Welche
Bräuche zum Frühlingsfest gepflegt werden?
Das Frühlingsfest gehört zu
den fünf bedeutendsten traditionellen chinesischen Festtagen.
Zur Feier dieses Festes werden jedem Arbeitnehmer drei gesetzliche
Urlaubstage gewährt.
Nach mehr als 2000 Jahre alter
Tradition gilt nach dem Mondkalender in China das Frühlingsfest
als Neujahrstag. Nach der Gründung des Neuen China 1949 wurde
das Frühlingsfest auf den 1. Tag des 1. Monats nach dem chinesischen
Mondkalender, zum Unterschied vom Neujahrstag am 1. Januar
eines Jahres nach dem gregorianischen Kalender, festgelegt,
weil nach dem Fest die Frühjahrsbestellung auf dem Lande beginnt.
Für die Bauern ist das Frühlingsfest
das wichtigste aller Feste. Ab dem 23. Tag des 12. Monats
nach dem Mondkalender widmen sie sich nur noch den Vorbereitungen
für dieses Fest. Sie bringen ihre Häuser auf Hochglanz und
schmücken sie dann mit Lampions und farbigen Seidenbändern
oder bunten Papierschlangen, und für das Festessen kaufen
sie gerne etwas Besonderes ein. Am Silvesterabend wird ein
gemeinsames Festmahl eingenommen. In Nordchina ist die ganze
Familie gewöhnlich „Jiaozi“ (eine Art Maultaschen mit Fleischfüllung),
was das Vergehen des alten und das Kommen des neuen Jahres
in der Familie bedeutet; in Südchina bevorzugt man „Tangyuan“
(Klöße aus Klebreis), die ein Symbol für das Zusammenkommen
der ganzen Familie sind.
Bei den nationalen Minderheiten
sind die Sitten zum Frühlingsfest anders als bei den Han.
In Tibet begeht man z. B. das Frühlingsfest am Silvesterabend
mit einem festlichen „Tanz zur Anbetung Gottes“. Alte und
junge Tibeter, angetan mit farbenprächtiger Kleidung und schönen
Masken, singen und tanzen begeistert nach traditioneller Musik,
um so Gott zu bitten, Übel zu beseitigen und ihnen ein glückliches
Jahr zu schenken. Am Morgen des Neujahrstags gehen die Frauen
an den Fluss, um „glückverheißendes Wasser“ zu schöpfen, und
dann stecken alle Familien gefärbte Ähren in einen Kuchen
aus „Suyou“ (eine Art Butter) und Qingke-Gerstenmehl, was
ein gutes Erntejahr symbolisieren soll. Man schenkt einander
„Hada“ (Seidenbänder) und tauscht Neujahrsglückwünsche aus.
Die Dahuren in Nordchina tanzen
am Silvesterabend den traditionellen „Lurigele“-Tanz und schmieren
einander am Morgen des Neujahrstags Ruß ins Gesicht. Besonders
junge Mädchen werden, wenn sie nicht gehörig aufpassen, sofort
von den Jungen geschwärzt, womit deren beste Wünsche für die
Mädchen zum Ausdruck gebracht werden.
Die Orotschen pflegen ebenfalls
diesen Brauch, machen aber bei den Alten eine Ausnahme: Sohn
und Schwiegertochter dürfen den Schwiegervater nicht „anschwärzen“
und die jungen Leute, die den Alten Ruß ins Gesicht schmieren
wollen, machen zuerst einen Kotau, um ihre Verehrung für diese
auszudrücken.
Bei den Bouyei ist es Sitte,
dass die ganze Familie am Silvesterabend zusammenkommt, um
bis zum Morgengrauen zu feiern, und wenn es graut, eifern
die Mädchen miteinander darum, als erste an den Fluss zu gelangen,
um glückbringendes Wasser zu schöpfen. Die Siegerin wird in
diesem Jahr das glücklichste und fleißigste Mädchen seines
Dorfes sein. An diesem Tag besuchen Jungen und Mädchen einander,
tauschen Neujahrsglückwünsche aus und wandern miteinander
in die freie Natur.
Die Nationalität der Yao in
den Berggebieten feiert das Frühlingsfest auf ihre eigene
Weise. Am Neujahrstag wird ein „Feldbestellungsspiel“ aufgeführt,
bei dem drei junge Männer, die den Pflugochsen und zwei Pflüger
spielen, auftreten. Jungen und Mädchen, in Festtagstrachten
und silbernem Schmuck, kommen von überall her, um sich das
Spiel anzusehen. Nach der Aufführung wird dann voll Inbrunst
gesungen und getanzt, was den Wunsch der Yao nach einer guten
Ernte symbolisiert.
Aus
China im Aufbau, Nr. 2, 1985