Juli 2003
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Freuden und Leiden der Menschen mittleren Alters

Von Chen Xinxin

Als der 43-jährige Dramatiker Liang Zuo vor kurzem plötzlich an einem Herzinfarkt starb, wurde unter den Menschen mittleren Alters eine Krisenstimmung spürbar. Denn 2001 lag die durchschnittliche Lebenserwartung der Beijinger Bevölkerung bei 75,85 Jahren, doch die von Akademikern lag tiefer. Gemäß einer Untersuchung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften lag das durchschnittliche Sterbealter berufstätiger Wissenschaftler, die Krankheiten erlagen, zwischen 1991 und 1996 bei 52,23 Jahren. Innerhalb von zehn Jahren (1990 – 2000) stieg die Sterberate von Beijinger Männern zwischen 40 und 49 um 73%, die von Frauen der gleichen Altersgruppe dagegen nur um 15%.

Unter dem „mittleren Alter“ versteht man gewöhnlich die Lebensspanne zwischen 40 und 55. Für viele Chinesen ist dies ein Wendepunkt im Leben, und etwas drastisch formuliert könnte man sagen: Von da an geht es mit dem Leben bergab. Dieses pessimistische Urteil rührt von ihrer besonderen Lebenserfahrung. Sie wurden in den 50er oder 60er Jahren geboren, mitten in den Großen Sprung nach vorn und die Kulturrevolution, zwei verhängnisvolle Ereignisse, die nicht nur die Wirtschaft zum Erliegen brachten, sondern auch dem Bildungswesen großen Schaden zufügten. Als sie das schulpflichtige Alter erreichten, wurden sie zu körperlicher Arbeit gezwungen, um „die Sache des Proletariats fortzuführen“. Das Hochschulaufnahmesystem wurde von Grund auf umgekrempelt: Studienplätze blieben ausgewählten Kindern aus „rein proletarischen Familien“, also Bauern- und Arbeiterfamilien, vorbehalten. So wuchs eine ganze Generation mit mangelhafter Bildung heran. Anfang der 80er Jahre setzten Reform und Öffnung ein, der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft wurde eingeleitet, und plötzlich waren diese mit schlechten Voraussetzungen ausgestatteten Menschen mit früher nie gekannten Problemen in Beruf, Ehe und im Gefühlsleben konfrontiert.

Druck im Berufsleben

Obwohl die 40–55-Jährigen in verschiedenen Branchen nicht selten eine tragende Rolle spielen, verfügen sie weder über eine spezialisierte Ausbildung noch über viel versprechende Berufsaussichten. Ihr Einkommen ist ziemlich gering, und es ist für sie nicht einfach, den Beruf zu wechseln. Fast jedes Stellenangebot sucht Menschen unter 35. Ihre eigene Stellung zu erhalten, kostet Leute mittleren Alters viel Kraft, was ihre physische und psychische Gesundheit sowie das Familienleben mitunter in Mitleidenschaft zieht. Hinzu kommt, dass die Kosten für die Schul- bzw. Ausbildung ihrer Kinder von Jahr zu Jahr zunehmen und sie auch für ihre Eltern aufkommen müssen.

Andrerseits gehören etliche Menschen aus dieser Altersgruppe zu den ersten, die Ende der 70er Jahre nach der Wiederherstellung der Hochschulaufnahmeprüfungen ein Studium antreten konnten. Wegen ihrer hohen Ausbildung und ihrer reichen, zum Teil bitteren Lebenserfahrung sind sie heute tragende Kräfte in vielen Bereichen, aber sie stehen in Gefahr der Überanstrengung.

Kennzeichnend für die 40–55-Jährigen ist, dass sie tolerant sind und sich in andere hineinversetzen können, weil sie ein hartes Leben hinter sich und Hilfe von anderen erhalten haben. Ihre Lebenserfahrungen haben ihren Willen gestählt und ihren Unternehmungsgeist und ihr Pflichtbewusstsein für die Gesellschaft und das Volk gesteigert.

Cao Yan ist heute 43 Jahre alt. Als sie sechs Monate alt war, bekam sie Kinderlähmung und wurde gehbehindert. Noch heute muss sie an Krücken gehen. Als sie sechs Jahre alt war, starb ihre Mutter. Wegen der Lähmung wurde sie von klein auf gering geschätzt und ausgelacht. Sie litt unter einem Minderwertigkeitskomplex. In ihrer Verzweiflung versuchte sie zweimal, sich mit Schlaftabletten umzubringen, wurde jedoch gerettet.

