Suzhou,
Chinas Venedig
Von
Zhong Guojun
Chinas Gartenkusnt ist dafür bekannt, dass
durch sie Natur, Architektur und Malerei ästhetisch miteinander
verbunden werden. Die Gartenanlagen der Stadt Suzhou, Provinz
Jiangsu, faszinieren besonders.
Die Besonderheiten
Suzhou befindet sich im Delta des Changjiang-Flusses
(Yangtse), inmitten einer herrlichen, üppigen Landschaft.
Während der Ming- und der Qing-Dynastie (1644-1911) kauften
sich hier viele hohe Beamte, Grundheeren und reiche Händler
Grundstücke. Um ihre Häuser ließen sie hohe Mauern
ziehen, um so sowohl ein städtisches, als auch zugleich
ein ruhiges Leben führen zu können. Begabte Dichter,
Gelehrte und Maler wurden für den Entwurf der Häuser
und der Gartenanlagen herangezogen.
Sind
die kaiserlichen Gärten in Beijing, z. B. die Sommerpalastanlage,
vor allem luxuriös, prachtvoll und ausgedehnt, so zeichnen
sich die Anlagen in Suzhou durch geschmackvolle Pavillons,
Terrassen und Türme ud raffinierte Arrangements von Blumen
und Bäumen aus.
Hügel und Teiche sind das Hauptelement der
Gartenanlagen in Suzhou, denn der Grundwasserstand war dort
so beschaffen, dass man nur ein bis zwei Meter tief zu graben
brauchte, um Teiche anlegen zu können. Und mit der Erde
wurden dann Hügel aufgeschichtet. Die künstlichen Berge bestehen
aus sogenannten Taihu-Steinen. Kalkgestein, vor allem von
der Westberge-Insel im Taihu-See, wurde in den See geworfen
und mehrere Jahre dem Wasser ausgesetzt. Löcherig geworden
und bizarr geformt, wurde das Gestein dann zu Bergen aufgetürmt.
Pavillons, Terrassen und Türme schaffen
eine poetische Stimmung. Unzählige vieleckige Tore und
kleine aussischtsfenster zieren Mauern und Korridore. Alle
Gebäude tragen klangvolle Namen wie "Turm erfüllt
von Duft", "Kleine Regenbogenbrücke", "Wasserpavillon,
zu dem der Wind vom Lotosblumensee aus von allen Seiten weht."
Alte Gartenanlagen wieder in gutem Zustand
Ende
des Zweiten Weltkrieges waren viele bekannte Gartenanlagen
in Suzhou verwahrlost, die Gebäude zu Ruinen zerfallen.
Die "Nanmu-Halle", eine sehr bekannte Halle im "Park
des Verweilens", wurde sogar von japanischen Aggressoren
und von Kavalleristen der Kuomintang-Armee als Pferdestall
benutzt.
Seit der Gründung der Volksrepublik China
sind elf bekannte Gartenanlagen wieder in Ordung gebracht
worden, darunter der Zhuozhenyuan-Garten (Garen des demütigen
Politikers), der Garten des Verweilens, der Wangshiyuan-Garten
(Garten des meisterhaften Fischers) und die "Häuser
mit Hügeln und Teichen", die für Suzhou typisch sind.
Der Zhuozhenyuan-Garten
Der Zhuozhenyuan-Garten, die größte
Gartenanlage in Suzhou, entstand um 1513. Der Besitzer war
Wang Xiancheng, ein Minister für die Staatsanwaltschaft während
der Ming-Dynastie, der seiner Ämter enthoben worden war
und dann in Suzhou zurückgezogen lebte.
Der Garten hat eine Gesamtfläche von
vier Hektar, und davon machen die Teiche schon drei Fünftel
aus. Es gibt zwei kleine künstliche Inseln, die miteinander
verbunden sind, üppig mit Bambus und Bäumen bewachsen.
Auf der Südseite der Inselchen steht der "Turm erfüllt
von Duft", von wo man einen herrlichen Ausblick genießen
kann, während auf den anderen Seiten Pavillons, Wasserpavillons,
Türme und Brücken stehen. Diese Gartenanlage ist typisch für
die Gartenkunst der Ming-Dynastie.
