Dezember 2003
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„Gute Ware zu mäßigen Preisen“ – ausländische Firmen stellen vermehrt Ortskräfte ein

Tendenz zu lokaler Prägung

Bis zum Oktober dieses Jahres überlegte sich Herr Fang immer wieder, die Stelle zu wechseln. Damals arbeitete er als Abteilungsleiter in einer ausländischen Firma. Seine Unzufriedenheit rührte daher, dass er trotz ausgezeichneter Leistungen keine Chance hatte, befördert zu werden. Doch zum Glück hat sich die Lage geändert. Mitte Oktober stieg er nach einer Prüfung durch die Zentrale zum Regionalchef des Personalbereichs in China auf.

Unter dem Einfluss des globalen Kostendrucks sind seit Ende der 90er Jahre viele ausländische Firmen dazu übergegangen, die Kaderstellen ihrer weltweiten Niederlassungen mit Ortskräften zu besetzen. Mit der Angleichung des chinesischen Bildungswesens an internationale Standards, der besseren Qualifikation der lokalen Fachkräfte und der zunehmenden örtlichen Verankerung der ausländischen Firmen besetzen immer mehr Chinesen eine höhere Verwaltungsstelle.

Für Betriebe mit ausschließlich ausländischem Kapital, die ihr Management stärker lokal ausrichten wollen, ist es von erstrangiger Bedeutung, örtliche Fachkräfte einzustellen. Herr Liu, der Leiter von Bertelsmann China, meint: „Lokale Fachkräfte kennen die Bedürfnisse der chinesischen Konsumenten besser, können sie deshalb besser befriedigen und auch neue Bedürfnisse schaffen.“ Der ehemalige Generaldirektor von General Electric Co. äußert sich ähnlich: „Die ausländischen Angestellten sind zwar die Säule eines ausländischen Unternehmens, aber nur mit ihnen lassen sich die weltweiten Möglichkeiten nicht vollständig ausschöpfen.“

Ausländische Führungskräfte verfügen zwar über umfangreiche Verwaltungserfahrung, es ist aber unmöglich, dass sie in kurzer Zeit mit dem Markt, der Politik und den Gesetzen in China vertraut werden. Überdies beeinträchtigen Sprach- und Kulturunterschiede und fremde Verhaltensweisen und Gewohnheiten die Kommunikation zwischen ihnen und den Einheimischen. Das kann zu falschen Entscheidungen führen. In dieser Hinsicht sind ihnen die lokalen Fachkräfte überlegen. Deshalb werden in vielen ausländischen Firmen führende Funktionen wie zum Beispiel PR-Manager oder Leiter bzw. Leiterin der Vertriebs- oder der juristischen Abteilung von lokalen Fachkräften bekleidet.

Für die gleiche Position und Leistung besteht ein großer Unterschied im Monatsgehalt zwischen den chinesischen und ausländischen Angestellten. Beispielsweise beträgt das Monatsgehalt eines chinesischen Managers 10 000 bis 20 000 Yuan, während ein ausländischer Manager das Fünf- bis Zehnfache in US-Dollar jährlich verdienen kann. Außerdem übernimmt die Firma die Lebenshaltungskosten seiner Familienangehörigen und die Bildungsgebühren seiner Kinder. So kommen hohe Lohnkosten zustande. Nehmen wir die Leitung der Personalabteilung als Beispiel: Der Aufwand für Gehalt und Sozialleistungen für einen lokalen Angestellten ist um 1/3 niedriger als für jemanden aus dem Ausland oder aus Hong Kong oder Taiwan.

Natürlich sind lokale Fachkräfte nicht in jeder Hinsicht perfekt. Herr Zhang, Assistent des Generaldirektors bei einer namhaften ausländischen Firma, bemerkt: „Die Ortskräfte haben noch viele Schwächen. Das liegt vor allem an ihrer Bildung, weil sich die Kultur und der Bildungshintergrund in China gänzlich von denjenigen im Ausland unterscheidet. Im Vergleich zu ausländischen Spitzenkräften lassen die Konkurrenzfähigkeit und die Erfahrungen der lokalen Fachkräfte noch zu wünschen übrig. Das kann man nicht über Nacht wettmachen.“

Die ausländischen Firmen haben sich deswegen das Ziel gesetzt, ihre lokalen Arbeitskräfte auszubilden. Zu diesem Zweck haben sie Forschungs- und Entwicklungszentren in China errichtet. Die Gründung eines Forschungszentrums an der Beijinger Hochschule für Post- und Fernmeldewesen durch Nortel Networks im Jahre 1994 machte Schule und löste eine Welle von Nachahmerprojekten im ganzen Land aus.

