
Der
Konfuzius-Tempel - Chinas kulturelle Schatzkammer
In
der Mitte der Kreisstadt Qufu befindet sich der Konfuzius-Tempel,
dessen Haupttor ganz nah beim Südtor der Stadt liegt. Hier,
vor dem Haupttor, veranstaltete die herrschende Klasse Chinas
in den verschiedenen Zeitaltern ihre Festlichkeiten und Feiern
zur Verehrung des Konfuzius und seiner Lehre. Der Konfuzius-Tempel
in Qufu, der Kaiserpalast in Beijing und die Sommerresidenz
in Chengde zählen so zu den drei größten historischen
Architekturkomplexen in China.
Der
Konfuzius-Tempel stammt aus dem Jahre 478 v. u. Z., er entstand
also im zweiten Jahr nach dem Tode des Konfuzius. Heute hat
der Tempel eine Fläche von 22 Hektar. In ihm gibt es
mehr als 460 Hallen, Pavillons und Seitengemächer, 54
Tore mit schönen geschwungenen Dächern und 9 Vor-
und Hinterhöfe. Hier wachsen alte Zypressen gegen Himmel
und befinden sich historische Steintafeln in Hülle und Fülle.
Besonders in den 13 in einer Reihe ausgerichteten Pavillons
sind insgesamt mehr als 50 Großtafeln aufgestellt, mit
Lobpreisungen vieler Kaiser der Tang-, Song-, Yuan-, Ming-
und Qing-Zeit auf Konfuzius in Chinesisch, Mongolisch und
Mandschurisch. Tritt man in den Konfuzius-Tempel ein, so umgibt
den Besucher sofort eine tiefe Stille.
Die
Dacheng-Halle (Halle der Vorkommenheit) stellt die Haupthalle
des Tempels dar mit einer Höhe von 32, einer Breite von
54 und einer Tiefe von 34 Metern. Unter dem leuchtend gelbglasierten
Ziegeldoppeldach fallen den Besuchern 10 feingemeißelte
Steinsäulen auf mit einem Durchmesser von mehr als 1
m, worauf je zwei über Wolken fliegende Drachen mit einem
Ball spielen. Hier bietet sich ein chinesisches Meisterwerk
der Architektur und Bildhauerkunst ersten Ranges dar. Früher
standen in der Halle über zehn vorzüglich gearbeitete Statuen
von Konfuzius und seinen Schülern, leider wurden sie während
der Kulturrevolution kurz und klein geschlagen und so völlig
zerstört. Jetzt hängt hier ein Porträt des
Konfuzius und es sind auch ein paar antike Altargeschirre
und Musikinstrumente zur Schau gesellt, die jedoch für die
vernichteten Werke keinen Ersatz bilden können.
Im
Ost- und Westflügel der Halle der Vollkommenheit, wo es noch
insgesamt 80 andere Räume gibt, befinden sich mehr als
700 antike Steintafeln und Steinbasreliefs, welche für die
Forschungsarbeit zur Politik, Wirtschaft, Kriegskunst, Kultur
oder über ehemalige Sitten und Gebräuche kostbares Anschauungsmaterial
bilden.
Die
Steintafeln im Ostflügel der großen Tempelanlage stammen
aus der Zeit zwischen dem ersten und vierzehten Jahrhundert.
Von besonderer Bedeutung sind die 17 Tafeln aus der Han-Dynastie
(im 1. bzw. 2. Jh.), die sich schon wegen ihrer hochwertigen
Kalligraphie, d.h. der alten chinesischen Schriftkunst, auszeichnen.
Übrigens kann man hier auch Steintafeln „Yu Hong Lou-Steindrucke“
sehen, die Kong Jisu, der berühmte Kalligraph in der Qing-Zeit
und Nachkomme des Konfuzius in der 69. Generation gesammelt
hatte und einmeißeln ließ. Diese Gedenksteine
tragen Inschriften in allen chinesischen Schriftzeichenformen
wie zum Beispiel der antiken Siegelschrift, Kurialschrift
und Kursivschrift, beziehungsweise Konzeptschrift und Normalschrift.
Sie bilden eine hervorragende und seltene Sammlung der chinesischen
Schriftkunst und zeigen den historischen Wandlungsprozeß
der chinesischen Schriftzeichen.
Die
Steinbasreliefs im Westflügel, archäologische Funde der
letzten Jahre, sind antike Steinschnitzereien mit typisch
chinesischen Dessins. Ihre Motive beziehen sich hauptsächlich
auf Gedenkzeremonien, Bankette und Festzüge sowie alte Akrobatik-,
Tanz- und Musikszenen. Ein anderes Motiv darunter zeigt ferner,
wie Bian Que, der berühmte Arzt aus den Streitenden Reichen
(475 - 221 v. u. Z.), einen Patienten mit Akupunktur behandelt,
ein besonderer Beweis für die lange Geschichte der chinesischen
Akupunktur.
Die
letzte Halle ist die „Halle der Taten des Weisen Konfuzius“,
wo es 120 im Jahre 1592 eingeschnitzte Serienbilder auf Gedenksteinen
zu sehen gibt, die wichtige Aktivitäten in dem Leben
des Konfuzius veranschaulichen. An diesen hochwertigen Gedenksteinen
kann man klar erkennen, dass Konfuzius als der „Weise“ in
der feudalen Gesellschaft von den Herrschern aller Dynastien
wie ein Götzenidol betrachtet und seine Ideen zur gesellschaftsgeschichtliche
ideologischen Waffe der Unterdrückung des Volkes gemacht wurden.
Trotzdem hat Konfuzius auch bedeutende Entwicklungsbeiträge
zur chinesischen antiken Kultur geleistet, indem er „Sechs
Klassische Werke“ revidierte und Wert auf die Erhaltung alter
chinesischer Gesetze aus der Xia-Dynastie (etwa 21. - 16.
Jh. v. u. Z.), der Westlichen und Östlichen Zhou-Dynastie
legte. Schließlich begründete er den Konfuzianismus,
der den Kerngehalt der chinesischen feudalen Kultur bildete.
In seinem ganzen Leben sammelte Konfuzius reiche Erfahrungen
über das Lernen und das Lehren. Bis heute gebraucht man das
öfteren noch viele Zitate von ihm, wie zum Beispiel:
„Durch Wiederholung kann man auch etwas neues erlernen“ oder
„Bei ernsthafter Belehrung darf man die Geduld nicht verlieren.“