Inhalt von Dezember 2001
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Frauen in der Tang-Dynastie

Chinas feudale Gesellschaft wurde von Männern dominiert. Die Überlegenheit des Mannes war eine Grundüberzeugung, die sich durch die ganze Feudalperiode hinzog. Frauen waren kaum mehr als Leibeigene.

In dieser Zeit gründete sich die männliche Überlegenheit auf bestimmte Normen, die erstens das soziale Verhalten regelten:

-- Die drei Vorherrschaften (der Herrscher leitet den Untertanen an, der Vater den Sohn und der Ehemann die Ehefrau)

-- Die fünf Grundtugenden (Menschlichkeit, Pflichtgefühl, Anstand, Weisheit und Treue)

und auf bestimmte Normen, die zweitens die Familienordnung regelten:

-- Die drei weiblichen Gehorsamspflichten (von einer Frau wurde erwartet, dass sie vor der Heirat ihrem Vater, in der Ehe ihrem Ehemann und in der Witwenschaft ihren Söhnen gehorcht)

-- Die vier Frauentugenden (Sittsamkeit, geziemende Sprache, richtiges Betragen und Fleiß).

Frauen hatten weder das Recht zur Scheidung noch zur Wiederheirat. Andererseits konnte der Ehemann seine Frau verstoßen, wenn sie eine der sieben Sünden beging, also wenn sie respektlos, unfruchtbar, lasziv oder eifersüchtig war, sich in alles einmischte, an einer abstoßenden Krankheit litt oder einen Diebstahl beging.

Frauen besaßen einen so geringen sozialen und familiären Status, dass sie nicht einmal im Traum daran denken konnten, in Wirtschaft oder Politik eine bedeutende Rolle zu spielen.

Während dieser langen und dunklen Periode der chinesischen Feudalgeschichte gab es jedoch eine kurze, aber beachtliche Unterbrechung für die chinesische Frau - die Zeit von 618 bis 765 in der Hochphase der Tang-Dynastie.

Glückliche Frauen der Tang-Dynastie

Die Frauen in der Tang-Dynastie (618-907) hatten das Glück, in einer Zeit zu leben, die offen war für liberale Ideen. Nachdem Kaiser Taizong (Li Shimin) den Thron bestiegen hatte, erlebten die chinesische Politik, Wirtschaft und Kultur sowie die Beziehungen zum Ausland große Veränderungen. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung der Tang-Dynastie spiegelten sich fortgeschrittene Produktivität und eine starke ökonomische Basis in Philosophie, Politik, Kultur und Kunst sowie in der sozialen Ethik wider - und ganz signifikant im sozialen Status der Frau.

Schon kurz nach der Gründung der Tang-Dynastie erließ der Kaiserhof ein günstiges Landverteilungs- und Steuersystem, um die landwirtschaftliche Produktion anzukurbeln, die damals die führende Rolle in der Binnenwirtschaft spielte. Im Rahmen dieser Reform war es Witwen gestattet, einen größeren eigenen Landbesitz zu erwerben, sofern sie Familienangehörige zu versorgen hatten. Diese Maßnahme machte sie wirtschaftlich unabhängiger.

Der Tang-Code erlaubte einem Ehepaar die Scheidung in gegenseitigem Einvernehmen. Historischen Berichten zufolge war es damals für Frauen nicht ungewöhnlich, sich scheiden zu lassen oder wieder zu heiraten. Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in anderen Dynastien der Feudalzeit wurde eine Witwe nicht als untugendhaft bezeichnet, wenn sie eine neue Ehe einging.

Auch am Kaiserhof ging es freier zu. Während der frühen und mittleren Tang-Zeit waren 61 der insgesamt 98 Prinzessinnen verheiratet, wovon 24 eine zweite Ehe eingingen und vier sogar eine dritte.

Es war nicht unüblich, dass Han-Chinesen Angehörige anderer ethnischer Gruppen oder Ausländer heirateten. Interkulturelle Verbindungen wurden vom Gesetz geschützt. Selbst am Kaiserhof betrieb man eine aktive Heiratsdiplomatie. Im 15. Jahr (641) der Zhenguan-Ära heiratete Prinzessin Wencheng den König des Tubo-Reiches, brachte viele fortgeschrittene Produktionstechniken nach Tubo und leistete einen großen Beitrag zu Freundschaft und kulturellem Austausch zwischen den Han-Chinesen und Tibetern.

