Stauseen
als Lebensprojekte
Als wir nach zehn Jahren wieder ins Gebiet
des Projekts „ein Strom, zwei Flüsse“ fuhren, sahen wir überall
erfreuliche Veränderungen. Von Zetang aus fuhren wir an
der Grabanlage des tibetischen Königs vorbei in die Gemeinde
Qunggo im Kreis Qonggyai. Bereits aus weiter Ferne hatten wir
einen riesigen Staudamm im Blickfeld, der das Qunggo-Tal versperrt.
Das ist der Qunggo-Stausee, die größte Bewässerungsanlage
im Projekt „Ein Strom, zwei Flüsse“. Die Bauarbeiten an diesem
Stausee begannen im Sommer 1994 und endeten 1997, kurz vor der
Rückkehr Hongkongs zu China.
Neben
einem 420 m langen und 47 m hohen Damm verfügt der Qunggo-Stausee
über eine 90 m lange Arbeitsbrücke und einen 233 m langen Ableitungskanal.
Mit einem Fassungsvermögen von 11,58 Millionen Kubikmetern
kann er 4300 Hektar Felder bewässern. Dies gereicht zwei
Kreisen (Qonggyai und Nedong), sieben Gemeinden und 20 Dörfern
zum Vorteil, in denen mehr als 20 000 Menschen leben. Nach der
Inbetriebnahme des Qunggo-Stausees hat sich in diesem Gebiet
der Ertrag pro Hektar von 2250 kg auf 5250 kg erhöht. Damit
wurde der Getreidemangel im Kreis Qonggyai behoben.
Einheimische Bauern erzählten uns, dass
es vor der friedlichen Befreiung in Qonggyai viele bewaffnete
Zusammenstöße über Wasser gab. So musste die lokale
Regierung Wachen und Streifen schicken, um die Ordnung sicherzustellen.
Wer ohne Erlaubnis ein Loch in den Wasserspeicher schlug und
Wasser stahl, wurde mit 500 g Sahne bestraft. Heute spritzt
der Gischt in den Kanälen hoch, wenn das Wasser aus dem
Qunggo-Stausee zur Zeit der Feldbestellung im Frühjahr strömt.
Dank des Qunggo-Stausees hat man 180 Hektar
Felder mit niedrigen Erträgen umgewandelt. An den ehemalig
verwilderten Hängen wurden 260 Hektar Steppe gepflanzt
und 530 Hektar aufgeforstet. In Obstplantagen hat man Apfel-,
Birnen-, Pfirsich- und Aprikosenbäume gepflanzt.
Im
Dorf Kaika im Kreis Xaitongmoin, Bezirk Xigaze, gibt es 800
Bewohner. Kaika bedeutet „gelber Mensch“. Die Zähne und
Knochen der Kaika-Bewohner sind gelb, weil sie seit langem Wasser
aus heißen Quellen mit Fluor und Arsen trinken. Dadurch
können die Skelette deformiert werden. Als Folge davon
erstarrt der Nacken und der Erkrankte kann den Kopf nicht drehen.
Ruft jemand von hinten, muss man sich mit dem ganzen Körper
umdrehen. Wenn man ein Flugzeug am Himmel sehen möchte,
bleibt einem nichts anders übrig, als sich auf den Rücken zu
legen. Das Fluor-Wasser versickerte im Boden, so dass Bäume
nicht in die Höhe wachsen konnten und die Felder nur sehr
niedrige Erträge lieferten. Auch Vögel in diesem Gebiet
hatten Missbildungen. Nach der demokratischen Reform schenkte
die Zentralregierung in Beijing den schlechten Lebensbedingungen
in Kaika große Aufmerksamkeit. Ärzte und Ärztinnen
mit den nötigen Medikamenten wurden hierher geschickt.
Aber aus verschiedenen Gründen konnte das Problem nicht gründlich
gelöst werden.
Im Jahr 1992 führte man auch im Kreis Xaitongmoin
das Projekt „Ein Strom, zwei Flüsse“ ein. Die Wasserversorgung
für Menschen und Haustiere des Dorfes Kaika wurde an erste Stelle
gestellt. Man grub in der Kreisstadt einen tiefen Brunnen und
baute einen Wasserturm. Danach wurde eine 2,5 km lange Rohrleitung
angelegt, die sauberes Wasser ins Dorf Kaika führt. Dafür hat
die Regierung 920 000 Yuan investiert, obwohl Kaika, ein tief
in den Bergen gelegenes Dorf, nur ein paar hundert Bewohner
hat. Dank des sauberen Wassers hat sich die Lebensqualität
der Dorfbewohner wesentlich verbessert. Ihre Zähne werden
immer weißer und ihre Knochen immer normaler. Darüber
hinaus haben sie den Boden melioriert und können sich jetzt
besserer Ernten erfreuen. Aus diesem Grund sagen sie, dass das
Projekt „Ein Strom, zwei Flüsse“ ihr Leben gerettet hat.
Während der Durchführung des Projekts
„ein Strom, zwei Flüsse“ hat man am Mittellauf des Yarlungzangbo
acht Stauseen gebaut bzw. ausgebaut. Wir glauben, dass hinter
jedem von ihnen eine rührende Geschichte steckt, und gerade
diese Geschichten bilden einen Lobgesang für dieses ins neue
Jahrhundert führende Projekt.