Das
Große Hinggan-Gebirge, ein Stück heile Natur in Nordostchina
Viele Regionen der Welt leiden heute unter Umweltschäden,
doch mehr als die Hälfte des Großen Hinggan-Gebirges
befindet sich noch im Urzustand. Unglaublich, aber wahr! Dieses
Gebirge liegt im Norden der Provinz Heilongjiang. Nur durch den
gleichnamigen Fluss ist es von Russland getrennt.
Bereits in der Altsteinzeit waren hier Menschen
ansässig. Das aus dem Großen Hinggan-Gebirge stammende
Xianbei-Volk hat vom 4. bis zum 6. Jahrhundert den Gelben Fluss
entlang nacheinander die Nördliche Wei-Dynastie , die Nördliche
Qi-Dynastie und die Nördliche Zhou-Dynastie gegründet. In der
Qing-Dynastie (1644-1911) wurden nach einem Dekret von Kaiser Kangxi
32 Läuferpoststationen an einer Straße von Nenjiang nach
Mohe errichtet, die später als „Goldener Weg“ bezeichnet wurde.
Nach der Gründung der Volksrepublik China beschloss
die Zentralregierung, Chinas einzigen Nadelwald in der gemäßigten
kalten Zone zu erschließen und im Großen Hinggan-Gebirge
ein staatliches Forstgebiet anzulegen. So wurden in den letzten
Jahrzehnten manche Urwälder in ein reiches Forstgebiet umgewandelt.
Reichtum an Ressourcen und Erzeugnissen
Als wir Journalisten im Großen Hinggan-Gebirge
ankamen, herrschte dort eiskaltes Wetter. Der Atem gefror sofort
zu Reif. Einen schneebedeckten Weg entlang erreichten wir die Bezirkshauptstadt
Jiageda. Es ist eine kleine Stadt, zu beiden Seiten der Straßen
stehen einstöckige Häuser. Es war in den 60er Jahren,
als aus verschiedenen Provinzen Menschen hierher zum Aufbau des
Forstgebiets übersiedelt sind. Nach weiteren sechs Stunden Fahrt
erreichten wir das Forstamt Huzhong, dem Chinas einziges Naturschutzgebiet
in der kalten Klimazone untersteht. Dieses Naturschutzgebiet hat
eine Fläche von 170 000 Hektar und nimmt den fünften Platz
unter den Naturschutzgebieten ein, die von internationaler Bedeutung
sind. Hier sieht man Urwälder und enge Täler, ein Paradies
von Fauna und Flora im Norden Chinas und ein beliebtes Ziel von
Öko-Touristen.
Das Große Hinggan-Gebirge ist eine grüne
Schatzkammer. Es verfügt über einen Nutzholzvorrat von 510 Millionen
Kubikmetern, was einem Neuntel des Nutzholzvorrats des ganzen Landes
entspricht. Über 100 Arten von Nadel- und Laubbäumen wachsen
hier. Zugleich ist dieses Gebirge ein riesiger zoologischer Garten
in der Natur. Dort leben 33 Arten von seltenen Tieren wie Bären
und Fliegende Drachen (Hover Dragon). Es gibt hier 80 Arten
von Pelztieren, darunter Zobel und Fischotter. Anders als früher
droht diesen Tieren keine Gefahr mehr von Pelztierjägern. Wir
haben erfahren, dass sich die ehemaligen Jäger der Nationalität
Oroqen auf das Züchten von Pilzen verlegt haben.
Im Gebiet des Großen Hinggan-Gebirges gibt
es viele Wildpflanzen, die zum Teil als Heilkräuter genutzt
werden. In der Arzneimittelfabrik Shengtian wird beispielsweise
ein Präparat hergestellt, das besonders wirkungsvoll gegen
Koronarherzkrankheit, zerebrale Thrombose und Atherose angewendet
werden kann. Viele der von hier stammenden Medikamente haben einen
beachtlichen Anteil am Markt. Ferner werden aus Waldbeeren Wein
und Marmelade hergestellt, und die Judasohren, Affen-Kopf-Pilze
(Hericium erinasceus) und andere Pilze sind gefragte Delikatessen,
zumal sie aus der unberührten Natur kommen. Manche davon werden
bereits exportiert.
