Februar 2002
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Wirtschaft

 

Tonfigürchen aus Huishan

Die Stadt Wuxi, am Unterlauf des Yangtse gelegen, ist nicht nur als ein attraktives Reiseziel, sondern auch für Tonfigürchen aus Huishan bekannt. In- und ausländische Touristen kaufen dort als kunstgewerbliches Mitbringsel gerne Huishan-Tonfigürchen, die das exotische Flair der Volkskunst aus dem Osten besitzen.

Der Berg Huishan liegt im Westen der Stadt Wuxi. Drei Meter unter der Erde am Fuß des Huishan findet man den besonderen Lehm, der sich dadurch auszeichnet, dass er nach dem Trocknen keine Risse bekommt. Dieser unansehnliche Lehm wird durch Schlagen, Kneten, Formen und Färben von Künstlern zu lebendigen Tonfiguren gestaltet. Man kann die Geschicklichkeit der Kunsthandwerker nur bewundern, denn sie benutzen zum Formen des Lehms außer ihren Händen lediglich für die Feinarbeiten einfache Werkzeuge wie Stahl-, Bambus- und Büffelhornmesser. Die fertigen Figuren brauchen nicht gebrannt zu werden , man lässt sie einfach einige Tage im Schatten trocknen. Wenn man sie richtig aufbewahrt und nicht fallen lässt, halten sie sich viele Jahre.  

Die Kunst des Tonfigurenformens in Huishan hat eine Geschichte von mehr als 400 Jahren. Am Anfang galt die Anfertigung von Tonfigürchen als ein häusliches Nebengewerbe der Bauern in Huishan. Sie machten und verkauften nur in ihrer Mußezeit Tonfigürchen, die meistens kleine Buddha-, Menschen- und Tierfiguren darstellten.

In den ersten Jahren der Qing-Dynastie (1644-1911) entstanden einige Werkstätten, die saisonal Tonfigürchen anfertigten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sie sich zu den größeren Manufakturen, die ausschließlich Tonfigürchen produzierten. Die Produktpalette verbreiterte sich im Lauf der Zeit. Man begann mit dem Formen der Figuren aus den Volkssagen und Legenden wie die Langlebigen Alten mit Pfirsichkopf und weißen Haaren,  die Blumen ausstreuenden Feen, imposante Generäle und lustige Kinder.

Besonders zu erwähnen sind die Katzenfigürchen, die damals in den Provinzen Jiangsu und Zhejiang vor allem bei den Familien der Raupenzüchter beliebt waren. Einer Legende zufolge war ein alter Meister in Huishan für seine Katzenfigürchen bekannt, die mit ihren strahlenden Augen wie lebendig wirkten. Eine junge Raupenzüchterin kaufte ein solches bei ihm und ließ es in der Raupenstube in der Hoffnung stehen, dass es Mäuse fernhalten könnte. Es geschah wirklich so. Früher musste sie wie andere Raupenzüchter in der Nacht in der Raupenstube schlafen und mehrmals aufstehen, um die Mäuse zu vertreiben. „Die Mäuse fürchten sich vor der kleinen Tonkatze!“ – Diese Nachricht verbreitete sich sehr schnell unter den Raupenzüchtern. Alle kauften in Huishan kleine Tonkatzen und nannten sie „Raupenkatze“. Diese Raupenkatzen von Huishan wurden dann, besonders in der Raupenzuchtsaison, stark gefragt.

Damals war die Kunst der Huishan-Tonfigürchen so hochentwickelt, dass zum Beispiel die Werke des Volkskünstlers Wang Chunlin als Tribut an den Kaiserhof der Qing-Dynastie gesandt wurden. Sie waren im Pavillon des Buddhistischen Wohlgeruchs im Sommerpalast aufbewahrt, bis sie 1900 von den Soldaten der verbündeten Streitkräfte der acht Mächte bei ihrer Besatzung Beijings geraubt wurden.

