Die
Residenz
der
Familie Kong - ein feudales Lehnsgut
Östlich
vom Konfuzius-Tempel befindet sich die Residenz der Familie
Kong. Hier wohnte ausschließlich der von Konfuzius’
Hauptfrau geborene erste Sohn, der später „Herr der Weisheitsvermehrung“
genannt wurde, mit seinen nächsten Nachkommen. Von diesen
wurde auch ihr eigener Gerichtshof errichtet. Diese Residenz
entwickelte sich im 11. Jahrhundert, Regierungszeit des Kaisers
Ren Zong der Nördlichen Song-Dynastie, zu einem luxuriösen
Gebäudekomplex, der in den nächsten Dynastien weiter
ausgebaut wurde.
Die
Residenz besteht aus drei Bauregionen. In den mittleren, östlichen
und westlichen Regionen gibt es insgesamt mehr als 460 Hallen.
Aus der Residenz kann man ein typisches Lehnsgut einer feudalen
chinesischen Adelsfamilie klar erkennen.
Nach
geschichtlichen Aufzeichnunen wurden Konfuzius und seine Nachkommen
von den Kaisern seit der Westlichen Han-Dynastie immer wieder
durch neue Titel geehrt. Als Liu Bang (256 - 195 v. u. Z.),
der Kaiser der Westlichen Han-Dynastie, die Heimat des Konfuzius
aufsuchte, ernannte er Kong Teng, den Nachkommen des Konfuzius
in der 9. Generation, zum „Beamten für Zeremonien im Andenken
an Konfuzius“. Der Kaiser Yuan Di der Han-Dynastie, der 48
- 33 v. u. Z. regierte, verlieh Kong Ba, den Nachkommen des
Konfuzius in der 13. Generation, den Titel „Guannei-Fürsten“.
Im Jahre 739 betitelte der Kaiser Xuan Zong der Tang-Dynastie
Konfuzius post mortem „Wenxuan-Fürst“ und den Nachkommen
des Konfuzius in der 35. Generation „Wenxuan-Fürst“. Ferner
trugen Nachkommen des Konfuzius in der 46. bis 76. Generation
mehr als 890 Jahre hindurch den Adelstitel „Herren der Weisheitsvermehrung“.
Selbst in den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde
Kong Decheng, der Nachkomme des Konfuzius in der 77. Generation,
noch von Tschiang Kai-schek zum „Beamten für Zeremonien im
Gedenken an den Gr
oßen
Meister Konfuzius, den höchsten Weisen und Lehrer aller
Zeiten“ ernannt. Daraus kann man die engen Beziehungen zwischen
der Familie Kong und den feudalen chinesischen Herrschern
ersehen.
Tritt
man in den Gerichtshof der Residenz der Familie Kong ein,
erblickt man sofort den mit Tigerhaut belegten Sessel, worin
der einstige „Herr der Weisheitsvermehrung“ saß, und
sieht auch den rotlackierten Amtstisch, worauf heute noch
ehemalige Befehlsfähnchen und pfeilförmige Befehlsstäbchen
als Symbole der Macht liegen. Die Familie Kong besaß
das Privileg der Verhaftung und Vernehmung. Der Gerichtshof
dieser Erbadesfamilie hatte in der Tat die regionale Macht,
verwaltete 66 000 Hektar Grund und Boden in 37 Kreisen von
5 Provinzen und zog jährlich mehr als 40 000 Tonnen Pachtgetreide
ein.
Der
besondere Eingang zu dem Familiensitz der Kongs war von allerhöchster
Rangordnung, so dass jeglicher freie Zutritt verboten war.
Der Kaiser hatte ein Edikt erlassen, dass der widerrechtliche
Eindringling „standesrechtlich zu enthaupten“ sei.
In
der Residenz wurden noch unzählige seltene historische
Kunstgegenstände aufbewahrt. Darunter gibt es einen Bronzegeschirrsatz
von vor 3000 Jahren, der während des 18. Jahrhunderts
vom Kaiser der Qing-Dynastie speziell für Gedenkzeremonien
zur Verfügung gestellt wurde. Diese konfuzianischen Altargeschirre
waren in ihren Formen von klassischen Geschmack mit ausgezeichneten
Mustern und deutlichen Inschriften. Hier kann man ebenfalls
die vergoldete Kupferpagode mit tausend Buddhafiguren, alte
Gewänder und Kopfbedeckungen seit der Yuan- und Ming-Dynastie
bewundern, ferner feine Elfenbein- und Jadesschnitzereien
sowie unschätzbare Bücher, Schriftrollen und Rollbilder.
Bemerkenswert
ist hier auch die Aufbewahrung von etwa zehntausend amtlichen
Schreiben und Urkunden seit der Ming- und Qing-Zeit. Diese
Archive lagen hier bis 1949 haufenweise ungeordnet durcheinander
und wurden nach der Gründung der Volksrepublik China dann
sorgfältig von Experten klassifiziert und eingebunden.
Sie stellen kostbare schriftliche historische Zeugnisse und
Materialien für die Erforschung von Politik, Wirtschaft und
Kultur in dieser geschichtlichen Epoche dar.