Juli 2002
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Kultur und Kunst

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Tempel und Eunuchen der Ming-Dynastie

 

Von Huo Jianying

 

 

 

In der mittleren und späteren Periode der Ming-Dynastie wurden zahlreiche Tempel gebaut. Historischen Aufzeichnungen zufolge betrug ihre Zahl allein in Beijing mehr als 1000, und fast alle davon hatten mit den Eunuchen zu tun, was mit der gesellschaftlichen und politischen Situation in der Ming-Zeit eng in Verbindung stand.

Schon seit dem 3. Ming-Kaiser Zhu Di (1360-1424) wurden viele Eunuchen auf wichtige Posten bestellt, weil sie dem Kaiser bei der Ergreifung der Macht durch Meuterei geholfen hatten. Unter ihnen war Zheng He. Ihn betraute Zhu Di mit dem Befehl über eine große Flotte, die er sieben Male nach Südostasien und Afrika führte, was das Seeschifffahrtwesen Chinas und den Austausch zwischen China und dem Ausland erheblich förderte. Sieht man sich die Geschichte der Ming-Dynastie als Ganzes an, gab es jedoch viel mehr Eunuchen, die dem Land und dem Volk Unheil brachten.

In der Ming-Dynastie verfügten viele Eunuchen über erhebliche Macht. Wang Zhen, Liu Jin und Wei Zhongxian waren besonders berüchtigt dafür, sie despotisch auszunützen.

Im Jahr 1449 wurde die Ming-Dynastie von einem Nomadenvolk im Norden angegriffen. Wang Zhen bedrängte den Kaiser Zhu Qizhen, persönlich mit einer Truppe von 500 000 Mann dem Feind Widerstand zu leisten. In Datong, Provinz Shanxi, befahl der Kaiser den Rückzug, als er von einer kleinen Niederlage an der Front hörte. Auf dem Rückzug verlangte Wang Zhen vom Kaiser, seine Heimat, den Kreis Wei in der Provinz Hebei, zu besuchen, damit dieser seine Gunst bezeuge. Als Folge davon wurden die Ming-Truppen in Tumubao (heute östlich des Kreises Huailai, Hebei) von der feindlichen Armee eingeholt. Kaiser Zhu Qizhen wurde gefangengenommen und Wang Zhen im Durcheinander getötet.

Nachdem der Bruder Zhu Qizhens den Thron bestiegen hatte, ließ er die ganze Familie Wang Zhens ausrotten und ihr Vermögen konfiszieren. Acht Jahre später wurde Zhu Qizhen freigelassen. Zwar gelang es ihm, den Thron wieder zu besteigen, doch war die Ming-Dynastie nach dieser Palastrevolte schwer angeschlagen.

Zu Lebzeiten ließ Wang Zhen mit Geldern, die er durch Ausbeuterei angesammelt hatte, einen luxuriösen Tempel bauen, nämlich den Zhihua-Tempel. Er liegt im Dongcheng-Bezirk Beijings und ist bis heute erhalten geblieben.

Liu Jin (1451-1510) lebte in der Regierungsperiode des Kaisers Zhengde und wurde allgemein „Jiuqiansui“ (der 9000-Jährige) genannt. Im alten China wurde der Kaiser respektvoll mit „Wansui“ (der 10 000-Jährige) angeredet. Liu Jin hielt nicht nur die Macht des Hofes in der Hand, sondern kontrollierte auch die Geheimdienste der Ming-Dynastie, Dongchang und Xichang. Seiner Alleinherrschaft fielen Tausende von Menschen zum Opfer. Er stiftete den Kaiser Zhengde an, seinen Vergnügungen nachzugehen. Darüber hinaus ließ er mehr als 300 private Grundstücke enteignen, um sogenannte „kaiserliche Landgüter“ zu gründen. Liu Jin nahm auch kein gutes Ende. Er wurde der Konspiration gegen den Kaiser angeklagt und hingerichtet.