Schließlich gibt es im Großen Hinggan-Gebirge
auch viele Bodenschätze, darunter Gold, Kohle, Eisen,
Blei, Aluminium, Graphit und Marmor. Die Vorräte von 30 Arten
von Bodenschätzen sind bereits erkundet. Die Perspektiven ihrer
Erschließung sind vielversprechend.
Die Lokalregierung legt großen Wert auf
den Schutz der Ressourcen. Inzwischen wurde ein Wandel von der reinen
Forstwirtschaft zum Aufbau verschiedener Wirtschaftszweige vollzogen.
Auch beim Aufbau der jungen Industrie für Bio-Nahrungsmittel achtet
man sehr auf die Verstärkung des ökologischen Bewusstseins.
Strenge Maßnahmen werden zur Verhinderung von Umweltschäden
ergriffen.
Wirtschaftliche Entwicklung
In der Periode des 9. Fünfjahresplans (1996-2000)
hat man im Großen Hinggan-Gebirge viele Schwierigkeiten wie
Inflation, Knappheit von Material, Wandbrände und Überschwemmung
überwunden. Unter der Leitung von Lokalregierung und Forstamt haben
die Menschen zugleich mit der Durchführung des staatlichen
Waldschutzprojekts die Chance ergriffen, um ihre Gemeinden und Städte
sowie neue Wirtschaftszweige, die schnell wachsen können, aufzubauen.
In einem Interview sagte uns Wang Zhonglin, der
bei der Bevölkerung angesehene Direktor des Forstamts des Großen
Hinggan-Gebirges: „Die Periode des 9. Fünfjahresplans war eine neue
Periode der wirtschaftlichen Entwicklung. Dabei wurde die Reform
der staatlichen Unternehmen beschleunigt. Bei 330 kleinen und mittelgroßen
Unternehmen wurde der Eigentumsstatus bereits geändert. Durch
die Ausführung des Waldschutzprojekts haben die meisten mittelgroßen
und Großunternehmen die Krise überwunden.“ Wang wies ferner
darauf hin, dass die Waldgebiete heute nach wissenschaftlicher Methode
in drei Kategorien eingeteilt seien: In Naturschutzgebiete, in denen
der Holzeinschlag streng verboten sei, in Aufforstungsgebiete und
in Gebiete, in denen bei Vermeidung negativer Auswirkungen Holzschlag
stattfinden dürfe. Dabei müsse man sich an den Grundsatz der Ausnutzung
des Materials halten, d.h. Baumzweige und Späne würden zu Baumaterial
wie z. B. Holzspanplatten verarbeitet.
Nach den Worten von Wang Zhonglin ist man gerade
dabei, von der früheren groben Produktion zu einer intensiven Produktion
überzugehen, d.h. es werde ein Übergang vom quantitativen zu
einem qualitativen Wachstum angestrebt, und zwar durch die Anwendung
neuer Technologien und durch die Erhöhung des Bildungsniveaus
der Mitarbeiter.
Bei der Regulierung der Industriestruktur im Großen
Hinggan-Gebirge wird der Schwerpunkt auf die holzverarbeitende Industrie
gelegt. Zur Zeit gibt es im Bezirk 186 holzverarbeitende Fabriken,
die ihre Effizienz erheblich verbessert haben. Es werden Spanplatten,
Parkette, Möbel usw. hergestellt. Verkauft werden die Produkte
u.a. in Südostasien, Deutschland, Japan, Südkorea, Russland und
Holland.
Das Forstamt Huzhong verwaltet ein großes
Unternehmen. Es ergreift die sich aus dem Projekt des Waldschutzes
ergebene Chance und unternimmt kühne Schritte der Reform. So wurden
bereits Joint-Ventures gegründet, die Möbel im europäischen
und amerikanischen Stil herstellen, die dann in den USA, Deutschland,
Finnland und Schweden verkauft werden. Auch die Produktion von Bio-Nahrung
hat einen großen Umfang erreicht. Beispielsweise werden jährlich
2,5 Millionen Pfund schwarze Judasohren erzeugt.
