Inhalt von Dezember 2001
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Zwei Schindlers im Nanjinger Vorort Qixia

- 41 Fotos über die Verbrechen der japanischen Besatzungstruppen beim Nanjinger Massaker

 

 

Dr. Karl Günther und seine Frau in der Jiangnan-Zementfabrik von Nanjing

 

Herr B.A. Sindberg im Flüchtlingslager der Jiangnan-Zementfabrik

Flüchtlinge finden in der Jiangnan-Zementfabrik Zuflucht

 

Flüchtlinge im Qixia-Tempel

Chinesische wie auch deutsche Medien haben schon viel darüber berichtet, dass Herr John H.D. Rabe von Ende 1937 bis Anfang 1938 beim Nanjinger Massaker durch die japanischen Besatzungstruppen viele Chinesen in der Stadt geschützt hat.

Mit Vertiefung der Erforschung dieser historischen Periode fand man heraus, dass die japanischen Besatzungstruppen ihre Verbrechen vor allem in der Stadt, aber auch in den Vororten Nanjings begangen hatten.

Im Archiv der Jiangnan-Zementfabrik von Nanjing steht es u.a. geschrieben, dass „im Winter 1937 Flüchtlinge aus allen Richtungen zum Qixia-Berg kamen. Dr. Karl Günther ließ ein Flüchtlingslager in der Jiangnan-Zementfabrik einrichten, in dem 40 000 bis 50 000 Flüchtlinge aufgenommen wurden.“ „Dr. Günther hat 40 000 bis 50 000 unserer Landsleute aus der Not gerettet.“

Am 13. Mai 2000, als Dai Yuanzhi, Journalist der China Youth Daily, im Archiv das obengenannte gelesen, besonders ein Foto von Dr. Günther gesehen hatte, bat er Jin Chuntong, Manager in einem deutschen Betrieb in China, über seine deutschen Freunde Dr. Günther zu suchen.

Endlich wurde Edith Günther, Ehefrau von Karl Günther, gefunden. In ihrem Auftrag übergab Anita Günther, Nichte von Karl Günther,  41 Fotos über das Flüchtlingslager in der Jiangnan-Zementfabrik, die damals aufgenommen und jetzt bei ihr aufbewahrt wurden. Am 29. August 2001 kam Herr Jin mit einer diese wertvollen Fotos speichernden DVD-Scheibe von Deutschland zurück.

Da die Jiangnan-Zementfabrik von Nanjing Produktionseinrichtungen aus Deutschland und Dänemark importierte, arbeiteten dort Karl Günther im Auftrag einer deutschen Firma als amtierender Fabrikdirektor und B.A. Sindberg im Auftrag einer dänischen Firma.

Am 13. Dezember 1937 eroberten die japanischen Truppen Nanjing, die Hauptstadt der Republik China. Sie brannten Häuser nieder, töteten wahllos Menschen, vergewaltigten Frauen und raubten Rinder, Schweine, Hühner und Enten. Vor ihren Gewalttaten flohen die Einwohner Nanjings. Zahlreiche Flüchtlinge strömten nach Qixia, einem nordöstlichen Vorort Nanjings, und zwar in die Jiangnan-Zementfabrik und in den Qixia-Tempel. So bildeten sich dann zwei Flüchtlingslager in Qixia.

Günther und Sindberg beschlossen, im Flüchtlingslager und auf dem Gelände der Zementfabrik deutsche und dänische Staatsflaggen aufzurichten, um die Flüchtlinge und das Vermögen der Fabrik zu schützen. Jedesmal, als japanische Soldaten in die Fabrik kamen und nach Frauen verlangten, redete Günther ihnen ihr Vorhaben aus. Japanische Soldaten zogen sich auch missgestimmt aus der Zementfabrik zurück, wenn sie Herrn Sindberg sahen, der eine dänische Staatsflagge in der Hand nahm und laut aufschrie.

Im Winter 1937 steckten japanische Soldaten Wohnhäuser in der Gemeinde Sheshan, die durch einen Fluss von der Jiangnan-Zementfabrik getrennt war, in Brand. Über zehn Häuser waren schon niedergebrannt und zwei Dorfbewohner getötet, doch man wagte nicht, den Brand zu löschen. Als das Herrn Günther mitgeteilt wurde, eilte er mit einem Dolmetscher an den Unglücksort. Die japanischen Soldaten mussten sich, als sie Dr. Günther mit einer deutschen Staatsflagge in der Hand vor ihnen stehen sahen, zurückziehen. Zusammen mit den Gemeindebewohnern löschte Herr Günther dann den Brand.

Vom 14. Dezember 1937 bis zum 27. Januar 1938 schrieb Herr Sindberg 26 von ihm dokumentierte Fälle über das Blutbad und die Brandstiftung der japanischen Soldaten nieder und überreichte diese Schrift Lewis S.C. Smythe, Sekretär des Internationalen Komitees im Sicherheitsgebiet Nanjing, die jetzt noch in der Bibliothek der theologischen Fakultät der Yale-Universität der USA aufbewahrt wird.

