Männermagazine
ködern männliche Chinesen
Hochglanzmagazine
versuchen bei chinesischen Männern zu punkten
Von
Mark Godfrey


Es ist beinahe unmöglich, in den meisten
chinesischen Städten eine Flasche Herrendeodorant zu finden.
Chinesische Männer sind nicht bekannt als Metrosexuals (urbane
Männer mit ausgeprägtem ästhetischem Sinn, die viel Geld und
Zeit auf ihr Äußeres verwenden), doch einige Verlagshäuser
vertrauen auf ihre Fähigkeit, einheimische Männer in Bezug
auf Sex und Einkaufen auf ein anspruchsvolleres Niveau zu
hieven. Herausgeber von Herrenmagazinen haben Asien als den
größten Zukunftsmarkt identifiziert und rechnen mit dem Wandel
des Lebensstils und der Gewohnheiten lokaler Männer.
Bis 1995 waren Postabonnements die einzige
Möglichkeit in China, ein Magazin zu beziehen. Heute ist eine
Flut von Titeln erhältlich, von denen viele kurzlebig sind,
doch der Markt bleibt zerstückelt im Vergleich zu dem ausgeklügelten
Vertriebssystem in Europa und in den USA. Die Herausgeber
beschweren sich darüber, dass der größte Nachteil in China
der Mangel an Vertriebsketten ist. Leser außerhalb von Beijing
und Shanghai sind schwer fassbar wegen der Vertriebsproblematik,
sagt George Green, Vorstandsvorsitzender der Hearst Magazines
International, die auch Cosmopolitan und Good Housekeeping
in China mit Partnern vor Ort herausgeben. „Das große Problem
ist nicht der Verkauf, sondern der Vertrieb“, sagt Green.
Chinas Esquire, das in China seit
1999 herausgegeben wird, hat zur Zeit eine Auflagenzahl von
326 000. Die meisten dieser Verkäufe sind in Beijing, Shanghai
und Guangzhou, laut Trends, der chinesischen Firma, die die
Lizenz für die Herausgabe des Magazins hat. Trends, mit dem
Hauptsitz in Beijing, gibt auch Cosmopolitan, Harper’s
Bazaar und Cosmo heraus. Die Firma verlangt 20
RMB für die 226-seitige Juni-Ausgabe von Esquire Style.
In der Kolumne „Women we Love“ sind sechs Seiten mit Fotos
von Rose McGowan. Interviews mit Ethan Hawk und einem chinesischen
Filmstar stehen neben Reiseseiten, Bücherrezensionen und zwei
Hauptartikeln, von denen einer über Zhao Bandi ist, einen
chinesischen Künstler, der sich über die Behörden lustig macht,
indem er immer einen Pandabären bei sich trägt. Der längste
Bericht beschreibt im Detail das Leben von Yachtbesitzern
rund um die Welt. Hunden, Geschäftsleuten, luxuriösen Füllfederhaltern,
chinesischen Filmsternchen und schusssicheren Limousinen sind
zweiseitige Berichte gewidmet. Tiger Woods, Golftechniken,
Sumo und Schlaflosigkeit kommen auch auf den Seiten vor, die
durch glänzende Werbungen für Aftershave, Kleidung, Autos
und Uhren unterbrochen werden..
Das Magazin FHM, das auch von Trends
herausgegeben wird, schaffte es, mit einem vor kurzem erschienenen
Cover, auf dem die Hong Konger Schauspielerin Christy Yung
in einem durchsichtigen Negligee zu sehen war, viel kühner
zu werden. Cover girl der vorhergehenden Ausgabe war Britney
Spears, die in einen anschmiegsamen Latexanzug gekleidet war.
Das erste Cover girl von FHM war die Schauspielerin
Zhao Wei, über deren Bild die Schlagzeile Zhao Wei,
Opium der Jugend zu lesen war. Ungefähr 30 Prozent
von FHM China werden vor Ort produziert, der Rest wird
von internationalen Ausgaben abgekupfert. Die kürzlich importierten
Artikel beinhalteten eine bebilderte Liste von 50 Extremsportarten,
Berichte über Geländefahrzeuge und Orientierungsausstattungen,
wie auch einen Spezialbericht über Digitalkameras und das
Resultat einer FMH-Sexualumfrage in Großbritannien.
