Oktober 2004
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Männermagazine ködern männliche Chinesen

Hochglanzmagazine versuchen bei chinesischen Männern zu punkten

Von Mark Godfrey

 

Es ist beinahe unmöglich, in den meisten chinesischen Städten eine Flasche Herrendeodorant zu finden. Chinesische Männer sind nicht bekannt als Metrosexuals (urbane Männer mit ausgeprägtem ästhetischem Sinn, die viel Geld und Zeit auf ihr Äußeres verwenden), doch einige Verlagshäuser vertrauen auf ihre Fähigkeit, einheimische Männer in Bezug auf Sex und Einkaufen auf ein anspruchsvolleres Niveau zu hieven. Herausgeber von Herrenmagazinen haben Asien als den größten Zukunftsmarkt identifiziert und rechnen mit dem Wandel des Lebensstils und der Gewohnheiten lokaler Männer.

Bis 1995 waren Postabonnements die einzige Möglichkeit in China, ein Magazin zu beziehen. Heute ist eine Flut von Titeln erhältlich, von denen viele kurzlebig sind, doch der Markt bleibt zerstückelt im Vergleich zu dem ausgeklügelten Vertriebssystem in Europa und in den USA. Die Herausgeber beschweren sich darüber, dass der größte Nachteil in China der Mangel an Vertriebsketten ist. Leser außerhalb von Beijing und Shanghai sind schwer fassbar wegen der Vertriebsproblematik, sagt George Green, Vorstandsvorsitzender der Hearst Magazines International, die auch Cosmopolitan und Good Housekeeping in China mit Partnern vor Ort herausgeben. „Das große Problem ist nicht der Verkauf, sondern der Vertrieb“, sagt Green.

Chinas Esquire, das in China seit 1999 herausgegeben wird, hat zur Zeit eine Auflagenzahl von 326 000. Die meisten dieser Verkäufe sind in Beijing, Shanghai und Guangzhou, laut Trends, der chinesischen Firma, die die Lizenz für die Herausgabe des Magazins hat. Trends, mit dem Hauptsitz in Beijing, gibt auch Cosmopolitan, Harper’s Bazaar und Cosmo heraus. Die Firma verlangt 20 RMB für die 226-seitige Juni-Ausgabe von Esquire Style. In der Kolumne „Women we Love“ sind sechs Seiten mit Fotos von Rose McGowan. Interviews mit Ethan Hawk und einem chinesischen Filmstar stehen neben Reiseseiten, Bücherrezensionen und zwei Hauptartikeln, von denen einer über Zhao Bandi ist, einen chinesischen Künstler, der sich über die Behörden lustig macht, indem er immer einen Pandabären bei sich trägt. Der längste Bericht beschreibt im Detail das Leben von Yachtbesitzern rund um die Welt. Hunden, Geschäftsleuten, luxuriösen Füllfederhaltern, chinesischen Filmsternchen und schusssicheren Limousinen sind zweiseitige Berichte gewidmet. Tiger Woods, Golftechniken, Sumo und Schlaflosigkeit kommen auch auf den Seiten vor, die durch glänzende Werbungen für Aftershave, Kleidung, Autos und Uhren unterbrochen werden..

Das Magazin FHM, das auch von Trends herausgegeben wird, schaffte es, mit einem vor kurzem erschienenen Cover, auf dem die Hong Konger Schauspielerin Christy Yung in einem durchsichtigen Negligee zu sehen war, viel kühner zu werden. Cover girl der vorhergehenden Ausgabe war Britney Spears, die in einen anschmiegsamen Latexanzug gekleidet war. Das erste Cover girl von FHM war die Schauspielerin Zhao Wei, über deren Bild die Schlagzeile Zhao Wei, Opium der Jugend zu lesen war. Ungefähr 30 Prozent von FHM China werden vor Ort produziert, der Rest wird von internationalen Ausgaben abgekupfert. Die kürzlich importierten Artikel beinhalteten eine bebilderte Liste von 50 Extremsportarten, Berichte über Geländefahrzeuge und Orientierungsausstattungen, wie auch einen Spezialbericht über Digitalkameras und  das Resultat einer FMH-Sexualumfrage in Großbritannien. Vor Ort geschriebene Beiträge reichten von einem heraustrennbaren Stadtplan von Shanghais Parkplätzen bis zu einer Doppelseite über die Lieblingsbars der Beijinger Berühmtheiten. Lokale Modeaufnahmen und vor Ort produzierte Führer für Camping und Kochen in Form von Comicstrips füllen einen guten Teil des Magazins. Der sechsseitige Teil „Sex Confidential“ in der Juliausgabe von 2004 gibt einen Überblick über die Pornoindustrie und Sexfilme für zu Hause. Ein weiterer lokal produzierter Artikel ist ein vierseitiger Fotobericht über die Shanghaier PR-Beraterin Tara Wang.