Der ebenfalls „Jiuqiansui“ genannte Wei Zhongxian (1568-1627) übertraf die beiden eben erwähnten sogar an Ruchlosigkeit. Da er sich darüber im Klaren war, dass er Todsünden auf dem Gewissen hatte, ließ er landesweit zahlreiche Tempel zu seiner Vergöttlichung bauen. Damit glaubte er, sich schützen zu können. In manchen Tempeln war sein Ebenbild aus Gold. Wer nicht zu seiner Statue betete, egal, ob Beamte oder einfache Leute, wurde ausnahmslos zum Tode verurteilt.

Als der letzte Ming-Kaiser Chongzhen im Jahr 1627 den Thron bestieg, befahl er, Wei Zhongxian und seine unverbesserlichen und halsstarrigen Gefolgsleute zu vernichten, um die Ming-Herrschaft, die in Gefahr schwebte, zu retten. 1644 wurde die Ming-Dynastie durch einen Bauernaufstand unter Führung von Li Zicheng und von mandschurischen Truppen gestürzt.

Die Gründe dafür, dass die Eunuchen in der Ming-Dynastie gern Tempel bauen ließen, liegen erstens darin, dass ihnen der Kaiser Macht und Geld verlieh. Zweitens warben sie dadurch um die Gunst des Kaisers, denn die meisten Ming-Kaiser bekannten sich zum Buddhismus oder Taoismus. Drittens schließlich strebten diese mächtigen Eunuchen nach göttlicher Gnade und einer besseren Wiedergeburt.

Der Bau so vieler Tempel nahm selbstverständlich eine Menge Ackerland in Anspruch. Der Bevölkerung wurde außerdem die Bürde aufgeladen, zahlreiche Mönche und Priester ernähren zu müssen. Es verwundert nicht, dass sich große Unzufriedenheit im Volk breit machte.

Der Tempel des Großen Buddhas

Im 8. Regierungsjahr des Ming-Kaisers Zhengde (1513) erbaut und damals in der westlichen Vorstadt Beijings (dem heutigen Weigongcun) gelegen, wurde ihm vom Kaiser der Name „Tempel der Großen Weisheit“ gegeben. Später wurde er auch „Tempel des Großen Buddhas“ genannt. Während der Regierungsperiode des Ming-Kaisers Jiajing (1522-1567) ließ der Eunuch Mai Fu das taoistische Yousheng-Kloster links vom Tempel des Großen Buddhas und das taoistische Zhenwu-Kloster im dahinter liegenden Berg bauen, um sich beim Kaiser Chongzhen, der sich zum Taoismus bekannte, einzuschmeicheln. Dieser große Komplex mit buddhistischen und taoistischen Tempelanlagen bedeckt eine Fläche von 28 Hektar und umfasst 181 Hallen und Häuser.

Der Eunuch Zhang Xiong, der den Tempel des Großen Buddhas bauen ließ, erlangte zwar keinen zweifelhaften Ruf, besaß aber mehr Macht als ein Shoufu (ein Kanzler im entsprechenden Rang). So ist es nicht verwunderlich, dass er in die prächtigste Halle des Tempels eine 16 m hohe bronzene Statue des Buddhas stellen lassen konnte. Um sie zu schützen, ließ Zhang Xiong außerdem in der selben Halle 28 Statuen der Wachgottheiten aufstellen, die alle mehr als drei Meter hoch sind und sich durch individuelle Gesichter, Mienen und Körperhaltungen auszeichnen. Die große Bronzestatue wurde leider in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts von den japanischen Aggressionstruppen zerstört.

Im Tempel befinden sich ferner meisterhafte, farbige Wandmalereien im Gongbi-Stil, der durch eine feine Pinselführung und eine detaillierte Darstellung gekennzeichnet ist. Die dargestellte Geschichte handelt von einer einfachen Person, die lebenslang Wohltaten getan hat und schließlich unsterblich wird.

Da der Tempel des Großen Buddhas wertvoll für die Erforschung der Architektur, Bildhauerei und Wandmalerei aus der Ming-Dynastie ist, wurde er von der Stadt Beijing als eine der bedeutendsten Kulturstätten bereits im Jahr 1957 unter Denkmalschutz gestellt.         

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