Vor Ort geschriebene Beiträge reichten von einem heraustrennbaren
Stadtplan von Shanghais Parkplätzen bis zu einer Doppelseite
über die Lieblingsbars der Beijinger Berühmtheiten. Lokale
Modeaufnahmen und vor Ort produzierte Führer für Camping und
Kochen in Form von Comicstrips füllen einen guten Teil des
Magazins. Der sechsseitige Teil „Sex Confidential“ in
der Juliausgabe von 2004 gibt einen Überblick über die Pornoindustrie
und Sexfilme für zu Hause. Ein weiterer lokal produzierter
Artikel ist ein vierseitiger Fotobericht über die Shanghaier
PR-Beraterin Tara Wang.
Gewagter Inhalt ist nicht schwierig zu finden.
Sexualwissenschaftler und Soziologen der renommierten Renmin-Universität
in Beijing sammelten Stimmen für die „Top-10 der Sex-bezogenen
Nachrichtenartikel“ des Jahres 2003. Der erste chinesische
Prozess wegen sexueller Belästigung, ein Paar aus Shaanxi,
das von der Polizei dabei erwischt wurde, wie es sich nicht
jugendfreie Filme zu Hause ansah und die erste Sexkulturausstellung
in Beijing schafften es auf die Liste, die laut der Wissenschaftler
alljährlich zusammengestellt werden soll. Spärlich bekleidete
Mädchen – meistens aus dem Westen – sind nicht mehr schwer
zu finden in den chinesischen Medien. Die staatliche Nachrichtenagentur
Xinhua hat das chinesische Verlangen nach Schönheitswettbewerben
genau verfolgt und brachte Sammlungen von mit Bikinis bekleideten
Schönheitsköniginnen auf chinesischen Stränden heraus. Internetportale
bieten chinesischen Männern auch multimediale Zeichentrickfilme,
die auf Handys heruntergeladen werden können.
Wahrscheinlich der Nachfrage der Leser nach
erotischen Geschichten folgend, brachte vor kurzem eine Ausgabe
von Mangazine eine Fotoreportage und einen Artikel
über die Sex-Tagebuchschreiberin
und Autorin Muzi Mei. Mangazine, das von der Nanfang-Zeitungsgruppe
herausgegeben wird, ist ein rein chinesischer Versuch eines
Männermagazins. Mit langen Artikeln von lokalen reichen Männern,
Unterhaltern und Sportstars, bringt Mangazine auch
Moderatschläge und Artikel, die von ausländischen Publikationen
importiert werden.
„China ist so groß und einflussreich, dass
zeitgenössische und aufstrebende Firmen es sich nicht leisten
können, auf diesem Markt zu fehlen“, sagt der Herausgeber
Tom Gorman, der 1996 die chinesische Ausgabe des Magazins
Fortune erfolgreich lancierte und nun als Medienanalytiker
für CCI Asia Pacific Ltd. arbeitet. Gorman, der Autor von
Guidelines for Publishing in China, erklärt, dass die
Werbeausgaben in der Kategorie Magazine von 1984 bis 2002
im Durchschnitt jährlich um 33 Prozent stiegen und wahrscheinlich
in absehbarer Zeit eine sehr hohe Wachstumsrate beibehalten
werden.
Dennis Publishing aus Großbritannien lancierte
währenddessen im April das Magazin Maxim in China.
Die chinesische Ausgabe ist die 23. dieses Titels. Maxim,
das durch ein Joint Venture mit Hong Kongs South China
Morning Post herausgegeben wird, bringt auf dem Cover
typischerweise berühmte chinesische Sänger/Schauspielerinnen
und hatte eine zusammengefasste Auflagenhöhe von 180 000.
„Maxim ist das Dynamit des Verlagswesens“, sagt der
internationale Verlagspräsident Kerin O’Konnor, „in nur zehn
Jahren hat das Magazin eine rauchende Spur um die Welt gezogen.“
„Männer sind sehr ähnlich weltweit“,
sagt O’Connor, „Sie haben die gleichen Ziele, was ihre Lebensweise
betrifft und vergleichbare Interessen.“
Um zu beweisen, dass es unmöglich ist, die
ausländischen Hochglanzmagazine aufzuhalten, wurde im Juli
die chinesische Ausgabe der britischen Tratschbibel OK!
lanciert. Mit Britney Spears auf dem Cover ist weniger als
ein Drittel des Inhalts lokal und liest sich augenscheinlich
zahmer als der Teil über ausländische Berühmtheiten.
Herrenmagazine und Skandalblätter
haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie sich mit Chinas
absatzstärkstem Magazin Reader vergleichen können.
Die vierzehntägige Mischung aus Geschichten, Gesundheitsratschlägen,
und Haushaltstipps erzeugt alle zwei Wochen 800 Millionen
Kopien und ist damit der Titel mit den größten Verkaufszahlen
in Asien. Nur Reader’s Digest, National Geographic und
Time rangieren höher in den weltweiten Auflagezahlen.