Juli 2004
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Chinesische Pavillons

Von Feng Zhongping

In nahezu allen chinesischen Gartenanlagen stehen Pavillons. Als abwechselungsreiches und graziöses Gestaltungselement ragen sie von Berghängen auf, stehen sie neben Hallen und Tempeln oder laden sie am Ufer von Flüssen und Seen zur Rast ein.

Ein historischer Überblick

Schon im Altertum Chinas wurden Pavillons gebaut. An Verkehrswegen und städtischen Straßen standen Pavillons zum Ausruhen. Über dem Stadttor stand meist ein Pavillon, in dem der Flaggenmast aufgerichtet wurde. Die Wachen an der Staatsgrenze schützten sich in Pavillons vor den Unbilden der Witterung. Brunnen wurden oft mit Pavillons überdacht. Ansonsten dienten sie meist dazu, mit Inschriften versehene Steinstelen aufzubewahren, außerdem auch als Glocken- und Trommeltürme.

Nach den Überlieferungen sind Pavillons als Gebäudeform auf die Sui-Zeit zurückzuführen, in der man sie zum ersten Mal in die Gartenbauarchitektur einführte, und damit schon 1500 Jahre alt. In Xiyuan (dem heutigen Luoyang in Henan) z. B. hatte Yang Guang, der zweite Kaiser der Sui-Zeit, beim Stadtbau einen prächtigen „Lustpavillon“ anlegen lassen. Während der Tang-Zeit (618–907) befanden sich allein in den kaiserlichen Gärten nördlich der Hauptstadt Chang’an (dem heutigen Xi’an in Shaanxi) insgesamt vierundzwanzig Pavillons. Weiteren Aufzeichnungen zufolge gab es zur gleichen Zeit einen Pavillontyp namens Ziyuting. Über sein Dach wurde permanent Wasser geleitet, so dass es darunter immer schön kühl war. Überhaupt fanden Pavillons in der Zeit vom 14. bis zum 19. Jahrhundert überall in großem Ausmaß Verwendung im Gartenbau. Manche davon sind noch heute erhalten.

Merkmale

Pavillons, ob groß, ob klein, lassen sich vielfältig und zu jeder Umgebung passend gestalten. Ihre Formgebung hängt von der vorhandenen Fläche, der gewünschten Konstruktion und der Dachart ab.

Wegen seiner guten Verarbeitungs- und Transportfähigkeit wurde im Altertum immer Holz als Baumaterial für Pavillons und andere Gebäude verwendet. Dies ermöglichte günstige Formgebungen, die der damaligen und auch der heutigen Ästhetik entsprachen. Zusammen mit ihrem vielfach gegliederten Dach, den lackierten Säulen und dem steinernen Sockel fügen sich die Pavillons so stimmig in die Umgebung ein, dass sie als Bauwerke aus den anderen Zweckbauten weit herausragen.

Chinesische Pavillons zeichnen sich durch ihre kunstvollen Dachkonstruktionen aus. Beim Spitzdach laufen alle Dachfirste von der Mitte der sie tragenden Säulen in einem eleganten Kurvenverlauf spitz in der Mitte zusammen, wo sie von einem Dachornament abgeschlossen werden.

Die Ecken der Dachtraufen sind im Allgemeinen hochgezogen. In Nordchina werden sie leicht, in Südchina stark nach oben gebogen. Die nordchinesischen Dächer wirken so eher sicher und ruhig, die südchinesischen elegant.

Die Pavillons in den kaiserlichen Gärten Nordchinas sind normalerweise mit farbig glasierten Ziegeln, roten Säulen und buntbemalten Balken sowie mit schneeweißen Marmorgeländern und Sockeln versehen. In südchinesischen Gärten pflegt man die Pavillons mit grauen Ziegeln zu decken; die Balken sind meist dunkelbraun gehalten, was die Eleganz ihrer Dächer durch die Schlichtheit des Pavillonkörpers noch verstärkt.

Chinesische Pavillons waren ursprünglich alle viereckig und klein. Ihr Holzdach war gewöhnlich nur mit Stroh oder Ziegeln gedeckt. Mit der Zeit bildeten sich vieleckige, kreis- und kreuzförmige und andere Typen heraus, darunter auch Pavillonkomplexe und zweistöckige Pavillons.

Baustile

In China sind heute folgende Pavillontypen anzutreffen:

        Dreieckige Pavillons mit Spitzdach: Bei dieser Pavillonform wird das Dach von drei Säulen gestützt. Ein Beispiel dafür ist der dreieckige Pavillon auf der Insel Santanyinyue („Mondspiegelungen bei den drei steinernen Pagoden“) im Westsee bei Hangzhou.

