Januar 2005
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Tempel und Klöster (1)

Das Jokhang-Kloster, das Zentrum der Altstadt von Lhasa

Das Jokhang-Kloster liegt 1 km östlich vom Potala-Palast und ist das älteste Gebäude der Stadt Lhasa. Es hat eine Geschichte von nahezu 1400 Jahren. 1961 wurde es als eine der wichtigsten Kulturstätten unter staatlichen Denkmalschutz gestellt.

Das Jokhang-Koster wurde im Jahr 647, dem 21. Jahr unter der Regierungsdevise Zhenguan in der Tang-Dynastie erstmals gebaut. Tibetischen Geschichtsbüchern zufolge rissen aber Katastrophen und sonstiges Unheil nicht ab, bis endlich die Tubo-Dynastie ihren Sitz nach Lhasa verlegte. Die berühmte Prinzessin Wencheng, die sich in Astrologie und Geomantik gut auskannte, legte durch Sternbeobachtung den Ort fest und stellte zugleich einen Plan auf, wonach ein See zuzuschütten war, um dann ein Kloster darauf zu bauen. So könnten Dämone besiegt und böse Geister vertrieben werden. Sontsan Gampo folgete dem Plan. Dazu wurden aus der im Norden liegenden Region Pengbo weiße Ziegen für den Transport der Erdmassen geholt. Der Ort erhielt deswegen den Namen „Rasa“ (Ort von Ziegen). In chinesischsprachigen Geschichtsbüchern hieß er „luoxie” oder „luosuo”;  Lhasa, der spätere Ortsname, wurde von „Rasa” abgeleitet. In Geschichtsbüchern steht geschrieben, dass das Kloster nach der Fertigstellung zunächst nur acht Hallen hatte, darunter die Halle zur Aufbewahrung von Sutras und die Buddhahalle. In der Zeit der Tubo-Dynastie gab es sehr hart geführte Auseinandersetzungen zwischen den buddhistischen Mönchen und den Anhängern der Bon-Religion. Auch in späteren Perioden fanden vielfach gewaltsame und blutige Machtwechsel in Lhasa statt, bei denen u.a. auch das Jokhang-Kloster oft beschädigt wurde. In der Yuan- und Ming-Dynastie, insbesondere seit 1409 wurde es wiederholt auf- und ausgebaut, wodurch es den heutigen Umfang erhalten hat.

Das Jokhang-Kloster ist auf einer Ost-West-Achse errichtet. Die Gebäude sind grundsätzlich an dieser Linie erbaut; es sind Tortürme, Buddhahallen, Wandelgängen, Brunnen, Dachfenster, Gärten und Wohnzellen von buddhistischen Mönchen. Die Klosteranlage ist 25 100 m² groß. Das 1. und 2. Stockwerk ist noch der Originalbau aus der Tang-Dynastie. Die höheren Stockwerke, die angebauten Hallen und Bauerweiterungen dagegen stammen erst aus der Zeit nach dem 11. Jahrhundert. Die Buddhahalle ist das Hauptgebäude des Klosters. Sie hat vier Stockwerke und gilt als achitektonisch bedeutendster Bau des Klosters. In der Mitte sieht man ein breites Dachfenster. Die Haupträume liegen in der Haupt- wie in der Nebenhalle im Erdgeschoß. Die Haupthalle liegt  im Zentrum der Anlage. Darin befindet sich eine 1,5 m hohe, vergoldete Bronzestatue des 12-jährigen Schakjamuni, die von Prinzessin Wencheng von Chang’an nach Tibet mitgebracht wurde. Sie stand ursprünglich im Ramoche-Kloster. Prinzessin Jincheng hatte die Statue dann hierher gebracht, um so die hervorragende Stellung des Jokhang-Klosters zu unterstreichen. Viele Gläubige, die trotz strapaziöser Reisen über große Entfernungen zum Koster kommen, wollen gerade vor dieser Statue beten. Links und rechts neben der Haupthalle stehen die Qamba-Halle und die Halle des Großen Lichts. Zu beiden Seiten der Achsenlinie stehen Figuren als Verkörperungen Schakjamunis; auf der linken Seite steht die Statue des waffentragenden Wächters Buddhas, auf der rechten die Statue der Gottheit der Barmherzigkeit mit ihren tausend Händen. Außer Haupt- und Nebenhallen gibt es Dutzende von Toren. Besonders zu erwähnen ist ein Raum im 2. Stock auf der westlichen Seite. Darin sind  lebendig wirkende Figuren von Songtsan Gampo, Prinzessin Wecheng,  Prinzessin Chizun und dem berühmten Gesandten der Tubo-Dynastie, Gar Dongtsan, sowie dem Erfinder der tibetischen Schriftzeichen Thonmi Sambhota zu bewundern. Außerdem werden dort verschiedene Gebrauchsgegenstände der Tubo-Dynastie aufbewahrt. Um die Buddhahalle sind  Wandelgänge gebaut, die man in mittlere und innere Wandelgänge einteilt. Bronzene Nyima-Drehmühlen sind dort nebenaneinder aufgereiht, die Wände der Wandelgänge sind mit Malereien versehen. Es werden Motive aus der Geschichte der Tubo-Dynastie sowie buddhistische Sagen und Legenden dargestellt. Erwähnenswert sind zwei Wandmalereien in der Haupthalle: der Einzug der Prinzessin Wencheng in Tibet und das Zuschütten des Sees und der nachfolgende Bau des Klosters darauf. Diese Malereien sind für die kunstgeschichtliche Forschung sowie für die Erforschung der gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung des tibetischen Altertums von großem Wert.