Nachdem sie sich erholt hatte, dachte Cao über den Sinn des Lebens nach und kam zur Einsicht, dass jede Existenz einen Grund hat. Sie wollte ihrem Leben einen Wert geben und begann zu lernen. Mit 19 besorgte sie sich einen Bibliotheksausweis und fuhr jeden Tag mit dem Bus zur Bibliothek.

Später wurde sie in einem Verkehrsunfall schwer verletzt und musste sich zehn großen  Operationen unterziehen, was für gewöhnliche Menschen schier unvorstellbar ist. Sie dachte oft daran, wieviel Ermutigung und Unterstützung sie von der Gesellschaft erhielt, und fragte sich, wie sie dies erwidern könnte. Auf den Ratschlag ihrer Mitmenschen hin beschloss sie, eine Schule zu gründen. Sie borgte von ihren Verwandten 30 000 Yuan und ließ 1994 ihre Beijinger Aixing-Schule für Besondere Fähigkeiten registrieren. So wurde ein behinderter Mensch Direktor einer Schule für gesunde Menschen.

Nach drei Jahren harter Arbeit konnte sie die Schulden restlos zurückzahlen. Die Zahl der Schüler, die anfangs bei einigen Dutzend lag, stieg auf 2000. Manche Schüler gewannen Aufsatzwettbewerbe, andere schafften die Aufnahme an eine Kunsthochschule. Wieder andere arbeiten mittlerweile in einem Rundfunk- oder Fernsehstudio. Cao Yan und ihre Kollegen haben mit vollem Engagement Neuland erschlossen: Sie fördern das besondere geistige Potential von Kindern, indem sie die Fähigkeiten zur Entfaltung bringen, die in den öffentlichen Schulen zu kurz kommen.

Die Bezirksverwaltung des Beijinger Stadtteils Xicheng unterstützt ihre Sache sehr. Cao Yan wurde sogar als Mitglied des Bezirkskomitees der Politischen Konsultativkonferenz vorgeschlagen. Ihre Mitbürger möchten, dass sie in der Gesellschaft eine größere Rolle spielt.

Veränderungen im Eheleben

Im mittleren Alter spitzen sich auch Krisen im Eheleben zu. Manche Ehepartner sind einander durch das langjährige Zusammenleben überdrüssig geworden und mit dem leidenschaftslosen Sexualleben unzufrieden. Dafür spricht die hohe Zahl von Seitensprüngen. Experten erklären dies damit, dass manche die letzten Jahre vor dem Lebensabend nützen wollen, um die ermattete Leidenschaft wiederzubeleben und sich nochmals zu beweisen.

Herr Wang ist 54 Jahre alt und arbeitet als Forscher an einem Forschungsinstitut. Er erzählt: „Meine Frau war früher eine Schreibkraft in einer Fabrik. Sie hat ein übles Temperament, ist grob und schimpft oft. Sie sieht nicht schlecht aus, hat aber ein niedriges intellektuelles Niveau und oft schlechte Laune. Schon seit der Heirat leben wir in Zwietracht. Ich wollte mich scheiden lassen, habe das aber wegen der Kinder nicht getan. Ich bin an sich ein recht konservativer Mensch und nahm die Mühsal auf mich, um die Familie zu erhalten. Seit Jahrzehnten lebe ich mit meiner Frau zusammen, doch jetzt habe ich sie gründlich satt. Aber ich kann nichts ändern, zumal ich sexuelle Bedürfnisse habe. Dafür zeigt sie kein Verständnis, sie wehrt sich sogar mit aller Kraft dagegen. Ich bin wirklich ratlos. Ich weiß, dass viele eine außereheliche Beziehung haben, aber ich befürchte, falls ich eine Liebhaberin in meinem unmittelbaren Umfeld suchte und dies bekannt würde, dann würden mein Ansehen und meine Zukunft beschädigt. Und zu einer Prostituierten zu gehen, kann gesundheitlich gefährlich sein, man zieht sich da leicht eine Geschlechtskrankheit zu. Sollte ich eine anständige Frau aus gutem Hause kennen lernen, bestünde keine Möglichkeit, dass wir uns näher kommen. Welche Frau wollte sich mit einem fremden Mann einlassen? Außerdem könnte ich der Frau von vornherein nicht garantieren, dass ich sie heirate. Deshalb ist es für Akademiker wie mich außerordentlich schwierig, ja, nahezu unmöglich, einen Seitensprung zu machen. Ich bin kein Einzelfall, es geht vielen meiner Kollegen so. Wären die Kinder nicht, würde ich mich vielleicht scheiden lassen. Will man Familie haben, gehört auch eine Frau dazu. Frauen sind Familie. Wenn ein Mann allein lebt, fühlt er sich vielleicht miserabel, auf Dauer geht es bestimmt nicht. So bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter durchzuhalten.“