Der vielversprechende Industriezweig der Bio-Nahrungsmittel
Vor kurzem fand in der Landwirtschaftlichen Ausstellungshalle
in Beijing eine „Woche der Bio-Nahrungsmittel aus Heilongjiang“
statt. Die Besucher zeigten großes Interesse an den Produkten
aus dem Großen Hinggan-Gebirge, und es kommt nicht selten
vor, dass besondere Esswaren in den großen Kaufhäusern
in Beijing schnell ausverkauft sind. Dazu meint Direktor Wang, es
werde sich in der Zukunft noch viel mehr auszahlen, der Bevölkerung
reine, chemiekalienfreie Nahrungsmittel anzubieten. Die Firmen im
Großen Hinggan-Gebirge würden die Warenzeichen, die Preise
und die Kriterien der Qualität vereinheitlichen und die Erschließung
des Markts , insbesondere den Vertrieb, intensivieren.
Im Gebiet des Großen Hinggan-Gebirges gibt
es eine Fläche von 600 000 Hektar, die leicht urbar gemacht
werden kann. 105 000 Hektar sind bereits kultiviert. Dieses Ackerland
hat einen hohen Bestand an organischen Substanzen, und beim landwirtschaftlichen
Anbau werden nur sehr wenige chemische Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel
verwendet. Daneben gibt es noch Ackerland ohne die geringste
Verschmutzung, das eine Fläche von 50 000 Hektar hat. Dieses
Ackerland entspricht den Normen für die Produktion von Bio-Nahrungsmitteln
der Kategorie AA. Dicht aneinanderstehende Bäume bilden einen
natürlichen Schutzwall. Für den landwirtschaftlichen Anbau sind
die klimatischen Bedingungen sehr günstig.
Aufgrund dieser Vorzüge hat die Bio-Nahrungsmittel-Industrie
bereits einen beachtlichen Umfang erreicht. Das mit einem amerikanischen
Partner gegründete Joint-Venture Shengqi-GmbH verarbeitet z.B. die
Blattknospen der Astragalus mongholicus zu Tee, Blaubeeren zu Getränken
und Wildpilze zu Nahrungsmitteln. Und die Lintian-GmbH produziert
Weizenmehl, Sojabohnen, Gartenbohnen und Tiefkühlwildgemüse sowie
Kartoffelstärke. Die Produkte sind auch auf dem internationalen
Markt sehr gefragt.
Erschließung des Gebirges für den Tourismus
Das Große Hinggan-Gebirge hat reiche Ressourcen
für den Tourismus. Von den einzigartigen landschaftlichen Gegebenheiten
ausgehend werden für den Tourismus vier Schwerpunkte gebildet: Urwald,
Schneewelt, Grenzfluß und Polar-Dorf.
Um den Tourismus zu entwickeln, hat die Lokalregierung
des Gebiets des Großen Hinggan-Gebirges viel Geld in den Aufbau
der Infrastruktur investiert. Um den See Xingan und im Polar-Dorf
wurden Ferienhäuser gebaut und Skigebiete angelegt. Es wird
eine breite Palette touristischer Angebote ausgearbeitet, darunter
auch Besuche der von der nationalen Minderheit der Oroqen bewohnte
Gebiete.
Der Kreis Mohe liegt auf dem 53 Grad nördlicher
Breite. In dieser Gegend erscheint um die Sommersonnenwende (etwa
am 21. Juni) das Polar-Licht am Himmel, ein einzigartiges Naturschauspiel.
Das Polar-Licht erscheint in verschiedenen Formen und in einem breiten
Farbenspektrum.
Die Höhle Gaxian liegt im Verwaltungsgebiet
des autonomen Banners der Oroqen, 45 Kilometer von der Bezirkshauptstadt
Jiageda entfernt. In der Höhle fand man Hinterlassenschaften
des Xianbei-Volkes, u.a. Inschriften über die Ahnenverehrung, die
in eine Stele gemeißelt sind. Die Höhle hat eine Länge
von 120 Metern. Einer Überlieferung zufolge lebte einst in
dieser Höhle der Stamm Zuoba des Volkes Xianbei. Unter harten
Lebensbedingungen haben die Angehörigen des Stammes die Anfangsphase
der Entwicklung hinter sich gebracht. Im Jahr 386 gründeten sie
in Datong, Provinz Shanxi, die Nördliche Wei-Dynastie. Sie
übernahmen das Verwaltungssystem des Han-Volks und drangen später
ins Landesinnere vor.
