Die
traditionellen Eislaternen Nordostchinas
Von
Zhang Shuicheng
Eine
Eislaternen, wird sie nicht schmelzen, wenn man sie anzündet?
Nein, keineswegs. Die Laternen aus Eis in der Stadt Harbin
in der Provinz Heilongjiang haben schon eine ereignisreiche
Geschichte von einem Jahrhundert hinter sich. Im allgemeinen
hängen die Chinesen zum traditionellen Neujahr, dem sogenannten
Frühlingsfest, überall solche Laternen auf. Aber im alten
China waren die Bauern zu arm, um auch nur die billigste Laterne
aus Papier zu erstehen. So entstanden die Laternen aus Eis.
Die Bauern ließen ganz einfach Wasser in einer Tonwanne
zu Eis gefrieren. Dann nahmen sie das Eisstück heraus, höhlten
es in der Mitte aus, und stellten eine Kerze oder eine kleine
Öllampe in das so geschaffene Eisloch. Das ist die einfachste
Eislaterne. Da das Eis sehr dick und das Wetter sehr kalt
ist, kann nur ein bisschen Eis neben der Kerze schmelzen.
Solche Laternen waren oft der einzige Heimschmuck der armen
Bauern.
Bevor es elektrische Birnen gab, dienten
Eislaternen in den Städten Nordostchinas auch zur Erleuchtung
von Tor und Hof.
Jetzt
gibt es während des Frühlings- und zum Laternenfest große
Mengen Eislaternen und Eisbildhauerarbeiten auf dem öffentlichen
Platz und in den Parks der Städte von Nordostchina, die
normalerweise im Winter menschenleer sind. Da auch viele Künstler
sich daran beteiligen, entwickelten sich die verschiedenen
Eislaternen und Eisbildhauerarbeiten immer besser.
Vom Dezember bis zum Februar
herrscht in Harbin durchschnittlich eine Kälte von minus
25° c. Das ist
die Zeit der Eislaternen! Viele Eisstücke wurden vom Songhua-Fluss,
der quer durch die Stadt fließt, per Lastkraftwagen
an die Bearbeitungsplätze transportiert und dann von
Eislaternenkünstlern mit Sägen nach den erforderlichen
Maßen zurechtgeschnitten. Für einen großen „Eisbau“
braucht man mehrere Zentner an Eisstücken. Man kann mit Wasser
auch einzelne Eisstücke wieder zusammenfrieren. An sehr kalten
Tagen ist es möglich, eine große Eisbildhauerarbeit
sogar schon am frühen Mittag schnell anzufertigen. Bunte Birnen
oder Neonröhren werden dann darin eingesetzt. So ist
das kleine Werk geschaffen.
Beim
Hauen von Figuren wie Menschen, Vögel, Tieren können
die Eislaternenschöpfer ihr Können weiter unter
Beweis stellen. Sie hauen mit Hammer und Meißel in das
Eis. Einige Stunden später werden eine Topfpflanze, ein
Eisläufer, ein Karpfen oder ein Huhn fertig sichtbar.
Manche einfachen Modelle kann man auch in Weißblech
gießen. Danach braucht man die Arbeiten nur noch wenig
zu verbessern. Nachdem man sie unter dem kalten blauen Himmel
angeordnet hat, sieht es nun so aus, als ob man sich in einer
Kristall-Werkstatt befände. In der Nacht leuchten alle
diese Eislaternen auf und dann ist es hier wie einer Märchenwelt.
Trotz des eiskalten Winters kommen Tausende von Besuchern
und sehen sich die leuchtende Zauberwelt hier an.
Das berühmte
Werke von Michelangelo, seine beliebten Bilderhauerarbeiten
wurden durch die Jahrhunderte aufbewahrt und geschützt. Aber
so sehr sich diese chinesischen Bildhauerarbeiten aus Eis
auch der Beliebtheit erfreuen, können sie doch nur einige
Wintermonate überdauern und bewahrt werden. Doch im nächsten
Winter zeugen wieder viele neue und andersartige Eislaternen
und Eisbildhauerwerke vom echten künstlerischen Sinn ihrer
Schöpfer, die damit wieder viele Menschen erfreuen.
(Aus „China im Aufbau“, Nr.
1, 1980)