Februar 2004
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Was zeigt der Anstieg

der RMB-Zinssätze?

Von Sui Jianxiong und Mitarbeiter Li Wuzhou

Am 28. Oktober 2004 machte die People’s Bank of China nach ungefähr einem Jahrzehnt der Verminderungen eine Kehrtwendung und verkündete eine 0,27 prozentige Anhebung der RMB-Zinssätze. Diese scheinbar inkonsequente Anhebung zog einen ziemlichen Aufruhr an den internationalen Märkten nach sich. Die Bergbauaktien stürzten wie auch der Preis von Metall und Erdöl-Termingeschäften. Diese Reaktionen der Investoren sind nur ein Anzeichen dafür, dass die chinesische Wirtschaft eine Hauptantriebskraft des globalen Wirtschaftswachstums ist. Chinas riesige Nachfrage hat hohe Preise für Öl und andere Stapelwaren am internationalen Markt aufrechterhalten und internationale Spekulanten brennen darauf, ihr Fluchtkapital nach China fließen zu lassen, und ausländische Investoren sehen China ebenfalls als potentielles Klondike.

Für viele kündigt der Anstieg der Zinssätze einen bevorstehenden flexiblen RMB-Kurs an. Ist es wirklich der Auftakt zu einem Wandel der chinesischen Devisenkurspolitik? Wenn steigende RMB-Zinssatzanpassungen weiter bestehen, wie wird die Weltwirtschaft dadurch beeinflusst und bedeutet der Fluss von Fluchtkapital nach China eine Bedrohung für die chinesische Wirtschaft? Mit diesen Fragen im Kopf interviewten wir Jia Moyue, internationale Finanzexpertin und Professorin und Dekanin des Finanzinstituts der Capital University of Economics and Business.

Der Einfluss auf die Weltwirtschaft

Laut Jia Moyue wird sich der Anstieg der RMB-Zinssätze in der internationalen Wirtschaft deutlicher bemerkbar machen als in der einheimischen. Ausländische Investoren, die lokale Kredite aufnehmen, um Unternehmen oder Produktionsanlagen zu gründen, werden höhere Zinssätze zahlen und Exportpreise chinesischer Waren werden kontinuierlich steigen, wodurch ihre Konkurrenzfähigkeit am internationalen Markt abnimmt. Viele ausländische Investoren bestreiten, dass höhere Zinssätze ihre Chinageschäfte beeinträchtigen, aber wenn der Trend fortdauert, wird der Fluss von ausländischem Kapital nach China unausweichlich gehemmt.

Der Anstieg der RMB-Zinssätze stellt auch eine Herausforderung für jene Länder dar, deren Exportwachstum von China abhängt. 2003 steuerte China mehr als 40 Prozent zum Exportwachstum Japans und der Republik Korea bei und 28 Prozent zum deutschen. China ist auch ein großer Markt für die Länder Südostasiens und wenn, wie erwartet, der Anstieg der Zinssätze das chinesische Wirtschaftswachstum verlangsamt, werden ihre Exporte darunter leiden. Von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet kann China jedoch durch das Anheben der RMB-Zinssätze die überhitzte Wirtschaft abkühlen und den Konsumbedarf am internationalen Markt  beständig wachsen lassen. Das würde für die Weltwirtschaft langfristige Vorteile bringen.

Am bedeutsamsten ist, dass die Botschaft, die diese Anpassung dem internationalen Markt übermittelt, ist, dass China seinen eisernen Griff auf die Zinssatzkontrolle gelockert hat und dass es in Zukunft durch Markt- und nicht durch Verwaltungserwägungen geleitet wird. Das bedeutet einen weiteren Riesenschritt in Richtung Marktwirtchaft und ist eine gute Nachricht für all die Länder und Unternehmen, die hoffen, ihre Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit mit China auszuweiten.

Anstieg der RMB-Devisenkurse unwahrscheinlich

China stand lange Zeit unter dem Druck der USA und anderer Länder, den RMB aufzuwerten. Zinssätze und Devisenkurse sind eng miteinander verbunden und die RMB-Aufwertung wäre für China von Vorteil, da es Devisen sparen könnte beim Ankauf von Rohöl und anderen Rohstoffen am internationalen Markt. Wird China seine Kontrolle über die Devisenkurse lockern?