Garten des Verweilens
Der Garten des Verweilens gehörte ursprünglich
einem Beamten im Ruhestand wärhend der Ming-Dynastie
namens Xi Shitai. Später während der Qing-Dynastie
wurde er dann zweimal von seinen Besitzern umgestaltet. 1953
veranlaßte die Volksregierung, dass er wieder in seinen
Originalzustand versetzt wurde. Er untersteht dem staatlichen
Kulturdenkmalschutz. Diese beiden Gartenanlagen in Suzhou
sowie der Sommerpalast in Beijing und die Sommerresidenz in
Chengde, Provinz Hebei, gelten als besonders Beispiele der
chinesischen Gartenkunst.
Im dem drei Hektar großen Garten des
Verweilens entstanden durch Mauern und künstliche Berge unterschiedliche
und verschieden große Hofräume, die durch 700 Meter
lange gewundene Korridore miteinander verbunden sind.
Geht man die Korridore entlang, deren Wände
mit berühmten Kalligraphien und Steinschnitzereien aus vielen
Geschichtsperioden geschmückt sind, sieht man durch die kleinen
Aussichtsfenster Hügel, Teiche, Pavillons und Terrassen. Die
Korridore winden sich auch bergauf, so dass man schließlich
einen schönen Überblick hat.
Man tritt durch eine vasenförmiges
Tor und kommt in den Nordgarten. In der Nähe eines mondförmigen
Tors kann man unter einem Traubenspalier einige hundert Landschaftsnachbildungen
in Töpfen bewundern. Einige davon sind schon dreihundert
Jahre alt.
Östlich dieses Gartens befindet sich
das Ostgärtchen mit zwei Hallen und drei Hofräumen.
Die beiden Hallen sind Meisterwerke. Ihre kleinen Aussichtsfenster
und Wandschirme sind mit feinen Holzschnitzereien verziert,
eingerichtet sind sie mit antiken Möbeln, Laternen und
Kulturgegenständen. In dem Hofraum hinter den Hallen
ragt ein seltener Taihu-Stein auf, "Wolkenhoher Gipfel"
genannt. Es ist der größte Taihu-Stein. Dieser
6,5 Meter hohe und fünf Tonnen schwere Stein wurde bereits
vor 400 Jahren dorthin geschafft.
Der Wangshiyuan-Garten
Dieser Garten befindet sich am Ende einer
Gasse im südlichen Stadtteil. Mit der Anlage wurde während
der Südlichen Song-Dynastie (1127-1279) begonnen. Zur Frühzeit
der Qing-Dynastie (1796-1820) gab ihm dann sein damaliger
Besitzer den Namem "Wangshiyuan", weil er sich für
erhaben und edel hielt.
Direkt beim Eingang liegt das zweistöckige
Wohnhaus, oben Wohnung und unten Hallen. Daneben befindet
sich ein "Wasserhof" mit Wasserpavillons, Korridors,
Pavillons und Türmen. Die gebogenen Dachrinnen und gewundenen
Korridore scheinen im Wasser zu schwimmen. Obwohl diese Anlage
die kleinste Gartenanlage von Suzhou ist, ist sie dennoch
sehr kunstvoll gehalten.
Westlich des "Wasserhofs" gibt
es einen kleinen Hof von 500 Quadratkilometern, Dianchunyi-Haus
(Frühlingsende-Haus aus Bambus) genannt, weil dort früher
Päonien wuchsen, die am Frühlingsende blühen, und weil
das Haus aus Bambus ist. (Yi bedeutet "Haus aus Bambus")
Zur Einrichtung gehören neben Möbeln
auch Laternen, Kalligraphien und Malereien aus der Ming-Dynastie.
In dem nur zwei Meter breiten Hofraum gedeihen Bambus, Bananen
und Winterkirschen. Der "Chinesische Haushof" in
dem Metropolitan Museum in New York ist eine Nachbildung dieses
Dianchunyi-Hauses.
(Aus
"China im Aufbau", Nr. 5, 1979)