Andere wollen nicht mehr so lange zusammensein, „bis der Tod sie scheidet“. Wenn sich im Eheleben Verdruss breitmacht, suchen sie Bestätigung in außerehelichen Beziehungen. Manche können sich der Ermutigung von Freunden und Verführungen gegenüber nicht beherrschen und machen dadurch Fehltritte. Doch in verschiedenen Situationen verschiedene Rollen zu spielen, kann zur Belastung werden. Ein Forschungsbericht des Psychiatrischen Krankenhauses in Shenzhen weist darauf hin, dass psychische Probleme unter Männern mittleren Alters besonders häufig sind. Laut Hu Jize, dem Direktor des Krankenhauses, leidet ein Drittel der Männer im mittleren Alter in unterschiedlichem Grad an Depression, Angstneurosen oder Müdigkeit. Wenn der Druck größer ist als die Freude, kann dies im schlimmsten Fall die Persönlichkeit spalten.

Die gesellschaftliche Veränderung führt eine zuvor nie gekannte Veränderung der Werte herbei. Die Anforderungen der Frauen an die Männer in Bezug auf ihre gesellschaftliche Stellung, ihr Ansehen, Vermögen und den Bildungsgrad sind gestiegen. Manche Gelehrten sind der Auffassung, dies stelle einen gesellschaftlichen Fortschritt dar. Es zeige, dass die Frauen in Beruf und Familie eine höhere Stellung und mehr Unabhängigkeit haben.

Auch das Tabu der Scheidung ist gefallen. Doch insbesondere Frauen zwischen 30 und 40 fürchten am meisten, dass sie durch eine Scheidung wirtschaftlich benachteiligt werden könnten. Deshalb legen sie großen Wert darauf, dass die Teilung des Vermögens gerecht erfolgt und der Unterhalt für das Kind geregelt ist.

Immerhin ist eine Scheidung für eine Frau keine Schande mehr. Im Gegenteil, in den Städten wird sie z. T. als positive Erfahrung gesehen. Geschiedenen Frauen wird, da sie  die Verletzung durch die Scheidung überwinden mussten, ein gesteigertes Selbstbewusstsein zugesprochen. Im allgemeinen herrscht die Meinung, dass Frauen, die das mittlere Alter erreicht haben, einen gefestigten Charakter haben und ihr Gemüt nicht mehr so sprunghaft ist wie das eines Mädchens. Sie haben die Sturheit der Jugend überwunden, sind vertraut mit dem mühevollen Leben einer Mutter und können sich besser um die Schwiegermutter kümmern und die Beziehung zu ihr besser pflegen. Aufgrund der Erfahrungen, die sie mit dem eigenen Kind gemacht haben, können sie nach der Wiederheirat gut mit einem Stiefkind umgehen. Die meisten Frauen mittleren Alters sind selber berufstätig, haben ein festes Einkommen und sind in der Lage, sich auf plötzliche Ereignisse einzustellen, weil sie ein leidvolles Leben geführt haben. Sie sind reif, wissen einen Haushalt zu führen und haben eine andere Lebensphilosophie als junge Frauen, insbesondere in Bezug auf Geld: Ihnen sind Gefühle mehr Wert als Geld.