In den 16 Tagen zwischen dem 4. und 19. Januar 1938 strömten japanische Soldaten elf Mal in den Qixia-Tempel, mordeten und brandschatzten dort und vergewaltigten Frauen. Am 25. Januar wurde ein vom Abt des Qixia-Tempels verfasster und von 20 bekannten Vertretern der Flüchtlinge unterzeichneter Brief an Günther und Sindberg übergeben, in dem appelliert wurde: „Hilft uns, die Wiederholung dieser grausamen Gewalttaten zu verhindern.“

Dieser Brief, dessen Überschrift „Im Namen der Menschheit und ein Appell an alle, die damit zu tun haben“ war, wurde von Dr. Günther ins Deutsche übersetzt und von Herrn Sindberg an Herrn Rabe, Vorsitzender des Internationalen Komitees im Sicherheitsgebiet Nanjing, weitergegeben. „Das belegt“, so Rabe, „dass Nanjing viel ertragen muss, was japanische Truppen getan haben. Aus allen Richtungen kommen Nachrichten über Sengen und Brennen, Mord und Vergewaltigung durch die japanischen Soldaten zusammen. Diese Soldaten in Uniform sind Straftäter Japans.“

Später erhielten Günther und Sindberg noch zwei Denkschriften von Flüchtlingen, in denen neben den gemeinsamen Gewalttaten der japanischen Truppen noch von einigen Gräueltaten der japanischen Soldaten berichtet wurde: Die Scheide eines zehn Jahre alten Mädchens wurde geschnitten. Eine Mutter und ihr Sohn wurden zur Blutschande gezwungen. Der Sohn, der es ablehnte, wurde getötet. Und die von Soldaten vergewaltigte Mutter beging dann Selbstmord. Außerdem wurden über 2000 Zugochsen geschlachtet und Wohnhäuser von 12 000 Familien niedergebrannt. Beigelegt wurden zwei Namenslisten. Die eine bezieht sich auf 46 Ermordete aus acht Dörfern, die andere auf 32 geraubte Frauen aus 13 Dörfern. Die beiden Denkschriften, die Günther ins Deutsche übersetzte und Sindberg Herrn Rosen von der deutschen Botschaft überreichte, wurden Anfang der 90er Jahre in der Zweigstelle Potsdam des Deutschen Archivs gefunden.

Günther und Sindberg boten einerseits den Ausländern in der Stadt Getreide und andere Lebensmittel an und baten sie andererseits, den Flüchtlingen Medikamente zu liefern. Aus diesem Grund waren zum Beispiel Christian Kroeger, Finanzchef des Internationalen Komitees im Sicherheitsgebiet Nanjing, und John Gillespis Magee, Vorsitzender des Nanjing-Komitees des Internationalen Roten Kreuzes, auch in Qixia gewesen.

Am 13. Januar 1938 schrieb Kroeger in seinem Artikel „In den Tagen, in denen Nanjing viel durchmachen muss“ u.a. auch die Verbrechen der japanischen Truppen in Qixia nieder. „Am 28. Dezember (1937) fuhr ich zum ersten Mal nach Qixia. Was ich unterwegs gesehen habe, versetzt mich in Bestürzung... Ich hatte bisher geglaubt, dass die japanischen Truppen ihre Vergeltung nur in Nanjing (Stadt) ausüben, denn Nanjing ist die Hauptstadt und das Zentrum der antijapanischen Bewegung. Erst jetzt erkenne ich, dass alles, was die japanischen Truppen hier (Vorort) getan haben, ihren unheilvollen Taten in der Stadt ebenbürtig ist...“

„Die japanischen Truppen verüben hier in noch größerem Maßstab ihre Brandstiftung. Sie töten ohne Unterschied Männer und Frauen, alt und jung, die auf den Feldern arbeiten. Dazu stellen sie eine Parole auf: Fahndung nach den bösartigen chinesischen Soldaten. Bei einer Stunde Fahrt habe ich keinen einzigen Menschen gesehen. Die Dörfer sind menschenleer. Häuser sind niedergebrannt und Menschen getötet...“

„Unter dem Tausend-Buddha-Berg ist ein Flüchtlingslager im Qixia-Tempel geworden, in das über 10 000 Bauern geflohen sind. Hier vor dem Tempel kennen die japanischen Soldaten keine Gnade. Sie töten nach Belieben junge Männer und vergewaltigen junge Frauen. Betrunkene Soldaten stechen solche Leute tot oder verletzen jene, die sie unschön finden. Buddhastatuen im Tempel werden entweder von ihnen geraubt oder zerstört. Sogar Mönche werden von ihnen misshandelt...“

„In der Zementfabrik gibt es zwei Ausländer. Der eine ist Dr. Günther aus Deutschland. Der andere ist ein Däne. Deshalb halten sich hier die japanischen Truppen von Gewalttaten zurück.“

Die Flüchtlinge in Qixia nannten damals Karl Günther „alter Kun“ oder „Herr Kun aus Deutschland“ und B.A. Sindberg „Herr Sin aus Dänemark“ und betrachteten die beiden als ihre „Schutzgötter“. Auch heute noch sagen die damaligen Flüchtlinge in Qixia mit Dankbarkeit: „Ohne den alten Kun aus Deutschland wären damals mehr Chinesen ermordet worden.“

(Quellen: Zwei Artikel des Journalisten Dai Yuanzhi: „Die Ehefrau von Karl Günther, Zeuge des Nanjinger Massakers, von uns gefunden“  aus „China Youth Daily“ vom 15. September 2001 und „Kontinentübergreifende Suche nach zwei Schindlers in Qixia von Nanjing“ aus „China Youth Daily“ vom 18. September 2001.)

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