Angemessene Systemreform notwendig

Nach vielen Bemühungen fand Xiao Wang, der das Studium an einer chinesischen Spitzenuniversität abgeschlossen hatte, eine Stelle bei einer ausländischen Firma. Am ersten Tag, an dem er sich zur Arbeit meldete, kam er zehn Minuten zu früh in der Firma an. Jeder in der Firma begrüßte ihn sehr herzlich. Eine junge Frau an der Rezeption führte ihn zu seinem Büro und überreichte ihm eine Tasse Tee. Auf seinem Schreibtisch standen ein Arbeitsplan und eine Vase mit Schnittblumen. Nach Feierabend wurde für ihn noch eine Begrüßungsparty veranstaltet. „Am ersten Arbeitstag wurde mir warm ums Herz“, erinnert sich Xiao Wang. Später erfuhr er, dass alles den Richtlinien folgte, die die Zentrale für die Niederlassung in China festgelegt hatte.

Der Erfolg oder Misserfolg einer ausländischen Firma hängt in großem Maße davon ab, ob sie Verwaltungsmethoden anwendet, die auf die chinesische Kultur Rücksicht nehmen.

Das Gehaltssystem ist ein wichtiges Element der Personalverwaltung. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung eines rationellen und wirksamen Anreizsystems, das der wirtschaftlichen Entwicklung und dem kulturellen Hintergrund Chinas entspricht. Ein vernünftiges Gehalt ist ein mächtiger Anreiz für hoch qualifiziertes Personal. Viele ausländische Firmen, vor allem multinationale Konzerne, haben in ihrer Gehaltspolitik die Besonderheiten Chinas vernachlässigt und versucht, das Gehältersystem der Zentrale blind zu übernehmen. Dies führte zu Unangemessenheiten. Das Lohnniveau und die Gehaltspolitik sollten der chinesischen Situation angepasst und ein Leistungslohnsystem eingeführt werden, will man Anreize geben, um das Leistungsziel zu erreichen.

Zur Zeit führen viele ausländische Firmen ein umfassendes Bewertungssystem ein. Das bedeutet aber nicht, dass sie von ihren Angestellten Vollkommenheit verlangen. Auch steht dies nicht im Widerspruch dazu, das Personal auf ein Ziel zu verpflichten. An erster Stelle steht noch immer die Arbeitsleistung. Wie man weiß, legt die traditionelle chinesische Philosophie großen Wert auf das Gleichgewicht. Wenn ein Angestellter Resultate mit unredlichen Mitteln erzielt und seinen Kollegen einen Knüppel zwischen die Beine wirft, sollte seine Beurteilung selbstverständlich sorgfältig überprüft werden.

Bei den Sozialleistungen haben sich die ausländischen Firmen schon früh den chinesischen Verhältnissen angepasst. Am 18. Februar 1994 stand in einem Stellenangebot einer ausländischen Firma zu lesen, dass sie ihren Angestellten u. a. Kranken- und Altersversicherung, Wohngeld und Urlaub anbietet. Eine andere ausländische Firma führte ein Rentensystem ein, bei dem die Angestellten 5% und die Firma 7,5% des Monatsgehalts als Altersversicherungsprämie einbezahlten. Beim Erreichen des Pensionsalters erhält ein Angestellter die Summe von Gesamtkapital und Zins zurückbezahlt. Wenn er weniger als 5 Jahre in der Firma gearbeitet hat, kann er sich seine Beiträge ausbezahlen lassen. Beträgt die Arbeitszeit länger als 5 Jahre, erhält er die Firmenbeiträge dazu. Diese Regelung verbindet das ursprüngliche System der ausländischen Firma mit den chinesischen Gegenbenheiten und ist bei vielen chinesischen Angestellten beliebt.

Um den Anteil der Ortskräfte an ihrem Personal möglichst schnell zu erhöhen, nahmen einige ausländische Firmen Abkürzungen. So übertrug KFC die Verantwortung für die Anwerbung und Ausbildung seiner Angestellten sowie die Ausbezahlung der Löhne einer Personalverwaltungsfirma in Shenzhen. KFC ist nur für den Stellenwechsel und die Überprüfung der Arbeitsleistung zuständig. Ein Experte für Personalverwaltung kommentiert dies wie folgt: „Die Auslagerung des Personalwesens ist das zwangsläufige Ergebnis davon, dass die Zuteilung der Arbeitskräfte immer stärker dem Markt überlassen wird. Die Einführung dieses Systems hat viele positive Auswirkungen: Die Kosten können reduziert und die Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können verringert werden. Die Personalverwaltung wird einfacher werden.“

Auch wenn die Personalverwaltungssysteme ausländischer Firmen in China wegen der kulturellen Unterschiede nicht gleich sind, gleichen sie sich den kulturellen Besonderheiten Chinas immer mehr an.

Schlusswort

„Auf unterschiedlichen Bergen werden unterschiedliche Lieder gesungen“, lautet ein Sprichwort. Ein Verwaltungssystem, das die kulturellen Besonderheiten Chinas berücksichtigt, verstärkt die Bindung der Ortskräfte an die Firmen, erhöht ihre Loyalität und schafft damit eine solide Basis für die Entwicklung der Unternehmen.

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