In der Mitte und der späteren Qing-Dynastie trat die Kunst der Huishan-Tonfiguren mit der Verbreitung der Kunqu-Oper und der Pekingoper in ein neues Zeitalter ein. Zahlreiche Tonfiguren wurden den Gestalten in den Opernstücken nachempfunden. Beim Formen der Trachten, Frisuren und Kopfbedeckungen der Dargestellten benutzte man außer Schlagen und Kneten noch die Techniken des Dröselns, Rubbelns und Zierstechens, wodurch die Tonfiguren noch lebendiger wirken konnten.

Zhou Asheng, ein anerkannter Künstler in der ausgehenden Qing-Dynastie, war zum Beispiel darin gewandt, Tonfiguren aus den buddhistischen und mythischen Werken zu kneten. In Zusammenarbeit mit Chen Xingfang, die eine geschickte Bemalerin war, schuf Zhou eine Gruppe Tonfiguren mit dem Titel „Zusammentreffen der Unsterblichen“. Alle 24 Unsterblichen hatten verschiedene Gestalten und unterschiedliche Gesichtsausdrücke. Die von den beiden geschaffenen Tonfiguren wie die wohltätige Guanyin-Bodhisattwa, das zärtliche Mädchen und die gütigen Götter des langen Lebens werden als klassische Werke der Huishan-Tonfigürchen bezeichnet.

Ende der Qing-Zeit gab es in der Huishan-Straße über 40 Manufakturen, die auf die Herstellung der Tonfiguren spezialisiert waren. Im Jahr 1885 wurde ein Satz Huishan-Tonfiguren der Acht Unsterblichen zur Feier des 50. Geburtstags der Kaiserwitwe Cixi dem Kaiserhof  überreicht. 1919 wurden die Tonfiguren aus Huishan auf einer Messe Südostchinas mit der Silbermedaille ausgezeichnet.

Nach der 4. Mai-Bewegung im Jahr 1919 hatten die Huishan-Tonfigürchen infolge der Einflüsse durch die Neue Literatur eine neue Tendenz (mehr Wert auf die Realität und mehr reale Szenen aus dem Leben). Die Tonfiguren mit solchen Themen wurden in den darauffolgenden 50 Jahren immer noch stark gefragt. 

In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde ein Forschungsinstitut gegründet, um die Kunst der Huishan-Tonfiguren weiter zu entwickeln. Mit der Gründung der Huishaner Tonfigurenfabrik machte sich eine ganze Anzahl von Volkskünstlern einen Namen. Wang Shiquan zum Beispiel übernahm die Kunst der Pekingopern-Masken und schuf anhand der Gestalten in den Pekingopernstücken zahlreiche Tonfiguren.

„Da A Fu“, was auf Deutsch glücklicher Dicker bedeutet, ist eine von Gao Biao geschaffene Figur. Sie ist bei der Bevölkerung besonders beliebt, weil sie ein Symbol für Glück ist. Der Gückliche Dicke sieht gemütlich aus, wobei sein Kopf die Hälfte des ganzen Tonfigürchens ausmacht. Er trägt ein Brokatkleid, das mit einem Muster aus rosa Pflaumenblüten verziert ist und fünfmal das chinesische Schriftzeichen „Fu“ (Glück) aufweist, was fünffaches Glück – Langlebigkeit, Reichtum, Ruhe und Frieden, Tugend, Gesundheit – bedeutet. In den Händen hält er einen Goldhaarlöwen.

Dazu wird eine Legende erzählt: Es war einmal in Huishan ein Goldhaarlöwe, der kleine Kinder fing und sie auffraß. Eines Tages kam ein Gott in der Gestalt eines Kindes zu dem Goldhaarlöwen und besiegte diesen, indem er ein zauberkräftiges, mit Glöckchen versehenes Geschmeide schüttelte. Später nannte man ihn „A Fu“ und modellierte aus Lehm den Glücksbringer „Da A Fu“. Der Begriff „Da A Fu“ wird nun allgemein als Bezeichnung für Tonfiguren aus Huishan verwendet.

Heute werden die Tonfigürchen aus Huishan in den mehr als 50 Ländern und Gebieten gefragt. Menschen im In- und Ausland lernen immer mehr den Wert dieser Volkskunst aus dem Osten zu schätzen.

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