Dezember 2003
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Der Affenkönig – Favorit für das Maskottchen der Olympiade 2008

Von Li Daoying, You Zhengjun und Li Wuzhou

 

Ist der Affe ein angemessenes Maskottchen für Olympia 2008? Erst im nächsten Jahr werden wir Gewissheit haben. Nachdem ein chinesisches Siegel offiziell als Olympia-Logo für 2008 bestimmt wurde, drehen sich die Gespräche um das Maskottchen für die Spiele. Andere Tiere, darunter der Panda, der Drache, der Löwe, der Tiger, die Tibetische Antilope und der Hase, sind ebenfalls im Rennen, doch monkeyking2008.com, eine Internetseite, welche sich für den Affenkönig als Maskottchen einsetzt, berichtet, dass 89% ihrer Besucher auf der Seite des Affen stehen. Eine Umfrage von Chinas größtem Internetportal sina.com weist den Affenkönig ebenfalls als heißen Favoriten aus.

Die Abenteuer des Affenkönigs

Die chinesischen Kinder werden mit den Geschichten des Affenkönigs Sun Wukong groß, und sein Bild ist im chinesischen Theater allgegenwärtig. Er ist die Hauptfigur in Die Reise nach dem Westen, einem der vier berühmten klassischen chinesischen Romane. Das Werk beschreibt die Abenteuer des Tang-zeitlichen Mönchs Tripitaka und seiner drei Schüler auf ihrer Reise zum Westlichen Himmel, um dort die buddhistischen Schriften zu suchen und zurückzubringen. Die Figur von Tripitaka beruht auf der wahren Person des Mönchs Xuanzang, der sich 629 nach Indien begab, um die erlesensten Stücke des Buddhismus nach China zu holen. Seine Reise dauerte 17 Jahre, und als er endlich nach Chang’an (heute Xi’an) zurückkehrte, hatte er über 600 Bände buddhistischer Schriften in Sanskrit bei sich.

Wu Cheng’en (1510–1582) nahm Xuanzangs Reise zum Stoff und verfasste in der Ming-Dynastie den 100 Kapitel umfassenden Roman. Er schmückte ihn mit den farbenfrohen, fantasievollen Abenteuern von Sun Wukong aus, einem Affen, der einem Stein entspringt, mit dem die Göttin Nüwa ursprünglich ein Loch am Firmament stopfen wollte. Wegen seines Ursprungs, der die Essenz von Himmel und Erde vereinigt, hat Sun Wukong weder Vater noch Mutter und ist somit frei von den Fesseln menschlicher Beziehungen. Weder von Ordnung oder Riten noch von Hierarchien beeindruckt, sät er Chaos im Himmel, im Palast des Drachenkönigs und in der Hölle. Seine Weigerung, sich mit bösen Kräften einzulassen, machen ihn in den Augen der Chinesen zu einem Helden und zur Verkörperung der Rechtschaffenheit.

Als Strafe für das Chaos, das Sun Wukong im Himmel anrichtet, wird er für 500 Jahre unter einem Berg eingekerkert. Als Gegenleistung für seine Freilassung hat er zu gewährleisten, dass Tripitaka auf seiner Reise nichts zustößt. Von dieser Stelle an erzählt der Roman von Sun Wukongs Kämpfen gegen allerlei Geister und Dämonen am Weg zum Westlichen Himmel.

Sun Wukong symbolisiert das menschliche Verlangen nach einem idealen Leben ohne Zwänge. Erst mit der Macht des Buddhismus gelingt es schließlich, ihn im Zaum zu halten. Hier zeigt sich die wahre conditio humana: Dem Wunsch des Einzelnen nach Freiheit und Würde stellen sich immer die Beschränkungen der Wirklichkeit entgegen.

Der Affenkönig weltweit

1983 strahlte das chinesische Zentralfernsehen eine TV-Serienversion der Reise nach dem Westen aus, was die Fangemeinde des Affenkönigs bis in Übersee anwachsen ließ. Heute begrüßt er neben Mickey Mouse und Donald Duck Besucher der Walt-Disney-Parks an mehreren Orten auf der Welt.