        Mehreckige Pavillons mit ein- oder mehrstufigem Dach: Ihre Dächer sind ebenfalls spitz, ihre Form dagegen sieht sechs oder acht Ecken vor. Ihre Konstruktion ist schlicht, deshalb aber nicht weniger würdevoll. Solche Pavillons können separat oder als Unterbrechung und Auflockerung eines Wandelganges errichtet werden. Pavillons in Wandelgängen heben sich stets durch ihre mehrfach abgesetzten Dachkonstruktionen vom Gang selbst ab. Derartige Pavillons sind in den kaiserlichen Gartenanlagen Nordchinas sehr häufig anzutreffen; der achteckige Pavillon im Sommerpalast von Beijing ist das größte Bauwerk dieser Art in China. Die Pavillons mit mehrfach abgesetzten Dächern sind wohl die ausgefeilteste Bauform; jedoch ist „mehr“ dabei nicht unbedingt besser. Ein dreifaches Dach lässt sich von einem vier- oder fünffachen durchaus nicht übertreffen. In diese Kategorie gehört der Wanchun-Pavillon (Pavillon des ewigen Frühlings) auf dem Berggipfel des Jingshan in Beijing. Als Mittelpunkt vierer weiterer symmetrisch angeordneter Pavillons ragt er aus ihrer Linie hervor und bilden einen harmonischen Kontrapunkt zum gegenüberliegenden Kaiserpalast.

        Pavillons mit einem Juanpeng- oder Xieshan-Dach: Diese beiden Dachformen ähneln Sattel- und Walmdächern, haben aber ihre traditionellen chinesischen Eigenarten. Während das Juanpeng-Dach keinen deutlich sichtbaren Dachfirst hat, da sein oberer Teil zu einer Wölbung abgeflacht ist, besteht das Xieshan-Dach an seinem Unterteil aus vier abgeschrägten Dachflächen, auf die ein „normales“ Dach mit zwei senkrechten Giebeln gesetzt wird. Dieser Pavillontyp ist recht- oder achteckig, trapez- oder fächerförmig. Bei dieser Pavillonform ist die offene Seite der schönsten Landschaft zugewandt; an der Rückseite und den anderen Seiten, falls vorhanden, werden die weißen Wände durch formenreiche Aussichtsfenster aufgelockert.

        Pavillongruppen: Diese Konstruktion besteht aus zwei oder mehr ineinandergeschachtelten Bauten. Der Hui-Pavillon auf dem „Berg der Langlebigkeit“ im Sommerpalast z. B. ist aus zwei sechseckigen Pavillons zusammengesetzt. Wenn man ihn vom Kunming-See aus sieht, sieht er aus wie zwei große Seite an Seite stehende, geöffnete Regenschirme. Im Beihai-Park in Beijing ist ein weiteres Beispiel zu finden, der Fünf-Drachen-Pavillon. Fünf Pavillons sind in einer bestimmten Komposition angeordnet. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Beispiele für die Kombination von Pavillons.

        Halbpavillons: Wenn ein Pavillon an eine Wand angefügt wird, entsteht – der Name sagt es bereits – ein Halbpavillon. Es ist auch möglich, in einen Wandelgang einen Halbpavillon einzufügen, indem nämlich ein Teil des Wandelganges einfach zur Seite ausgebaut wird.

        In Süd- und Nordchina gibt es noch jeweils einen Bronzepavillon. Der im Süden, Jindian genannt, wurde im Jahre 1670 aus Bronze und Messing gegossen. Er steht in einem nördlichen Vorort der Stadt Kunming, wo damals Bronze produziert wurde und die Gusstechnik gut entwickelt war. Der andere stammt aus dem Jahre 1750 und findet sich im Sommerpalast.

Der richtige Pavillon am richtigen Platz

Die chinesischen Pavillons dienen zum Genuss der Landschaft, doch gleichzeitig verschönern sie sie. Daher müssen sie sich harmonisch in ihre Umgebung einfügen, so dass sie selbst Teil (und schöner Teil) der Gesamtszenerie werden. Ihre Anordnung spielt dabei eine bedeutsame Rolle. In den nordchinesischen kaiserlichen Gärten gibt es viel Raum, die Sicht reicht weit. Für die Aufstellung von Pavillons ist es somit zweifelsohne erforderlich, diese Eigenschaften auszunutzen. So wandert der Blick vom Zhichun-Pavillon am östlichen Ufer des Kunming-Sees im Sommerpalast zum „Berg der Langlebigkeit“ im Norden und hinüber zum Damm im Westen und der Insel im Süden; dem Betrachter bietet sich die Landschaft der endlosen traditionellen chinesischen Bildrollen.

Die Privatgärten der Literati in Südchina sind dagegen durch beschränkten Raum und ein eingeschränktes Sichtfeld charakterisiert. Demzufolge liegt hier der Schwerpunkt auf der Anordnung der Pavillons, auf ihrem „Gewicht“ im Verhältnis zu den anderen Dingen im Garten – Berge, Bächer, Brücken, Blumen und Bäume –, auf einer wohldurchdachten Konzeption also, die auch in einem kleinen Garten eine absechselungsreiche Landschaft zu schaffen in der Lage ist und so einen künstlerischen Effekt hervorbringt, der den beschränkten Raum groß erscheinen lässt.

Der Auto ist Dozent an der Architektur-Abteilung der Qinghua-Universität. Er ist der Verfasser des Werks „Die Architektur der Chinesischen Gartenanlagen“.

Aus „China im Aufbau“, Nr. 6, 1983
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