhens Tätigkeit findet immer mehr Unterstützung.

Der vorliegede Text, zusammengestellt von Gao Zhuan, beruht u.a. auf einem von Li Guanghua und Niu Zhiqiang geschriebenen Bericht in Renwu (Nr. 8, 2002).

 

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