Wandmalereien
aus der Tang-Dynastie
Von
Yang Hong


Das im Jahre 711 gebaute Grab von Li Xian,
dem Prinzen Zhanghuai aus der Tang-Dynastie (618-907), im
Kreis Qianxian, Provinz Shaanxi, wurde 1972 freigelegt. Er
war der Sohn des Kaisers Gao Zong und der Kaiserin Wu Zetian.
Allein in der Vorkammer gibt es acht Wandmalereien. Bei allen
handelt es sich um Menschendarstellungen, und zwar um Eunuchen
und Hofdamen.
An der Wand, die nach Westen liegt, sind
drei Hofdamen zu sehen; die eine mit hellgrünen langen Rock
und roten Schultertuch beobachtet kleine fliegende Vögel.
Das unglückliche Leben, das sie im Palast erleiden muss, ist
ihr ins Gesicht geschrieben, ebenso ihre Sehnsucht nach Freiheit.
Eine andere kleine Hofdame, in Männerkleidung, ist beim
Zikadenfangen. An ihrem kindlichen Gesicht kann man erkennen,
dass sie noch nicht lange im Palast ist. Im Hintergrund steht
eine ältere Hofdame mit gelbem Rock. Ihr Gesichtsausdruck
ist starr; das lange und grausame Leben am Kaiserhof haben
sie verschlossen und verbittert gemacht.
Der Maler ist unbekannt, aber prächtige
Farben und kraftvolle sichere Linienführung, z. B. bei der
Gestaltung der Kleidung, zeugen von einem hohen Niveau.
Von
der Vorkammer aus führt ein langer Korridor zur Hauptkammer,
wo sich der Steinsarg des Prinzen Zhanghuai befindet. Hier
sind die Wände mit Szenen aus dem Leben der Hofdamen
bedeckt. Von dort aus gelangt man dann über einen langen Korridor,
vier Wandelgänge und vier kleine Höfe zur Grabkammer.
Die ganze Grabstätte misst 71 Meter. Insgesamt enthält
sie 50 Wandmalereien, die auf einer Fläche von 400 Quadratmetern
Korridore, Wandgänge, Höfe und Kammern schmücken.
Auf dem Weg zur Grabkammer kommt man an
einer 12 m langen Wandmalerei vorbei, die eine Gruppe von
Jägern zeigt. Über fünfzig feurige Pferde scheinen
direkt auf den Betrachter zu galoppieren.
Eine andere Malerei zeugt davon, dass während
der Tang-Dynastie Polo in der Hauptstadt Chang‘an allgemein
beliebt war. Dieses Ballspiel stammt aus Persien, und einige
Kaiser sollen ausgezeichnete Polospieler gewesen sein. Das
Bild zeigt fünf Reiter, und besonders der junge, der einen
Fuchs reitet und sich nach hinten überzeugt, ist gut getroffen.
Auch die anderen Menschendarstellungen,
wie z. B. kräftige Wachen mit Schnauzbart, zwergwüchsige
Spaßmacher, ausländische Gesandte, Beamte beim
Gästeempfang und Eunuchen mit hässlichen Gesichtern
sind ein Beweis für die Geschicklichkeit der Künstler.
Das Grab von Li Chongrun, Prinz Yide (Enkel
des Kaisers Gao Zong und der Kaiserin Wu Zetian), das ebenfalls
1972 ausgegraben wurde und aus dem Jahre 705 stammt, ist noch
größer als das Grab des Prinzen Zhanghuai. Es misst
über hundert Meter in der Länge, hat sechs Wandelgänge
und sieben Höfe.
Auf
dem Weg zur Grabkammer sind rechts und links an den Wänden
blaue Drachen und weiße Tiger in Wolken zu sehen. 196
Menschen sind dargestellt, hohe Mauern und Berge. Vor einem
prächtigen Pavillon steht ein eindrucksvolles Ehrengefolge.
Eine Wandmalerei zeigt Dienstpersonal, das auf einen Jagdfestzug
wartet, mit Jagdfalken, Jagdleoparden, Jagdhunden und Waffen.
Im ersten und zweiten Hof sind Ehrengarden vor einer Reihe
von Hellebardenträgern dargestellt, dabei Wachen mit
Pfeil und Bogen, sich verbeugenden Eunuchen und Hofdamen,
die verschiedenes Gerät tragen. In der Sargkammer schließlich
ist die Decke mit unzähligen Sternen verziert. Außer
den erwähnten Gräbern wurden bisher auch das Grab
von Li Xianhui, der Prinzessin Yongtai, zwischen 1960-1962
freigelegt und das Grab von Li Shou, des Prinzen Jing in Huaian
(577-630), das 1973 ausgegraben wurde, beide ebenfalls mit
schönen Wandmalereien. Auch in den Gräbern von hohen
Beamten aus der Tang-Dynastie sind Wandmalereien zu finden.
Während der Tang-Dynastie spielten
nämlich Wandmalereien eine große Rolle. Und um
Paläste, Haushöfe und Klöster zu schmücken,
wurden bekannte Maler engagiert.
(Aus „China im Aufbau“, Nr.
6, 1979)