Der Baustil der Gebäude des Jokhang-Klosters ist eine Verschmelzung klassischer chinesischer und tibetischer Baukunst. Außerdem wurden Elemente der nepalesischen und indischen Baukunst übernommen. Die Dächer sind mit vergoldeten Dachziegeln und goldenen Tierfiguren versehen. Die Balkenkonstruktion erinnert an den Baustil des Landesinneren, weist jedoch geschickte Varianten auf. Reliefs und bunte Bemalungen verschiedener Menschen- und Tierfiguren sowie Pflanzenmotive schmücken Säulen, Balken, Türrahmen und Dachvorsprünge. Auf den Dächern sind noch jene 108 Tierfiguren zu sehen, die eine besondere symbolische Bedeutung haben. Das Kloster stellt eine harmonische Vereinigung verschiedener Kulturelemente dar und hebt die architektonische Virtuosität der tibetischen Baumeister hervor, die ein so imposantes, prächtiges,und zugleich ernstes Sakralbauwerk geschaffen haben. Das Jokhang-Kloster ist ein klassisches Beispiel für die tibetische Architektur und wirkt auf die Besucher überwältigend.

Das Jokhang-Kloster besitzt zahlreiche Kulturgegenstände und Kunstschätze. Die wichtigsten seien hier genannt. Da sind zunächst zahlreiche Bronzefiguren. Manche stammen aus der Tang-Dynastie und tragen die künstlerischen Zeichen ihrer Zeit; manche sind mit historischen Aufzeichnungen versehen und stammen aus der Ming-Dynastie. Unter zahlreichen wertvollen Tangkas (tibetischen Wandteppichen) sind zwei besonders berühmt: auf dem einen ist der waffentragende Wächter Shengle, auf dem anderen der waffentragende Wächter Daweide dargestellt. Dies waren Geschenke des Kaisers Yongle der Ming-Dynastie, die mit je einer kaiserlichen Inschrift versehen waren. Die beiden Wandteppiche sind mit bunten und goldenen Fäden durchwirkt, zeugen von den vorzüglichen Techniken der Webarbeiten und zeigen heute noch einen frischen Glanz. Im Jokhang-Kloster wird die 108-bändige Litang-Ausgabe des Tripitaka aufbewahrt, die rot gedruckten Texte sind in einer Edelholzkiste verpackt. Außerdem wird dort auch die vom Qing-Kaiser Qianlong gestiftete Losurne aufbewahrt, aus der traditionell die Namen des Dalai Lama und des Panchen Erdeni gezogen werden.

Für das Jokhang-Kloster wurde die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes beantragt. Die beantragte Fläche umfasst 7,5 Hektar, neben dem Kloster auch einen Teil der alten Kulturstadt Lhasa, in dem es mehr als 100 bedeutende Kulturstätten gibt.

Vor dem Haupteingang des Jokhang-Kloster steht die berühmte Gedenktafel für das Bündnis von Tang- und Tubo-Dynastie, auch Gedenktafel für das „Onkel-Neffe-Bündnis“ genannt. Sie wurde im Jahr 823, im 3. Jahr unter der Regierungsdevise Changqing, aufgestellt und ist 5,6 m hoch. Sie hat eine Dachkonstruktion und ruht auf einer steinernen Schildkröte. Auf der länglichen Stele ist der Text des Bündnisdokumentes in chinesischer und tibetischer Sprache eingemeißelt. Darauf ist noch zu entziffern, dass ein Bündnis zwischen dem Tang-Kaiser Muzong und Tride Zutsan, dem Führer der Tubo-Dynastie, geschlossen wurde: „Neffe und Onkel beraten über die Herrschaft vereint und schließen in großer Harmonie ein Bündnis“. Außerdem sind darauf die Namen der an der Bündnisschließung beteiligten Beamten sowie der gemeinsame Wunsch für die Vereinigung der führenden Familien eingraviert. Diese Steintafel ist ein historisches Zeugnis für die tiefen freundschaftlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen unseres Landes. Die Schrift auf der Steintafel ist zwar im Laufe der Zeit verwittert, aber ihr Inhalt ist immer noch zum großen Teil deutlich zu lesen.

Einige Meter südlich der Gedenktafel für die Bündnisschließung stehen noch zwei Steintafeln. Die eine ist die Steintafel der „ewigen Befolgung“, die vom Minister für tibetische Angelegenheiten der Qing-Dynastie im März 1794 aufgestellt wurde, die andere hat keine Inschrift und wurde vermutlich in der Ming-Dynastie aufgestellt.

Hinter der Steinbalustrade der Gedenktafel steht eine alte Weide, die einer Überlieferung zufolge von der Prinzessin Wencheng eigenhändig gepflanzt wurde. Man nennt diese Weide auch „die Weide der Tang-Dynastie“ oder die „Weide der Prinzessin“. Während der „10-jährigen Unruhe“ verdorrte der Baum. Nach der Zerschlagung „der Viererbande“ hat man neue Weiden neben dem abgestorbenen Baustamm als Andenken an die „Prinzessin-Weide“ gepflanzt.

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