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Versorgung im Alter: im Altersheim oder zu Hause?

 

Von Zhang Xueying

 

Frau Gao Yuhua hat sich 1989 bei der „Wohlfahrtsanstalt Nr. 1“ der Stadt Beijing gemeldet, aber erst fünf Jahre später ist sie eingezogen. Dazu sagte Frau Gao: „Ich wäre früher nie auf die Idee gekommen, dass ich mal in einem Altersheim wohnen werde. Ich habe Kinder und meine eigene Wohnung. Anfangs kam ich tagsüber hierher, um mit Gleichaltrigen zu singen oder mich zu unterhalten. Am Abend ging ich nach Hause zu meinen Kindern. Einmal war ich krank und alleine zu Hause. Da dachte ich, dass es doch viel besser wäre, im Altersheim zu leben, denn man braucht nur einen Knopf zu drücken, wenn man sich nicht wohl fühlt, und die Krankenschwester ist innerhalb von zwei Minuten da. Außerdem bekommt man speziell zubereitetes Essen, wenn man krank ist.“

 

„Man fühlt sich in einem staatlichen Altersheim wie zu Hause“

Gao Yuhua meint, dass die meisten der im Altersheim lebenden Senioren dazu gezwungen waren, sich für das Altersheim zu entscheiden. Diese Meinung teilt Zhang Luzhi, Direktorin der „Wohlfahrtsanstalt Nr. 1“: „Die meisten der Senioren können nicht für sich selbst sorgen, deshalb sind sie ins Altersheim gezogen. Die Senioren in unserem Altersheim sind im Durchschnitt 82 Jahre alt, 1/3 von ihnen leben alleine oder sind verwitwet.“

 

Wang Xueshu und Ji Yuliang sind vor drei Jahren ins Altersheim gezogen, nachdem ihr einziger Sohn gestorben war. Jetzt fühlen sie sich in ihrer 70 qm großen Wohnung im Altersheim bereits wie zu Hause. An der Wand hängen mehr als zehn Fotos des Ehepaars. In der Wohnung sieht man noch viele dekorative Porzellanprodukte. Dazu sagt Frau Ji: „Monatlich zahlen wir etwa 4000 Yuan (10 Yuan sind etwa 1 Euro) für die Unterkunft und Verpflegung. Ich brauche mir auch keine Sorgen um die Gesundheit meines Mannes zu machen, denn wenn er sich nicht wohl fühlt, kommen die Krankenschwestern sofort. Normalerweise kommen sie zweimal täglich zur Visite, aber das stört uns überhaupt nicht. Meine Schlaflosigkeit hat sich gebessert. Der Eingang des Altersheims ist immer offen, es ist nicht wie bei manchen anderen Altersheimen, die ihre Tür oft zuschließen, so dass man nicht jederzeit ein- und ausgehen kann. Die Wohnung ist einfach, aber praktisch und bequem möbliert und sieht nicht wie ein Hotelzimmer aus.“

 

Die „Wohlfahrtsanstalt Nr. 1“ der Stadt Beijing wurde von der Stadtregierung errichtet und wird auch von ihr finanziert. Gegenwärtig gibt es 510 Betten. Für die zweite Bauphase werden weitere 500 Betten geplant. Damit sich die Senioren im Altersheim wie zu Hause fühlen, hat die Stadtregierung seit 2002 insgesamt 66 Millionen Yuan in Ausbau und Erneuerung der Einrichtungen investiert: Gebaut wurden eine Halle und verschiedene Räume für die Freizeitgestaltung; Notrufanlagen und Klimaanlagen wurden angeschafft; verschiedene medizinische Anlagen und Geräte, die dem grundlegenden Bedarf der Senioren für die medizinische Betreuung genügen, wurden beschafft oder erneuert. Die „Wohlfahrtsanstalt Nr. 1“ ist in Beijing bekannt für ihre moderne Einrichtung und den guten Service. „Eine Vorbestellung für Betten bieten wir längst nicht mehr an, denn mehr als 1000 Senioren sind jetzt auf der Warteliste“, sagt die Direktorin Zhang Luzhi.

 

Zur Zeit leben in China ca. 150 Millionen Senioren im Alter von über 60 Jahren. 5% von ihnen wollen in einem Altersheim leben. Das heißt, dass insgesamt 7,2 Millionen Betten zur Verfügung stehen müssten. Aber die statistischen Angaben, die 2006 im von der Staatsregierung veröffentlichten Weißbuch „Die Entwicklung der Seniorenangelegenheiten in China“ aufgeführt werden, zeigen, dass es landesweit insgesamt 39 546 Einrichtungen für die Altersversorgung, wie zum Beispiel Altersheime, Wohlfahrtsanstalten, Apartments für Senioren und Pflegeheime, mit insgesamt 1,497 Millionen Betten gibt.

 

Schwierigkeiten der nicht-staatlich betriebenen Altersheime

Die Entwicklung der nicht-staatlich betriebenen Altersheime wird vom Staat gefördert. Für die meisten Senioren, die nicht in einem staatlichen Altersheim leben können, kann ein nicht-staatlich betriebenes Altersheim eine Alternative sein.