Auch im Ausland entstanden verschiedene Verfilmungen der Abenteuer von Sun Wukong. Making Havoc in Heaven war der erste und bislang erfolgreichste Trickfilm zum Thema. Mittlerweile gab Steven Spielbergs Produktionsfirma Dream Factory bekannt, die Geschichte des Affenkönigs mit einer leichten Abänderung verfilmen zu wollen. Ihre Version spielt im China der Tang-Dynastie, wo Sun Wukong ein Dasein als Sklave an einer Universität fristet. Sanzang, ein Lehrer an der Hochschule, nimmt Sun Wukong auf eine Reise nach Indien mit. Doch auf See geraten sie vom Kurs ab und verirren sich. Sie landen schließlich auf dem amerikanischen Kontinent – und bringen den Indianern als erste Maiskerne.

Der sportliche Geist des Affenkönigs

„Sun Wukong hat eine starke Verbindung zur Sportlichkeit“, sagt der namhafte chinesische Schriftsteller Zhao Benfu. „Dies ergibt sich aus seinen überragenden akrobatischen Fähigkeiten, seiner Unnachgiebigkeit und seiner Kenntnis grundlegender Regeln. Seine Reise zum Westlichen Himmel stellt die ultimative Herausforderung dar – deswegen bewundern alle Sportler seine Haltung. Die Olympischen Spiele feiern die Dynamik des Lebens, die im Bild von Sun Wukong so deutlich hervortritt.“

Zhao spricht für all jene, die in Sun Wukong den Inbegriff des olympischen Mottos „schneller, höher, weiter“ sehen. Mit einem Salto überwindet er 9000 km, er kann im Nu auf die Spitze einer Wolke springen und im Wettkampf mit mächtigen Dämonen ist er immer schlau genug, um sie zu täuschen.

In China gibt es rund 120 Mio., die im Jahr des Affen geboren sind, und Millionen anderer, die den Nachnamen Sun tragen. Sie alle unterstützen Sun Wukongs Kandidatur für das Maskottchen von Olympia 2008 bedingungslos.

Die Heimatstadt des Affenkönigs

Der Autor Wu Cheng’en wurde in Huai’an geboren, in den Yuntai-Bergen an der chinesischen Ostküste, unweit des heutigen Naturschutzgebiets von Lianyungang. Wu hielt sich oft in den Yuntai-Bergen auf, am häufigsten auf dem Huaguo-Gipfel. Sun Wukong ist eine der wenigen mythischen Figuren, deren Herkunftsort unzweifelhaft bestimmt ist. In Die Reise nach dem Westen selbst wird als seine Heimat der Huaguo-Berg angegeben. An dieser Stelle verband Wu Cheng’en sein Wissen aus historischem Material über die Indienreise des Mönchs Xuanzang mit einer blühenden Fantasie, um sein Meisterwerk zu schaffen.

Auf dem Huaguo-Berg erkennt man Bilder und Stellen, wie sie im Roman beschrieben sind. Eine ist ein acht Meter hoher Fels auf einem Hügel am Nordtor, der einem Affen ähnlich sieht. Ein anderer Fels erinnert an den Tang-Mönch in seinem Umhang, und gleich daneben steht ein weiterer Fels, der aussieht wie ein Schwein. Am erstaunlichsten ist die Wasservorhangshöhle, das Zuhause des Affenkönigs, deren Eingang von einem Wasserfall aus kristallklarem Quellwasser bedeckt ist. Im Höhleninnern befindet sich eine nie versiegende Quelle, von der die Ortsansäßigen sagen, Sun Wukong sei durch sie zum Kristallpalast des Drachenkönigs im Ostmeer gelangt.

Die Regierung von Lianyungang wirbt kräftig für Sun Wukong als Olympia-Maskottchen 2008 und nützt diese Gelegenheit, um der Welt die Sehenswürdigkeiten der Stadt vorzustellen, die neben den durch Sun Wukong bekannten Orten die ältesten Felszeichnungen und eine gut erhaltene 2000 Jahre alte Leiche umfassen.

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