1695 wurde nach einem Dekret des Kaisers Kangxi,
wie bereits erwähnt, eine Straße für die Läuferpost
von Nenjiang nach Mohe angelegt. Sie verlief in Nord-Süd-Richtung
und führte durch die Gebiete mit Goldgruben. Man kann hier sehen,
mit welchen primitiven Werkzeugen einst Gold gewonnen wurde, und
man kann auch beobachten, wie heute mit modernen Anlagen Gold gewonnen
wird.
Eine Reise auf dem Fluß Heilongjiang, der
die Grenzlinie zwischen China und Russland darstellt, bietet viele
interessante Aspekte. Die Flusslandschaft mit ihren Stromschnellen,
Inseln und Schluchten macht die Reise äußert spannend.
Auch eine Reise zur Begegnung mit der Oroqen-Nationalität
wird angeboten. Unter den 55 nationalen Minderheiten Chinas ist
die nationale Minderheit der Oroqen eine der kleinsten. Sie hat
ihre eigene Sprache, aber keine Schrift. Manche ihrer alten Sitten
und Bräuche haben die Oroqen bis heute bewahrt. Gäste
sind ihnen willkommen. Man wird mit den besten Speisen verwöhnt,
und den Abend verbringt man mit den Dorfbewohnern mit Tanz und Gesang
am Lagerfeuer.
Von Zhang Jinghua und Zhao Li
Das
Gebiet des Großen Hinggan-Gebirges:
Wichtige Fakten im Überblick
Das Gebiet des Großen Hinggan-Gebirges
liegt im Grenzgebiet im Norden Chinas und hat eine Fläche von
84 600 Quadratkilometern. Davon hat das Waldgebiet eine Fläche
von 6, 49 Millionen Hektar. 79% der Gesamtfläche sind bewaldet.
Das Gesamtvolumen des Nutzholzes beträgt 510 Millionen Kubikmeter.
Es gibt 330 Arten von seltenen Tieren und 180 Arten von Heilkräutern.
Über 30 Arten von Bodenschätzen wie Gold, Kupfer, Graphit
und Marmorsteine sind erkundet. Die landwirtschaftliche Anbaufläche
beträgt 100 000 Hektar. Das Gebiet des Großen Hinggan-Gebirges
ist reich an Bodenschätzen, seine große Besonderheit
ist die unberührte Natur.
Das Gebiet ist aufgeteilt in drei Kreise, vier
Bezirke und 10 Forstreviere mit ihren jeweiligen Forstämtern.
Die Bezirkshauptstadt ist Jiageda. Das Gebiet hat eine Bevölkerung
von 540 000 Menschen, und die Grenzlinie beträgt 91,5 Kilometer.
Es gibt zwei Zollbehörden der Kategorie 1 an der Grenze in
Mohe und Huma, außerdem noch eine Grenzübergangsstelle in
Luoguhe.
In den letzten 35 Jahren hat sich das Gebiet
des Großen Hinggan-Gebirges zu einer der wichtigsten Produktionsbasen
Chinas für Nutzholz entwickelt. Inzwischen hat ein Wirtschaftssystem
Gestalt angenommen, das die eine holzverarbeitende Industrie, die
Aufforstung, verschiedene Gemeindebetriebe und Privatbetriebe umfasst.
Im Jahr 2000 lag das Bruttosozialprodukt des
Gebiets des Großen Hinggan-Gebirges bei 4,2 Milliarden Yuan,
die durchschnittliche Wachstumsrate (von 1996 bis 2000) betrug 8,2%.
Das durchschnittliche Bruttosozialprodukt pro Person betrug 7759
Yuan und nahm den vierten Platz in der Provinz Heilongjiang ein.
Durch die Erfüllung der im 9. Fünfjahresplan
vorgesehenen Aufgaben wurde eine solide Grundlage für die Durchführung
des 10. Fünfjahresplans (2001-2005) geschaffen. Bis 2005 soll die
gesamte wirtschaftliche Struktur erheblich verbessert werden, wobei
die neuen Industriezweige die führende Rolle spielen sollen. Was
die Industrialisierung, die Urbanisierung und Informationstechnik
sowie den Lebensstandard betrifft, will das Gebiet den vorderen
Platz in der Provinz Heilongjiang einnehmen. Bis 2010 soll das Bruttosozialprodukt
im Vergleich zu dem von 2000 verdoppelt werden und dann bei 8,4
Milliarden Yuan liegen. Bis dahin, so die Pläne, sollen alle
Einwohner einen bescheidenen Wohlstand erreicht haben.
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