In der Tang-Dynastie legte man großen Wert auf Bildung. Frauen hatten die gleichen Rechte und Möglichkeiten auf Bildung wie Männer.  Dies zeigt sich auch in der Tang-Dichtung, dem vielleicht wichtigsten Beitrag der Tang-Dynastie zur Weltkultur. Die berühmteste Poetin war Shangguan Wan er, die mit ihrem unverwechselbaren Stil einen großen Einfluss auf Li Bai ausübte, den berühmtesten Dichter im alten China.

Frauen in der Tang-Zeit haben sich nicht nur auf die Literatur beschränkt, sie befassten sich auch mit Politik und Geschichte, sogar mit der Kriegskunst. Prinzessin Pingyang nahm persönlich an Gefechten teil und führte ein Frauenbataillon an. Prinzessin Taiping, Tochter des Kaisers Gaozong, vereitelte zweimal Meutereien am Kaiserhof.

Entspannte soziale Verhältnisse und ein unabhängigerer sozialer Status ermöglichten der gebildeten Tang-Frau einen Lebensstil, der sich grundsätzlich von dem in anderen Dynastien unterschied. Sie konnten sich am Wein gütlich tun, ausgelassen in Kneipen singen oder mit Männern auf dem Polofeld konkurrieren. Sie konnten sich in sozialen Angelegenheiten engagieren und unabhängig Geschäfte tätigen. Sogar in der sonst verschlossenen politischen Arena traten sie auf. Herausragendes Beispiel war Kaiserin Zhangsun, die tugendhafteste Kaiserin Chinas.

Die tugendhafte Kaiserin

Kaiserin Zhangsun war die Ehefrau von Kaiser Taizong (Li Shimin). Sie entstammte den Xianbei (ethnische Gruppe im alten China), wuchs im Landesinneren auf und erhielt eine gute Bildung, besonders in Literatur und Geschichte.

Als Li Shimin in heftiger Fehde mit seinen Brüdern um den Thron lag, befreite ihn Zhangsun wiederholt vor Kaiser Gaozu von falschen Anschuldigungen. Während der Xuanumen-Meuterei griff sie persönlich ein, stärkte die Moral der Streitkräfte und half damit letztendlich Li Shimin, seine politischen Feinde zu beseitigen.

Nach ihrer Krönung zur Kaiserin setzte Zhangsun ihr einfaches Leben fort. Sie protegierte keine Verwandten und riet Li Simin, auf nützliche Vorschläge und Ratschläge von Höflingen zu hören. Wei Zheng, Premierminister des Landes, war häufig geradeheraus, wenn er dem Kaiser Vorhaltungen machte. Manchmal war Kaiser Taizong deswegen so erbost, dass er seinem Premierminister mit Enthauptung drohte - und jedesmal war es Kaiserin Zhangsun, die Wei Zheng in Schutz nahm und die Wogen glättete.

Als Herrin über den kaiserlichen Harem war Zhangsun überaus fürsorglich gegenüber den Konkubinen des Kaisers. Sie behandelte deren Kinder so, als wären es ihre eigenen. Wenn sie erfuhr, dass eine der Konkubinen krank war, gab sie dieser ihre eigene Medizin. Alle Konkubinen hatten tiefen Respekt vor der Kaiserin. Konkubinen und Kaiserin lebten in voller Harmonie miteinander, und das ermöglichte dem Kaiser, mit voller Konzentration den Regierungsgeschäften nachzugehen.

Im 10. Jahr (630) der Zhenguan-Ära starb Kaiserin Zhangsun im Alter von 36 Jahren an einer Krankheit. In ihrem Vermächtnis bat sie um ein einfaches Begräbnis und riet Kaiser Taizong, aufrichtigen Ratschlägen Gehör zu schenken und dem einfachen Volk ein guter Herrscher zu sein. Kaiser Taizong ließ im kaiserlichen Palast eine Plattform bauen, von der er das Zhao-Mausoleum sehen konnte, wo seine geliebte Kaiserin ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte.

Kaiserin Wu Zetian

Die herausragende Frau der Tang-Dynastie war ohne Zweifel Wu Zetian. Es gab 243 Kaiser in den 2000 Jahren vom Beginn der Qin-Dynastie (221 v. Chr.) bis zum Ende der Qing-Dynastie (1911) und nur eine regierende Kaiserin - Wu Zetian. Sie ist die legendärste und umstrittenste Figur in der chinesischen Geschichte. Sie wurde 82 Jahre alt und hatte 50 Jahre lang die Macht inne.

