Entstehung
des modernen
Bildungswesens unmittelbar nach
der friedlichen Befreiung Tibets

Im Mai
1951 unterzeichneten die zentrale Volksregierung und die tibetische
Lokalregierung das Abkommen über die Maßnahmen zur friedlichen
Befreiung Tibets. In seinem 9. Artikel wird festgelegt,
„Sprache und Schrift sowie die Schulbildung der tibetischen
Nationalität nach den wirklichen Umständen Tibets schrittweise
zu entwickeln“. Damit begann in Tibet im besten Sinne der
Aufbau eines modernen Bildungswesens.
Weil
aber zu Beginn der friedlichen Befreiung das gesellschaftliche
System Tibets noch nicht von Grund auf umgewälzt wurde, bestanden
in Tibet das alte Bildungssystem der feudalen Ordnung und
die neue Volksbildung nebeneinander. So wurde die neu entstandene
Volksbildung immer wieder durch das feudale System der damaligen
Lokalregierung Tibets gestört und eingeschränkt, schritt aber
in der Tendenz trotzdem energisch voran. Eine Gruppe von Musterschulen,
darunter die 1952 gegründete Grundschule Lhasa, die Mittelschule
Lhasa (1956) und die staatliche Kaderschule für Tibet (1958),
hat nicht nur dazu beigetragen, die neue Volksbildung zu festigen,
sondern auch für Schulen verschiedener Art und Ebene gute
Grundlagen zu schaffen.
Die
Grundschule Qamdo – die erste moderne Grundschule Tibets
Eines
Tages Ende Februar 1951 herrschte in Chengguanzhen, Kreis
Qamdo, Feststimmung. Die Menschen, vor fünf Monaten erst befreit,
schienen farbenfroh gekleidet. Ihre Minen drückten Erstaunen,
Erregung oder Begeisterung aus. Mit einem Wort, sie sahen
nicht mehr so apathisch und abgestumpft wie früher aus.
Menschenmengen
strömten aus allen Himmelsrichtungen zum Tempel des Stadtgottes
an der Wolong Jie (Straße des Liegenden Drachens). Wenig später
wurde die Gründung der Winterschule Qamdo beim Knattern und
Zischen der Feuerwerkskörper bekannt gegeben. Das war die
erste moderne Schule in der Geschichte Qamdos bzw. Tibets.
Qamdo
wurde im Oktober 1950 befreit. Im Dezember desselben Jahres
nahm der 1. Volkskongress des Bezirks Qamdo die Resolution
Gründung der Schulen im Bezirk Qamdo und Entwicklung des
Bildungswesens der tibetischen Nationalität an. Danach
wurde ein Vorbereitungsvorstand für die Grundschule Qamdo
ernannt. Die Lebenden Buddhas Shiwala und Dege Galsang Wangdui
aus den Klöstern Qamdos sowie Li Anzhai (ein Linguistik-Professor,
der in den USA studiert hatte), Kader des 18. Korps, und Wei
Ke wurden zu Vorstandsvorsitzenden gewählt. Der Vorstand bestimmte,
dass zuerst die Winterschule Qamdo vorzubereiten sei. Die
Aufnahme der Schüler sollte unabhängig von Nationalität, Geschlecht,
Alter und Familienherkunft erfolgen. Den Bedürfnissen entsprechend
wurde in der Winterschule vor allem Tibetisch gelehrt und
Chinesisch als fakultatives Fach bestimmt. Die Schule wurde
in einem alten Kloster, das an der nordwestlichen Ecke von
Qamdo lag, eingerichtet. Als Lehrer waren Li Anzhai und Yu
Shiyu (ein Linguistik-Professor, der in Japan studiert hatte
und ebenfalls Kader der Chinesischen Volksbefreiungsarmee)
sowie weitere han-chinesische Kader und Kader der tibetischen
Nationalität tätig. Die beiden Professoren waren außerdem
für die Leitung der Winterschule zuständig.
Im Januar
1951 startete die Winterschule Qamdo. Im März desselben Jahres
wurde die Grundschule Qamdo offiziell gegründet. Sie war die
erste moderne Schule, die von der Volksregierung in Tibet
eingerichtet wurde. Die Einrichtung des Schulvorstands als
modernes Verwaltungsgremium hat nicht nur den normalen Schulbetrieb
unter den damaligen komplizierten Umständen garantiert, sondern
auch für die Gründung moderner Schulen in Tibet ein fortschrittliches
Modell geschaffen.
Am 1.
August 1951 wurde der Beschluss Probeweise Gründung von
Grundschulen im ganzen Bezirk Qamdo vom 2. Volkskongress
des Bezirks Qamdo angenommen. Nach diesem Beschluss und mit
Unterstützung der in Qamdo in Garnison stehenden Kräfte der
Volksbefreiungsarmee wurde eine Gruppe von Grundschulen neuen
Typs in Yanjing, Dengqen, Bome, Zayu und anderen Orten gegründet.
Bis 1952 gab es im Bezirk Qamdo 12 staatliche Grundschulen
mit mehr als 600 Schülern. Diese Gruppe von Vorbildgrundschulen
hat für Schulgründungen in ganz Tibet Erfahrungen gesammelt
und gute Grundlagen geschaffen.