Störung durch die Frage nach dem gesunden Eheleben

„Warum gibt es Ehen ohne Sex?“ Diese Frage stellte Prof. Pan Suiming von der Renmin-Universität nach Abschluss der Untersuchung über das Sexualleben der Chinesinnen und Chinesen. Für die Studie wurden landesweit 3824 Männer und Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren auf dem Land und in Städten untersucht. Ganze 28,7% der Befragten hatten weniger als einmal pro Monat Sex, und 6,2% hatten während eines Jahres keinen Geschlechtsverkehr mehr gehabt. In einer anderen Studie gab nahezu die Hälfte an, das Wort „Orgasmus“ noch nie gehört zu haben. 44,9% derjenigen, die den Begriff kannten, waren erst nach dem 25. Lebensjahr aufgeklärt worden. Und 33% hielten das Sexualleben für unwichtig. Nur 4% der befragten Männer und Frauen gaben an, dass ihr Vorspiel vor dem Beischlaf über 20 Minuten dauere, wobei zwischen Stadt und Land kein wesentlicher Unterschied bestand. Dagegen vollzogen 60% der Befragten den Geschlechtsverkehr ohne Vorspiel. 95,7% der Ehepartner sprachen im Alltag selten oder nie über Sex, und 74,4% der Befragten machten keine intimen Handlungen. 18,6% hatten noch nie einen Orgasmus erlebt, und nur die Minderheit der Befragten – 38,1% der Männer, 19% der Frauen – gaben an, ein erfülltes Sexualleben zu haben.

Wie die Zahlen zeigen, kommt dem Sexualleben eine Schlüsselstellung für die Gesundheit und die Gemütslage der Menschen im mittleren Alter zu.

Als der Rundfunk der Provinz Shanxi eine Sendung zum Thema „Eheleben ohne Sex, was nun?“ veranstaltete, nahmen viele Zuhörer daran teil. Eine 34-jährige Frau war traurig, weil ihr Mann keine Lust auf Sex hatte. Als sie die Initiative ergriff und Andeutungen zu ihrem Eheleben machte, tat er so, als ob er sie nicht verstanden hätte. Wenn sie ihre Wünsche offenlegte, suchte er immer eine Ausrede: Er sei sehr müde, habe keine Lust und kein Interesse. So ging es schon ein halbes Jahr. Sie wollte ihren Mann in medizinische Behandlung schicken, um die Ehe wiederzubeleben. Aber ihr Mann war dagegen. Er sagte, es ginge allen Familien so. Wenn in Sachen Sex nichts laufe, dann solle man ihn einfach vergessen. Man solle das nicht erzwingen. Die beiden hätten schon ein Kind, und das Sexualleben sei unwichtig. Der Frau bereitete dies großen Kummer, denn sie sei gesund und habe das Bedürfnis nach einem normalen Eheleben. Abgesehen vom Sexualleben sei ihre Beziehung harmonisch, ihr Mann sei ein lieber Mensch und sie wolle die Familie nicht kaputt machen.

Verschiedenste Schwierigkeiten für eine Wiederheirat

Nach Angaben der 50-jährigen Gerontologin Xiao Mi ist die Scheidungsrate nach einer Wiederheirat hoch. Es sei ja auch nicht leicht, nach einer Scheidung eine neue Ehe zu schließen. Man müsse sich um Kinder, Wohnung und Vermögen kümmern. Denkart und Lebensgewohnheiten seien schon fest geformt und nur schwer zu ändern. Einen passenden Partner zu finden komme der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich. Deshalb rät sie Menschen mittleren oder hohen Alters, nichts zu überstürzen, wenn sie einen Partner kennen gelernt haben.

Die Altersgruppe von 25 bis 44 hat die höchste Scheidungsrate, aber auch die höchste Rate der Wiederheirat. Xu Anqi, Forscher an der Shanghaier Akademie der Sozialwissenschaften, weist darauf hin, dass nur winzige 0,5% der Frauen in dieser Altersgruppe nach der Scheidung nicht wieder heiraten. In einem Vergleich der Wiederheiratsraten in 129 Ländern steht China an neunter Stelle. Mit der Zunahme der Scheidungen wuchs auch die Zahl der Wiederheiraten. Während 1995 833 000 Paare eine neue Ehe schlossen, waren es 1998 977 000. Der Anteil der Wiederheiraten an den geschlossenen Ehen lag 1997 in Beijing bei 13,67%, im ganzen Land nur bei 5,1%.