Gewagter Inhalt ist nicht schwierig zu finden. Sexualwissenschaftler und Soziologen der renommierten Renmin-Universität in Beijing sammelten Stimmen für die „Top-10 der Sex-bezogenen Nachrichtenartikel“ des Jahres 2003. Der erste chinesische Prozess wegen sexueller Belästigung, ein Paar aus Shaanxi, das von der Polizei dabei erwischt wurde, wie es sich nicht jugendfreie Filme zu Hause ansah und die erste Sexkulturausstellung in Beijing schafften es auf die Liste, die laut der Wissenschaftler alljährlich zusammengestellt werden soll. Spärlich bekleidete Mädchen – meistens aus dem Westen – sind nicht mehr schwer zu finden in den chinesischen Medien. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua hat das chinesische Verlangen nach Schönheitswettbewerben genau verfolgt und brachte Sammlungen von mit Bikinis bekleideten Schönheitsköniginnen auf chinesischen Stränden heraus. Internetportale bieten chinesischen Männern auch multimediale Zeichentrickfilme, die auf Handys heruntergeladen werden können.

Wahrscheinlich der Nachfrage der Leser nach erotischen Geschichten folgend, brachte vor kurzem eine Ausgabe von Mangazine eine Fotoreportage und einen Artikel über die Sex-Tagebuchschreiberin und Autorin Muzi Mei. Mangazine, das von der Nanfang-Zeitungsgruppe herausgegeben wird, ist ein rein chinesischer Versuch eines Männermagazins. Mit langen Artikeln von lokalen reichen Männern, Unterhaltern und Sportstars, bringt Mangazine auch Moderatschläge und Artikel, die von ausländischen Publikationen importiert werden.

„China ist so groß und einflussreich, dass zeitgenössische und aufstrebende Firmen es sich nicht leisten können, auf diesem Markt zu fehlen“, sagt der Herausgeber Tom Gorman, der 1996 die chinesische Ausgabe des Magazins Fortune erfolgreich lancierte und nun als Medienanalytiker für CCI Asia Pacific Ltd. arbeitet. Gorman, der Autor von Guidelines for Publishing in China, erklärt, dass die Werbeausgaben in der Kategorie Magazine von 1984 bis 2002 im Durchschnitt jährlich um 33 Prozent stiegen und wahrscheinlich in absehbarer Zeit eine sehr hohe Wachstumsrate beibehalten werden.

Dennis Publishing aus Großbritannien lancierte währenddessen im April das Magazin Maxim in China. Die chinesische Ausgabe ist die 23. dieses Titels. Maxim, das durch ein Joint Venture mit Hong Kongs South China Morning Post herausgegeben wird, bringt auf dem Cover typischerweise berühmte chinesische Sänger/Schauspielerinnen und hatte eine zusammengefasste Auflagenhöhe von 180 000. „Maxim ist das Dynamit des Verlagswesens“, sagt der internationale Verlagspräsident Kerin O’Konnor, „in nur zehn Jahren hat das Magazin eine rauchende Spur um die Welt gezogen.“

„Männer sind sehr ähnlich weltweit“, sagt O’Connor, „Sie haben die gleichen Ziele, was ihre Lebensweise betrifft und vergleichbare Interessen.“ 

Um zu beweisen, dass es unmöglich ist, die ausländischen Hochglanzmagazine  aufzuhalten, wurde im Juli die chinesische Ausgabe der britischen Tratschbibel OK! lanciert. Mit Britney Spears auf dem Cover ist weniger als ein Drittel des Inhalts lokal und liest sich augenscheinlich zahmer als der Teil über ausländische Berühmtheiten.

Herrenmagazine und Skandalblätter haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie sich mit Chinas absatzstärkstem Magazin Reader vergleichen können. Die vierzehntägige Mischung aus Geschichten, Gesundheitsratschlägen, und Haushaltstipps erzeugt alle zwei Wochen 800 Millionen Kopien und ist damit der Titel mit den größten Verkaufszahlen in Asien. Nur Reader’s Digest, National Geographic und Time rangieren höher in den weltweiten Auflagezahlen.

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