Februar 2004
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Chinas Reichtum: die Erste Nationale Wirtschaftserhebung

Von Luo Yuanjun

Reichtum definieren

Die Rupert Hoogewerf-Liste der 100 reichsten Chinesen 2004 wurde am 13. Oktober 2004 herausgegeben. In Führung lag der 35-jährige Huang Guangyu, Generaldirektor von Gome Electronics. Huang, mit einem gemeldeten Privatvermögen von 10,5 Milliarden Yuan, bestreitet, den Titel „reichster Mann in China“ zurecht zu führen: „Es gibt so viele reiche Besitzer von Privatunternehmen in China, ich kann nicht der reichste sein.“

Es ist schwierig, die Nummer der chinesischen Geldsäcke einzuschätzen. Rupert Hoogewerf ermittelte den persönlichen Reichtum aus drei Aspekten: Firmenprofite, die Aktienanteile, die der Besitzer an der Firma hält, und das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Firmenaktien reflektieren alleine nicht den Reichtum eines Einzelnen in China und Rupert Hoogewerfs Liste beinhaltet keine reichen Leute ohne Investitionen.

„Es ist schwierig, reiche Leute zu erkennen“, sagt Wang Wu, ein Taxifahrer. „Viele reiche Chinesen ziehen sich salopp an und fahren ganz normale Autos; wenige leben in Luxusvillen.“ Es ist wahr, dass Chinesen zurückhaltend sind, ihren Reichtum zur Schau zu stellen und nur vor zehn Jahren gab es Berichte von Bargeld, das in geheimen Schlupfwinkeln und Verstecken lag und von Insekten verspeist wurde. Die Zeiten haben sich geändert, die meisten Leute anerkennen, dass die Bank der sicherste Ort für die Geldaufbewahrung ist, obwohl Zinssatzschwankungen manchmal zu Währungsabwertungen führen. In den 80er Jahren hatte der Mittelschullehrer Shen San einen größeren Bargeldbestand in der Bank als alle anderen Lehrer der Schule. Heute ist er einer der ärmsten von all seinen Kollegen, da er im Gegensatz zu ihnen nie investiert hat.

Am 28. Oktober 2004 verkündete die Chinesische Volksbank eine Zinssatzsteigerung, die erste in neun Jahren. Die Nachricht hatte sofortige Auswirkungen auf einheimische und internationale Finanzmärkte. Doch trotz dieser Steigerung werfen chinesische Bankguthaben noch immer keinen Gewinn ab, weil die chinesische Regierung eher Investitionen als Bankeinlagen fördert. Das Resultat ist, dass immer mehr Chinesen in Aktien, Immobilien, Gold und Antiquitäten investieren. Die Zahl der Unternehmer nahm zu.

Ein klareres Bild bekommen

Chinas Sekundär- und Tertiärsektoren florierten in den letzten zwei Jahrzehnten und ihr Anteil an der heimischen Wirtschaft steigt rapide. 2003 war die Wertschöpfung dieser zwei Bereiche ungefähr 10 Billionen Yuan und nahm damit 85 Prozent des chinesischen Bruttosozialproduktes ein. Seit dieser Entwicklung ist eine große Anzahl bäuerlicher Wanderarbeiter der städtischen Arbeiterschaft als Fabrikarbeiter oder im Dienstleistungsbereich beigetreten. Manche haben ihr eigenes Geschäft gegründet.

Das Ziel der Nationalen Wirtschaftserhebung 2004 war, ein klareres Bild des Entwicklungsausmaßes, der Wirtschaftsstruktur und der wirtschaftlichen Wertentwicklung des Sekundär- und Tertiärsektors zu bekommen. Ein weiteres Ziel war, eine Datenbank über diese Unternehmen zu erstellen, um exaktere Grundlagen für die Erforschung und Formulierung von nationalen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsplänen zu bieten.

Laut ihrer Richtlinien umfasst diese Wirtschaftserhebung alle Individuen und Unternehmen mit fixen Standorten, die in lokalen Institutionen der Verwaltung von Industrie und Handel registriert sind. Die Art ihrer Arbeit und ihre Arbeitsumgebung sind irrelevant. Zhang Shan ist ein pensionierter Arbeiter, der eine kleine Fahrradreparaturwerkstätte am Straßenrand betreibt und ein bescheidenes, aber regelmäßiges Einkommen hat. Ihn erstaunte seine Aufnahme in die Erhebung. In manchen Orten beinhalteten die Untersuchungen so minimale wirtschaftliche Aktivitäten wie Babysitting.

Während der Vorbereitungsphase in Beijing wurden mehr als 50 Formulare konzipiert, die 2000 wirtschaftliche Indizes umfassten für die Gebiete Industrie, Bauindustrie, Großhandel, Einzelhandel, Hotel- und Gaststättengewerbe, Immobilien, Finanzwesen, Transport, Telekommunikation, Tertiärsektor und Erhebung von Statistiken. Die Untersuchungen wurden später auf mehr als 60 Formulare über 2300 Indizes, die breitere gesellschaftliche Bereiche wie Kultur, Sport, Ausstellungen und Werbefirmen umfassten, ausgedehnt.

Die Absicht dieser Nationalen Wirtschaftserhebung ist, alle Bereiche der Gesellschaft abzudecken. Da Selbstständige aber weit verstreut und in allen möglichen Aktivitäten involviert sind, ist es schwierig, umfangreiche Informationen zu bekommen. Stichprobenerhebungen werden deshalb für die Produktions- und Wirtschaftssituation der Selbstständigen verwendet, um vor allem deren Grunddaten zu erheben.

Da Chinesen abgeneigt sind, das Ausmaß ihres Reichtums bekannt zu geben, werden nicht alle Daten stichhaltig sein. Für diese Umstände wandte das Statistikbüro besondere Maßnahmen an, um die fraglichen Zahlen zu bekommen. Z. B. wird ein Privatunternehmer seinen Nettogewinn nur ungern preisgeben, aber wenn er gebeten wird, über unangemessene Verwaltungsabgaben zu sprechen, wird er mehr als gewillt sein, seine Meinung kundzutun. In manchen Fällen werden sogar Rechnungen vorgelegt.

„Wir können nicht alle Methoden verraten, die wir in der Erhebung benutzten“, sagt Li Qiang, Vizedirektor und Sprecher des Wirtschaftserhebungsbüros des Staatsrates. „Es genügt zu sagen, dass die Zahlen, die dem Staatlichen Statistikbüro übergeben werden, das eine umfassende und ausgewogene Evaluierung und Analyse durchführen wird, zuverlässig sind. Z. B. wenn ein Unternehmen Produkte produziert, die eine Million Yuan wert sind, werden sie über vier mögliche Wege vertrieben: Konsum, Investition, Export oder Import. Ansonsten werden sie in Reserve gehalten. Detaillierte Analysen dieser Zahlen zeigen, ob die Statistiken, die eine Firma vorgelegt hat, der Wahrheit entsprechen oder nicht.“

In den letzten Jahren kam in China ein eigenartiges Phänomen auf: die Namen einiger reicher Unternehmer verschwanden von Chinas „Liste der Reichsten“. Es wurde gemunkelt, dass sie keine klare Darstellung der Quellen ihres Reichtums geben konnten. Das machte Unternehmensmanager besonders vorsichtig, was ihre Finanzen anging, was die Erhebung noch erschwerte.

Entwickelte Länder führen alle fünf Jahre eine Wirtschaftserhebung durch. Die Nationale Wirtschaftserhebung Chinas 2004 wird diesem Beispiel folgen und die nächste ist für den 31. Dezember 2008 angesetzt.

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