August 2005
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Stundenhilfen sind gefragt trotz mancher Probleme

Von Zhou Jian

Die Generation meiner Eltern, die um die 60 ist, hätte nie gedacht, dass ihre Kinder heute keine Hausarbeit mit eigenen Händen mehr verrichten müssen. Zur Verfügung stehen zahlreiche Vermittlungsfirmen für Stundenhilfen im Haushalt.

Ich wohne im 1997 fertiggestellten Wohnviertel Yuhaiyuan (Garten des Jademeeres). Vor drei Jahren gründete eine Bewohnerin Yuhaiyuans eine Vermittlungsfirma für Stundenhilfen namens Jinxishan, bei der mehr als 20 Stundenarbeiterinnen registriert sind. Sie alle kamen vom Land nach Beijing, weil ihre Männer hier als Wanderarbeiter tätig sind. Seit Mitte letzten Jahres stelle ich jedes Wochenende durch diese Firma eine Putzfrau an, die jedesmal drei bis vier Stunden arbeitet. Beim ersten Mal bekam ich eine Kundenkarte mit der Nummer A289, auf der die Telefonnummer und die Adresse der Firma Jinxishan sowie ihr Serviceinhalt stehen. Dafür hatte ich zehn Yuan zu zahlen. Die Putzfrau verdient nur sechs Yuan (ca. 0,6 Euro) pro Stunde. Wenn sie Fensterscheiben putzt, beträgt der Stundenlohn sieben Yuan. Einen Yuan von ihrem Stundenlohn muss sie der Firma Jinxishan als Vermittlungsgebühr abtreten. Im Vergleich zu anderen Großstädten Chinas wie Shanghai und Guangzhou hat der Stundenlohn in Beijing ein relativ niedriges Niveau, was dazu geführt hat, dass nach dem Frühlingsfest im Februar dieses Jahres viel weniger Haushaltshilfen als man gedacht hatte, von ihrer Heimat auf dem Land wieder nach Beijing zurückkehrten.

Meine erste Putzfrau hieß Chi Liying. Sie stammte aus der Provinz Yunnan im Südwesten. In Beijing lebte sie mit ihrem Mann, der als Zeitarbeiter in einer Fabrik tätig war, und ihrem jüngeren achtjährigen Sohn. Als ich hörte, dass ihr älterer Sohn schon 13 Jahre alt war, war ich überrascht und berechnete sofort im Stillen, dass sie bereits im Alter von 17 Jahren Mutter geworden war. Ich fragte sie im Scherz: „Wollen Sie ein drittes Kind?“ Worauf sie sofort antwortete: „Nein, auf keinen Fall. Ein Leben mit drei Kindern könnten mein Mann und ich uns gar nicht leisten.“ Ich fügte hinzu: „Das verstößt auch gegen die Politik der Familienplanung.“ Chi ist groß und spricht wenig. Als ich ihr ein Glas Mineralwasser anbot, war sie ganz gerührt. Dann erfuhr ich, dass sie bei vielen Familien kein Wasser bekam und ab und zu auch nicht so freundlich behandelt wurde. Zwei Monate später kehrte sie aus privaten Gründen in ihre Heimat zurück, ohne Abschied von mir zu nehmen. Vielleicht erachtete sie das nicht für notwendig. Noch heute halte ich sie für die beste Putzfrau unter denen, die ich bisher angestellt habe. Ich bezahle meinen Putzfrauen immer ein bisschen mehr als den ausgemachten Stundenlohn, z. B. 20 Yuan statt 18 Yuan, und gebe ihnen gebrauchte Kleidung, natürlich sauber gewaschen, wenn sie sie haben wollen.

