Was
die USA gern aus den Geschichtsbüchern streichen würden...
Von Atze
Schmidt
Lang ist die Liste US-amerikanischer Fehler
in der internationalen Politik, und einer der folgenschwersten
war – neben Vietnam und neuerdings Irak – die falsche Einschätzung
der politischen Kräfteverhältnisse in China am Ende
des Pazifischen Krieges und damit des Zweiten Weltkkriegs. Was
die Weltmacht gern aus den Geschichtsbüchern streichen würde,
wird von namhaften Autoren immer wieder beschrieben als Beispiel
für die Fehlbarkeit der amerikanischen Außenpolitik. Einer
dieser Autoren ist Dieter Kuhn, Verfasser mehrerer Bücher über
China, dessen Buch „Der Zweite Weltkrieg in China“ das erste
umfassende Werk in deutscher Sprache zu diesem Thema ist. Es
basiert vorwiegend auf chinesischen, japanischen und amerikanischen
Forschungsergebnissen.
Kuhn, der sich einer Fülle von Quellen bedient,
schreibt über die für Chinas Schicksal entscheidende Begegnung
von Mao Zedong und Jiang Kaishek am 28. August 1945 in Chongqing:
„Es sollte vor allem darum gehen, einen Bürgerkrieg in China
zu vermeiden. Beide Seiten verhandelten im Beisein von Patrick
Hurley (damals US-amerikanischer Botschafter in China). Sie
benahmen sich höflich und zivil. Mao Zedong vermittelte
in den Verhandlungen den Eindruck, einen vernünftigen Kompromiss
zu suchen, der beiden Parteien gerecht würde. Es konnte jedoch
weder eine Einigung über eine proportional angemessene Abrüstung
der beiden Armeen erzielt werden, noch kam man sich in der Frage
der Abgrenzung der Interessenssphären näher. Jiang
Kaishek und die Nationale Volkspartei verhandelten aus einer
Position der Stärke heraus. Sie hatten die Unterstützung
der Amerikaner im Rücken...“
Die Folgen des Fehlschlags von Chongqing sind
Geschichte. Der Bürgerkrieg in China kostete Hunderttausenden
von Menschen das Leben, der wirtschaftliche Rückschlag des Landes
war in Zahlen nicht mehr zu beziffern.
Dieter Kuhn ist mit seinem Buch die chronologische
Aufarbeitung der politischen und militärischen Entscheidungen
und Vorgänge des Zweiten Weltkriegs in China hervorragend
gelungen. Er weist nach, dass die Entwicklung des Krieges „weder
die Volksmassen Chinas noch der politische Wille eines der anderen
beteiligten Völker bestimmten“. Die Geschichte sei „gemacht
worden durch wenige Politiker und Militärs, die vorrangig
ihre eigenen politischen Vorstellungen durchzusetzen versuchten“.
Dieter Kuhn: „Der Zweite Weltkrieg in China“,
Verlag Duncker & Humblot, Berlin, 385 Seiten, ISBN 3-428-09731-9
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Eine
illustrierte Broschüre zum selben Thema erschien im Verlag
Neuer Stern, Beijing. (ISBN 7-80102-271-8) |