Zwischen
Tradition und Modernisierung
1999 wurde das 40-jährige
Jubiläum der demokratischen Reform in Tibet gefeiert. In
Beijing gab es zwei wichtige Ereignisse um Tibet. Das eine war
eine Ausstellung über tibetische Kultur namens „Perle des Schneegebiets“,
die Anfang 1999 in der Beijinger Ausstellungshalle stattfand.
Zwar kostete eine Eintrittskarte 20 Yuan, vor dem Schalter standen
die Leute aber jeden Tag Schlange. Das andere war der im Hochsommer
desselben Jahres im Arbeiterstadion aufgeführte Tanz „Qomolangma“.
Keine Aufführung war nicht bis zum letzten Platz ausverkauft.
Die Zuschauer waren außer sich vor Freude beim Anblick
des graziösen, altehrwürdigen Ringeltanzes, des „Tanzes
des Adlers“, der den Kummer und die Freude des Lebens zum Ausdruck
bringt, und des Trommeltanzes, bei dem Trommeln mit Haarknoten
mit irrsinniger Geschwindigkeit geschlagen werden. Viele Beijinger
hatten gedacht, dass Tibet ein hochgelegenes, kaltes Gebiet
ist, in dem es an Sauerstoff mangelt und das ursprünglich, öde
und verlassen ist. Diese Gesangs- und Tanzvorführung trug dazu
bei, dass sie Tibet mit ganz anderen Augen sahen.
„Qomolangma“
ist weder ein Palast- noch ein Tempeltanz aus alter Zeit, sondern
eine moderne tibetische Gesangs- und Tanzvorführung, in der
die Tradition mit modernen Elementen vermischt ist. Gerade wegen
ihres modernen Inhaltes hat sie viel Aufmerksamkeit auf sich
gezogen. Im Ausland vertreten manche Leute die Ansicht, dass
man in Tibet das Gesellschaftssystem, die Lebensweise, die Ideologie,
die Struktur der Städte, die Musik und den Tanz aus der
Zeit vor 1959 wiederherstellen sollte. So ärgern sie sich
über jegliche Veränderung und sind stark dagegen. Es sieht
so aus, als würde Tibet als Zivilisation verschwinden, wenn
nur irgend etwas in Tibet modernisiert wird. Dazu sind die Tibeter
selbst aber anderer Meinung. Sie sind einerseits stolz auf ihre
Tradition, suchen andererseits auch nach Veränderungen.
Ein Tibetologe sagt: „Die Welt hat sich so schnell entwickelt,
dass unser Globus ein Dorf geworden ist. Durch die Wissenschaft
hat sich der Traum der Menschheit, am Himmel zu fliegen, verwirklicht.
Wer kann denn noch von der Außenwelt isoliert bleiben?
Warum dürfen sich die USA, Europa und andere Gebiete verändern
und entwickeln? Warum soll unser Tibet im Gegensatz dazu rückständig
bleiben?“ Ein Student, der sein Studium an der Zentralen Nationalitätenuniversität
bald abschließen wird, meint, dass die Ansicht, dass Tibet
keine Veränderungen erleben und keine Fortschritte machen
soll, Tibet und die Tibeter diskriminiert. Das sei ungerecht
für Tibet und die Tibeter. „Haben nur entwickelte Länder
und bestimmte Rassen das Recht, sich zu verändern?“, fragt
er voller Groll.
Noch nie strebten
Tibeter in ihrer Geschichte nach Entwicklung und Veränderung
wie heute.
1951
wurde Tibet friedlich befreit. Unter Führung der Kommunistischen
Partei Chinas vertrieben die Tibeter die Mächte des Imperialismus
und schafften damit die Voraussetzung dafür, das System der
Leibeigenschaft zu vernichten, was die folgenden acht Jahre
in Anspruch nahm. Die konterrevolutionäre Rebellion der
tibetischen Oberschicht erreichte gerade das Gegenteil, nämlich,
dass in Tibet eine demokratische Reform durchgeführt wurde.
Die im Jahr 1959 begonnene demokratische Reform befreite Millionen
von Leibeigenen und führte darum einen großartigen sozialen
Wandel herbei. Danach wies Tibet zum ersten Mal in der Geschichte
das gleiche politische und Wirtschaftssystem auf wie die anderen
Landesteile Chinas. Überdies wurde die Verwaltung Tibets
durch die Zentralregierung verstärkt, was die Basis für
die Gründung eines autonomen Gebiets schuf und die Gleichzeitigkeit
der Modernisierung Tibets mit den anderen Landesteilen garantierte.
Die demokratische Reform hat die Einheit der Tibeter mit Angehörigen
der anderen Nationalitäten Chinas gestärkt. Dass alle
ethnischen Gruppen gleichberechtigte Beziehungen miteinander
haben, ist wichtig für einen modernen Staat. Außerdem
hat die demokratische Reform zur Entstehung einer neuen Ideologie
beigetragen. Die Unterwerfung der gesellschaftlichen Ideologie
unter eine religiös legitimierte Macht in der feudalen
Leibeigenschaft fand mit der tiefgehenden Umwälzung des
Gesellschafts-, Wirtschafts- und des politischen Systems ein
Ende. Damit hat sich Tibet von einer mittelalterlichen zu einer
modernen weltlichen Gesellschaft entwickelt. Die ideologische
Situation, die die Anwendung und Entwicklung der modernen Wissenschaft
und Technik in der Produktion und im Leben verhinderte, existiert
nicht mehr. Es wird mit Nachdruck gefordert, moderne Wissenschaft
und Technik sowie fortgeschrittene Produktionsweisen anzuwenden
und die Gesellschaft allseitig voranzutreiben.
Wir können ohne
Übertreibung sagen, dass Entwicklung der allgemeine Wunsch
der Tibeter ist.