Wu Zetian entstammte einer Beamtenfamilie aus Wenshui (Provinz Shanxi). Sie besaß ausgesprochen weiblichen Charme und Anmut, in ihren Handlungen war sie entschlossen und unnachgiebig. Wu Zetian kam mit 14 Jahren an den Hof und war dazu ausersehen, Kaiser Taizong zu dienen, der ihr in Anspielung auf ihre Schönheit den Namen Mei gab, was charmant und liebenswert bedeutet. Sie war aber mit diesem Namen überhaüpt nicht zufrieden und änderte ihn nach ihrer Machtübernahme in Zhao ("Das Licht der Sonne und des Mondes, das jeden Winkel des Landes erleuchtet").

Wu Zetian war eine kompromisslose Frau. In den Palastställen gab es einmal ein so wildes und gefährliches Pferd, dass es niemand zu zähmen vermochte. In einem solchen Fall, sagte die Kaiserin, müsse man es erst "im Guten" versuchen und das Pferd mit einer Eisenpeitsche züchtigen; falls dies nichts helfe, so sei das Tier zu töten.

Wu Zetian wurde anfangs der Titel einer Cairen (Konkubine mittleren Ranges) verliehen, sie konnte jedoch nur geringe Gunst bei Kaiser Taizong erlangen. Sie arbeitete zwar 12 Jahre als seine Sekretärin, wurde aber nie befördert noch gebar sie ein Kind. Taizongs Sohn Li Zhi jedoch war ziemlich vernarrt in sie. Nach dem Tod des Vaters wurde Li Zhi inthronisiert und Wu Zetin Kaiserin. Kaiser und Kaiserin herrschten gemeinsam über das Land. Da Li Zhi eine schwache Gesundheit hatte, war es Wu Zetin, die die eigentliche Macht im Staate innehatte. Als Li Zhi starb, gelang es Wu Zetian dank ihrer reichlichen Erfahrung im politischen Intrigenspiel, die Lage im Lande zu stabilisieren.

Wu Zetian bestieg 690 den Thron, änderte den Dynastienamen in Zhou, entledigte sich aller politischen Gegner und gründete den Kaiserhof der Wu-Familie. Sie war eine hart arbeitende, kluge und fürsorgliche Monarchin. Sie übernahm wesentliche Politikelemente ihrer Vorgänger (Betonung der Landwirtschaft, Steuererleichterungen, friedliche Außenpolitik und den Grundsatz des "offenen Ohrs" für Ratschläge und Vorschläge), hatte eine glückliche Hand, talentierte Leute an die richtige Stelle zu setzen und unterstützte sowie ermutigte Frauen, am politischen Geschehen mitzuwirken. Ihre 50-jährige Regierungszeit war eine Ära des Wohlstandes und Friedens.

Das letzte Wort hat die Geschichte

Wu Zetian traf die Anordnung, dass nach ihrem Tod ein Gedenkstein für sie und Kaiser Gaozong errichtet werden solle - aber ohne Inschrift. Nach Wu Zetians Ansicht hat allein die Geschichte über Verdienste und Fehler ihres Lebens zu befinden. Als Kaiserin genoss sie den Status eines Kaisers, als Frau jedoch hat sie fast alles geopfert: Verwandte, Freunde, Liebe und letzendlich ihr Leben. Wie können da einige Worte auf einer Tafel die Freuden und Leiden ihres Lebens und die Unbeständigkeit der Welt, in der sie lebte, beschreiben?

Eine weitere unvergessliche Frau in der Tang-Dynastie war Yang Yuhuan. Sie war nicht nur außergewöhnlich schön, sie war auch in Musik und Tanz bewandert. Yang Yuhuan war unsterblich in Kaiser Xuanzong verliebt, die beiden waren unzertrennlich. Das erregte aber das starke Missfallen des Hofes. Letztendlich mussten sie vor einer Rebellenarmee fliehen und Yang Yuhuan wurde zum Selbstmord gezwungen.

Obwohl Yang Yuhuan, anders als Wu Zetian, sich nicht in politische Angelegenheiten einmischte,  sie die ranghöchste kaiserliche Konkubine war, wurden beide Frauen auf Grund ihres Geschlechtes stark diskriminiert. Obwohl Wu Zetian und Yang Yuhuan in der aufgeschlossenen Tang-Dynastie lebten, konnten sie sich trotzdem nicht völlig von den Vorurteilen und der Borniertheit der feudalen Moralvorstellungen, besonders im politischen Bereich, frei machen.

In der Rückschau waren die sogenannten "glücklichen Frauen der Tang-Dynastie" vielleicht doch nicht glücklich genug, um den Neid der Frauen von heute zu erregen, doch ihr Beitrag zum historischen Fortschritt ist unzweifelhaft und bewundernswert.         

Von Huo Jianying

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