 

Chen Yues Mutter leidet an Altersdemenz. Die berufstätige Frau Chen hat keine andere Wahl, als ihre Mutter in ein Altersheim zu schicken. Sie sagt: „Ich habe fast alle Altersheime in Beijing aufgesucht, schließlich habe ich mich für ein nicht-staatlich betriebenes Altersheim entschieden, denn man muss bei einem staatlichen Altersheim lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bevor ein Bett frei ist. Das von mir ausgewählte Altersheim ist modern eingerichtet. Obwohl es etwas weit von meinem Zuhause entfernt liegt, ist die medizinische Betreuung dort relativ professionell.“

 

Der Mangel an ausgebildetem Personal im Bereich Alterskrankheiten ist zur Zeit das größte Problem der nicht-staatlich betriebenen Altersheime.

 

Das Seniorenheim Xiying liegt in einem teuren Wohnviertel in Beijing. Ein Verantwortlicher des Seniorenheims sagt: „Wir haben uns für den Ort entschieden, weil es hier Krankenhäuser gibt.“

Das Seniorenheim Xiying ist komfortabel und luxuriös eingerichtet. Wang Qing ist ein Mitarbeiter in der Verwaltung des Seniorenheims, er sagt: „Ein Bett bei uns kostet 3000 Yuan pro Monat, Unterbringung und Verpflegung sind im Preis inbegriffen. Mit dem Preis zählt Xiying schon zu den teuren Altersheimen in Beijing. Obwohl wir viele Steuerermäßigungen und auch Subventionen von der Regierung erhalten, machen wir Verluste. Wir haben insgesamt 150 Betten, aber nur 30 Senioren. Sie sind meist allein lebend oder verwitwet. Für die Senioren, die unter Alterskrankheiten leiden, sind wir nicht in der Lage, allseitige medizinische Betreuung anzubieten. Im Gegensatz dazu sind staatliche Altersheime dazu durchaus in der Lage. Außerdem haben unsere Krankenschwestern ihr Studium erst vor kurzem abgeschlossen und haben deswegen nur wenig Erfahrung. Aus diesem Grund ist unser Kundenkreis sehr eingeschränkt.“

 

Altersversorgung zu Hause

Da man lange auf ein Bett in einem staatlichen Altersheim warten muss und bei nicht-staatlich betriebenen Altersheimen die medizinische Versorgung ungenügend ist, zieht das Modell der „Altersversorgung zu Hause“ immer größere Aufmerksamkeit auf sich.

 

Tian Ying ist Leiterin des Büros für Seniorenangelegenheiten beim Straßenkomitee Yuetan. Sie erklärt: „Einfach gesagt ist es so, dass sich die Leute in hohem Alter nicht mehr in Altersheimen betreuen lassen, sondern mehr und mehr zu Hause ihren Lebensabend verbringen. Wohngemeinschaften bieten ihnen verschiedene professionelle und kostenpflichtige Dienstleitungen an. Das Modell ist marktorientiert und wird vom Staat unterstützt. Auch freiwillige Helfer sind in das Konzept einbezogen.“ Das Straßenkomitee Yuetan hat 26 Wohnanlagen mit 27 000 Senioren, die 22% der Einwohner des Gebiets ausmachen. 6374 von ihnen wohnen alleine.

 

Gegen 11 Uhr mittags geht die 67-jährige Frau Liu Huifang ins Restaurant Baiyunxiang, das nicht weit von ihrem Wohngebäude liegt. Einige ihrer alten Nachbarn sind bereits am Tisch. Den Stammtisch im Restaurant hat die Wohngemeinschaft eigens für die Senioren reserviert. Frau Liu sagt: „Wir brauchen nur einen Tag vorher den Mitarbeitern der Wohngemeinschaft Bescheid zu sagen und sie werden für uns das Mittagessen bestellen. Wir bezahlen 11 Yuan.“ Zum Essen gehören ein Fleisch- und ein Gemüsegericht, Suppe und Reis.

 

Die mit Liu Huifang in einem Wohngebäude lebende Frau Luo Xiulin leidet an chronischer Arthritis an den Beinen. An diesem Tag geht sie nicht hinaus. Eine Stundenhilfe von einem Zentrum für Hausverwaltung ist zu ihr gekommen. Sie macht die Wohnung sauber, plaudert mit Frau Luo, kämmt ihr die Haare und prüft den Gaskocher.

 

„Zu Hause fühlen wir uns viel wohler als in einem Altersheim“, sagte Frau Liu Huifang. Sie hat bereits einige Altersheime aufgesucht. „Der Service ist gleich gut und wir werden gleich sorgfältig betreut. Aber wir haben zu Hause mehr Freiheit und die Kosten sind viel niedriger. In der Wohngemeinschaft sind wir alle alte Nachbarn und Freunde. Alle kennen einander gut und helfen sich gegenseitig.“ Gegenwärtig nehmen 90% der Senioren des Straßenkomitees Yuetan am Projekt „Altersversorgung zu Hause“ teil.

 

Fachkreise gehen davon aus, dass die Altersversorgung zu Hause in der Zukunft das wichtigste Modell der Altersversorgung in China sein wird.

 

 

 

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