Februar 2004
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Die Aktien steigen

Chinesische Aktien sind populär an ausländischen Börsen, doch die einheimischen Märkte stagnieren

Von Mark Godfrey

Die chinesische Wirtschaft hat sich in einen Koloss verwandelt, der Horden von ausländischen Investoren anzieht, die darauf aus sind, Aktien der entstehenden Konzerne zu erwerben. Der Ankauf ist aber nicht einfach. Chinesische Aktien zu erforschen, die an den Börsen in Hong Kong oder New York notiert sind, kann schwierig sein für jemanden, der nicht fließend die Sprache der chinesischen Unternehmensführung spricht. Da Investmentfonds in China neu sind, sehen sich sogar große Finanzinstitute einem teuren, frustrierenden Prozess gegenüber, wenn sie sich entschließen, diesen oft undurchsichtigen Markt zu durchleuchten.

Trotzdem nehmen einige das Risiko in Kauf. Ein neuer Börsenfonds, der von Barclays Global Investors angeboten wird, verfolgt den FTSE/Xinhua 25, einen Index von 25 Firmen auf dem chinesischen Festland, die in China oder in ausländischen Börsen notiert sind. Der Barclaysfonds ist der erste in den USA zugelassene Indexfonds (ETF), der sich exklusiv auf chinesische Firmen spezialisiert. Indexaktien können kontinuierlich ge- und verkauft werden, im Gegensatz zu offenen Investmentfonds, die pro Handelstag zu einem Preis gehandelt werden. Barclays Hauptkonkurrent, State Street Global Advisors, arbeitet mit der Shanghaier Börse zusammen, um einen ähnlichen Fonds zu schaffen, der die 50 führenden Shanghaier Aktien verfolgen wird. PowerShares Capital Management, eine US-amerikanische Vermögensverwaltungsfirma, entwickelt auch einen Fonds, der sich auf chinesische Aktien spezialisiert.

Indexfondsspezialisten erwarten eine große Nachfrage und Einzelinvestoren, die bisher beim Investieren in chinesische Aktien eingeschränkt waren, können nun durch Barclays ETF kaufen, wie dieser an der New Yorker Börse zugelassen ist. Aber chinesische Aktien zu kaufen ist auch riskant. Für normale Investoren sollte dieses neue Finanztool „am besten nur sparsam eingesetzt werden“, sagt Dan Culloton, ein Investmentfondsanalyst der Firma Morningstar Inc., der das Angebot von Barclays studiert hat. „Systemische politische und wirtschaftliche Risiken, Arbeitslosigkeit und Probleme im Bankensektor machen chinesische Märkte extrem unberechenbar.“

Barclays wird sich auf eine kleine Anzahl von Aktien konzentrieren. Seine Hauptzielgruppen sind die Telefongiganten China Telekom und China Mobile, die Ölfirma PetroChina und China Life Insurance. Investoren müssen aber Aktien verschiedener Sektoren kaufen, um sich gegen Preisstürze am Markt abzusichern, sagt Culloton. „Ansonsten verteilt man die Aktienkonzentration nicht... Portfolios, die große Mengen Einzelaktien aufnehmen, tendieren dazu, unberechenbarer zu sein.“ Ein chinesischer ETF bietet Investoren, die unabhängig chinesische Aktien wählen, auch etwas mehr Sicherheit. „Du kannst in einen ETF eintreten und wieder austreten, wie du willst, ohne Austrittsgebühren“, sagt Brad Durham, Generaldirektor von Emerging Portfolio Fund Research. „Sollte es eine plötzliche Krise geben, kann man aussteigen.“

Chinesische Firmen sind relative Neulinge in der Welt der transnationalen Finanz. Der chinesische Markt bekam seine eigenen Realtime-Indizes Ende 2000, als der FTSE Xinhua Index (FXI), ein Jointventure zwischen Xinhua Finance Limited und dem vertrauenswürdigen Londoner FTSE-Index, enstand. FXI erfasst den Handel an der Shanghaier und Shenzhener Börse. Die Indizes werden als Grundlage und Leistungsmaßstab für Trading Derivate und Fonds genommen. Unabhängige Komitees führender Fondsmanager, Derivateexperten und Versicherungsstatistiker überprüfen alle Änderungen der Indizes auf ihre Objektivität hin. Der FTSE/Xinhua-Index, der von Barclays als der Basiswert des Leistungsmaßstabs für seinen rein chinesischen ETF ausgewählt wurde, bewertet im Zug der Gesamtbörsenkapitalisierung die führenden chinesischen Aktien, die für ausländische Investoren erhältlich sind. Unter den Top-25 sind Telekommunikationsfirmen wie China Mobile und China Unicom. Energiegiganten wie PetroChina und China Petroleum & Chemical sind auch darunter. Weiters erwähnenswert sind China Life Insurance, Yanzhou Coal Mining und Aluminium Corp of China. Die Londoner Börse zeigte Interesse an Datang Power und Zhejiang Expressway Ltd., zwei Firmen, die seit kurzem an der Londoner Börse notiert sind.

Internationale Investoren sind interessiert an chinesischen Aktien, aber viel mehr Durchsichtigkeit ist von Nöten in den sich rasch entwickelnden chinesischen Kapitalmärkten. „Investoren konzentrieren sich sehr auf die Unternehmensführung chinesischer Firmen – und besonders auf die Art und Weise ihrer Kommunikation“, sagt Mark Hynes, Generaldirektor der Abteilung Investorenbeziehungen der Xinhua PR Newswire. „Firmen, die weitreichend kommunizieren, erweitern ihren Zugriff auf institutionelle und Einzelhandelsinvestoren massiv und haben den Vorteil größerer Bekanntheit.“

Die kurzfristigen Risiken von Chinainvestitionen sind schwer einzuschätzen. Viele ausländische Wirtschaftswissenschaftler haben befürchtet, dass der Aufschwung des Landes nicht nachhaltig wäre, doch chinesische Beamte sagten während kürzlichen Sitzungen des Internationalen Währungsfonds, dass die Inflation unter sechs Prozent läge und finanzielle Unterstützung für die glühend heißen Sektoren eingeschränkt würden. In den meisten Fällen ist jedoch diese Mahnung wohl abhängig von Chinas langfristigen Aussichten. „Wenn man sich die langfristige Zukunft, die Wachstumsraten, ansieht, ist China ein weites Feld“, sagt Durham. „Man kann eine Menge von kurzfristigen Faktoren falsch einschätzen und wenn du lange Zeit im Chinamarkt bist, wirst du im Endeffekt Erfolg haben.“

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