Neben der harten Arbeit und dem geringen Lohn müssen die Stundenhilfen, insbesondere diejenigen, die für Familien arbeiten, das Misstrauen ihrer Arbeitgeber ertragen. Dass Millionen von Wanderarbeitern vom Land in die Stadt strömen, hat in der Tat mehrere gesellschaftliche Probleme wie auch Kriminalität hervorgerufen. So gibt es einerseits eine große Nachfrage nach Stundenhilfen, andererseits hat man aber ein wachsames Auge auf sie. Wenn man etwas in seiner Wohnung verliert, verdächtigt man vor allem die Stundenhilfe des Diebstahls. Seit ungefähr zwei Monaten kann ich zwei Ringe von mir nicht mehr finden. Beide sind aus Platin und der eine hat sogar einen eingefassten Diamanten. Als meine Schwiegermutter das erfuhr, fragte sie sofort: „Meinst du denn nicht, dass deine Putzfrau sie gestohlen hat?“ Ich bin mir aber nicht sicher. Bisher habe ich insgesamt sieben Stundenlöhnerinnen angestellt. Vier davon kamen nur einmal. Meine jetzige Putzfrau arbeitet für mich seit drei Monaten, und ich werde sie weiter anstellen.

Heute sind viele Familien in chinesischen Städten auf Stundenhilfen angewiesen. So sind sie auf dem Markt sehr gefragt. Insbesondere kurz vor und in den Feiertagen zum Frühlingsfest entsteht eine große Lücke, weil nach der chinesischen Tradition fast alle Wanderarbeiter da an ihre Heimatorte zurückkehren, um mit ihren Familienangehörigen dieses Familienfest, wie Weihnachten im Westen, zusammen zu feiern. Dementsprechend nimmt zu dieser Zeit der Stundenlohn zu. Das wäre aber noch nicht das größte Problem dieser Dienstleistungsbranche. Das größte Problem besteht in der Standardisierung der Verwaltung. Die meisten Vermittlungsfirmen für Stundenhilfen werden in China privat betrieben. Wenn z. B. eine Stundenlöhnerin sich in der Wohnung des Arbeitgebers verletzt, ist das Problem schwer zu lösen, weil sie überhaupt nicht versichert ist und alle Seiten die Verantwortung dafür nicht tragen wollen; wenn eine Stundenhilfe etwas Schlechtes getan, z. B. Wertsachen des Arbeitgebers gestohlen, hat, ist sie kaum mehr zu finden, weil von ihr sehr wahrscheinlich bei der Registrierung in der Vermittlungsfirma kein Identitätsausweis verlangt wurde; fast alle Stundenhilfen haben keine Bestätigung für ihren Gesundheitszustand vorzuzeigen, usw.

Vermittlungsfirmen für Stundenhilfen sind einstweilen nur in den größeren Städten Chinas zu finden. Sie beschäftigen fast homogen Wanderarbeiterinnen vom Land. Die Einheimischen finden es erniedrigend, als Stundenhilfe tätig zu sein, und fürchten deshalb, mit dieser Art von Betätigung vor den Verwandten und Bekannten das Gesicht zu verlieren. Männliche Wanderarbeiter können normalerweise eine Arbeitsstelle finden, bei der sie mehr verdienen, z. B. als Bauarbeiter oder Arbeiter für Wohnungsrenovierungen.

Bei der schnellen Entwicklung der Wirtschaft war es außerdem in China nicht zu vermeiden, dass eine große Anzahl von Arbeitern und Angestellten in den traditionellen Industriebranchen wie z. B. der Textilindustrie freigesetzt worden ist. Die Arbeitslosenrate Chinas hat laut der jüngsten Statistik der Regierung Ende Juni dieses Jahres 4,2% erreicht, 0,2% mehr als vor einem halben Jahr. Seit einigen Jahren führt die Regierung das „40-50-Projekt“ durch. Dabei handelt es sich um die über 40-jährigen Frauen und 50-jährigen Männer, die während der Reform der staatseigenen Unternehmen freigesetzt wurden. Für sie ist es schwer, aus eigener Kraft einen neuen Arbeitsplatz zu finden, weil sie nicht mehr jung und aus historischen Gründen nicht gut ausgebildet sind. Für viele Arbeitsstellen sind sie nicht qualifiziert, wenn man sie nicht ausbildet. Außerdem lastet auf diesen Leuten eine besonders große Bürde, weil ihre Kinder noch die Schule besuchen, während die Schulgebühren steigen, und sie gleichzeitig ihren Eltern Unterhalt zu gewähren haben. Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um ihnen beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu helfen, und spornt sie an, Berufe, denen sie gewachsen sind, wie die der Stundenhilfe, auszuüben.

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