Die Verfasserin des vorliegenden Textes hat eine Freundin namens Liao Liu. Sie ist gerade über 50 Jahre alt und noch immer charmant und attraktiv. Sie ist eine der wenigen, die sich ganz klar gegen eine neue Ehe aussprechen: „Ich habe ein eigenes Einkommen, eine eigene Wohnung, bin finanziell abgesichert. Ich habe es nicht nötig, mich von einem Mann abhängig zu machen. Ich habe es auch nicht nötig, für einen Mann den Haushalt zu erledigen und gegen meinen Willen mit ihm ins Bett zu gehen, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Mir ist meine heutige Situation lieber. Deshalb will ich keine neue Ehe schließen. Ich kann tun und lassen, wie ich will. Ich kann meine Freizeit nach meinen Wünschen gestalten und brauche niemandem Bericht zu erstatten. Ich führe ein freies Leben.“

Allgemein gesprochen verspüren Menschen mittleren Alters keine unbändige Lust auf Sex mehr. Vielmehr haben sie ein Bedürfnis nach echten Gefühlen und friedlicher Zweisamkeit. Doch manche, die keine neue Ehe geschlossen haben, suchen sich einen Partner bzw. eine Partnerin nur für Sex. Natürlich ist dies jemand, den sie gut kennen und dem sie vertrauen können, denn so stellt sich das Problem nicht, dass sich eine Seite ausgenützt oder gar in ihren Gefühlen betrogen fühlt. Andere machen Selbstbefriedigung. Viele finden das gut für die Gesundheit und meinen, es halte sie jung. Es gibt aber auch konservativere Menschen, die Sex ohne Ehe grundsätzlich ablehnen.

Was macht man am Lebensabend? Wer ohne Partner dasteht, hat praktisch niemanden, der sich um ihn kümmert und ist nicht abgesichert. Aber in Wirklichkeit sind die besten Garantien die soziale Absicherung und die Rentenversicherung. Traditionell gesehen ist die Absicherung im Alter ein moralischer Vertrag zwischen den Ehepartnern, der auf ihr Pflichtbewusstsein baut. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn beide Ehepartner Hilfe benötigen. Unterstützung von den Kindern ist auch nur bedingt zu erwarten, denn sie müssen ihrer eigenen Arbeit nachgehen und können sich nicht auf lange Dauer der Pflege ihrer Eltern widmen. Überdies sind viele Kinder zu jenem Zeitpunkt bereits „ausgeflogen“. In einigen Hochschulen in Guangzhou hat rund die Hälfte der Akademiker ihre Kinder nicht mehr bei sich zu Hause, sondern diese machen ihre Ausbildung bzw. arbeiten an anderen Orten oder gar im Ausland. Dieses Phänomen des „leeren Nests“ wurde wiederholt in den Medien aufgegriffen. Es zeigt, dass sich junge Leute immer weniger dafür verantwortlich fühlen, ihre Eltern ernähren zu müssen. Darauf sollten sich Menschen mittleren Alters gefasst machen.

Am Lebensabend braucht man eine Rente, sonst ist das Lebensniveau sehr niedrig und die Lebensqualität auch sehr tief. Jemand, der lieber sterben würde, als sein elendes Dasein zu verlängern, ist auch dafür zu bedauern, dass er kein gutes Lebensende findet. Man sollte im Voraus die nötigen Vorbereitungen treffen und ausreichend Geld für den Lebensabend zurücklegen, wenn man im mittleren Alter noch Geld verdienen kann.

Die Generation, die heute im mittleren Alter steht, wurde vom wechselhaften Schicksal des Landes geprägt: Naturkatastrophen, die zehn Jahre der Kulturrevolution, wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Rückkehr auf den richtigen Weg, die Beachtung der Ausbildung, die Wissenserneuerung. Wer das mittlere Alter erreicht hat, muss drei Belastungen ertragen: Beruf, Familie und die persönliche Entwicklung. Doch die Menschen dieser Generation stellen sich jederzeit dem Wettbewerb mit den Jüngeren. Auch wenn sie in der Krise stecken, tragen sie unausweichlich eine große Verantwortung sowohl für die Familie als auch für die Gesellschaft.

Die Verfasserin ist Wissenschaftlerin am Forschungsinstitut des Allchinesischen Frauenverbands.

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