Jia Moyue denkt nicht. Die RMB-Aufwertung würde die Preise chinesischer Waren am internationalen Markt erhöhen und Chinas Export, der die Hauptunterstützung für den Arbeitsmarkt des Landes und das allgemeine Wirtschaftswachstum ist, nachteilig beeinflussen. Angehobene Zinssätze andererseits verlangsamen das aufkeimende Wirtschaftswachstum und schränken Exporte ein, ein ähnliches Resultat, wie eine RMB-Aufwertung, auf die die USA und andere Länder drängten. Aber es gibt noch jene, die meinen, dass die USA trotz dem weit verbreiteten Aufruf zur RMB-Aufwertung, vorzögen, dass diese nicht passierte. Warum? Einfach: Chinesische Waren werden in den USA zum zehnfachen Preis des Importpreises weiterverkauft. Wal-Mart zum Beispiel bezieht Hemden aus China zum Preis von 10 US-Dollar pro Duzent und verkauft sie in den Vereinigten Staaten zu 120 US-Dollar pro Duzent. Wenn der RMB auch nur um 100 Prozent angehoben würde, könnte das den Wettbewerbsvorteil der chinesischen Produktionsindustrie mit ihren niedrigen Produktionspreisen nicht von Grund auf ändern, angesichts der 10fachen Disparität zwischen dem Import- und dem Verkaufspreis in den USA. Andererseits müssten die USA zu höheren Preisen Waren von China importieren, was zu einem noch größeren Preissaldo im Außenhandel der USA mit China führen würde.

Wird Fluchtkapital nach China fließen?

Jia Moyue denkt, dass die Anhebung der Zinssätze eher symbolische als praktische Bedeutung hat, da sie einen Präzedenzfall für marktorientierte Anpassungen der Zinssätze darstellt. Wenn aber der chinesische Verbraucherpreisindex weiter steigt, wird die Zentralbank sie möglicherweise noch einmal erhöhen. Wirtschaftler von JP Morgan sagen vorher, dass China diesen Trend während 2005 beibehalten wird. Laut Fan Jianping, Vizedirektor des Staatlichen Informationszentrums Chinas, gibt es aber noch immer Spielraum für weitere Anstiege der RMB-Zinssätze, die die chinesischen Hersteller und Konsumenten nicht abträglich beeinflussen würden.

Zwischen 28. Juni und 21. September 2004 erhöhte die US-Zentralbank die Dollar-Zinssätze dreimal, von 1 Prozent auf 1,75 Prozent, aber die kürzliche Anhebung der RMB-Zinssätze brachte den RMB-Basiszinssatz auf ein höheres Niveau als den des US-Dollars. Wenn RMB-Zinssätze weiterhin steigen, wird die Ungleichheit zwischen den zwei Währungen vergrößert und dadurch würden internationale Spekulanten ermutigt, mehr Fluchtkapital nach China fließen zu lassen. Unsichere wirtschaftliche Entwicklungen in den USA, Japan und Europa können auch dazu führen, dass internationales ungenutztes Kapital auf den RMB gesetzt wird. Allein in den ersten Monaten des Jahres 2004 flossen mehr als 60 Mrd. US-Dollar Fluchtkapital nach China.

Da die asiatische Finanzkrise gleichzeitig ausgelöst wurde, ist China nun achtsam und unternimmt Maßnahmen, um einer Wiederholung dieser Katastrophe vorzubeugen. Eine von Seiten des Staatlichen Amtes für Devisenkontrolle war, innerhalb eines Monats zwei Rundschreiben herauszugeben, die internationale Spekulanten abschrecken sollten, mit RMB an der Börse zu handeln, und auch entschiedene Maßnahmen ergriffen, um sich gegen den Zustrom von Fluchtkapital in Form von Scheininvestitionen und Handelsabkommen zu schützen.

Am 11. November 2004, zwei Wochen nach Anhebung des RMB-Zinssatzes, hob die US Staatsbank den 1,75 Prozent US-Dollar-Basiszinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2 Prozent an. Das wurde weithin als Gegenmaßnahme interpretiert. Der Anstieg des US-Dollar-Zinssatzes könnte internationales Fluchtkapital von China wegleiten, und wenn der US-Dollar-Zinssatz weiterhin höher ist als der des RMB, wird vorausgesagt, dass internationale Investitionen gemeinsam mit einheimischem Kapital aus China hinausfließen wird. Das wird der chinesischen Wirtschaft einen ernsthaften Hieb versetzen.

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