Chinesischer
Tee
Jedem,
der China besucht, wird dauernd Tee angeboten. Es ist das
Lieblingsgetränk der Chinesen. In jeder Stadt, jedem
Dorf gibt es Teehäuser, in Parks und öffentlichen
Anlagen gibt es Pavillons, wo die Leute bei einer Tasse Tee
entspannen können. In Fabriken und den anderen Arbeitsplätzen
wird für die Belegschaft Tee bereitgestellt. Und nach der
Arbeit wird in vielen Familien eine Kanne Tee aufgegossen,
man sitzt zusammen und plaudert.
Ein Vers eines klassischen Gedichts lautet:
"Den Gästen in der kalten Nacht wird Tee statt Wein
angeboten." Und wirklich besteht seit langem die Gewohnheit,
dem Gast, sobald er das Haus betreten hat, eine Tasse Tee
anzubieten. Außerdem ist es eine Höflichkeitsgeste.
An traditionellen Festtagen bringen Freunde und Verwandte,
wenn sie zu Besuch kommen, ein Päckchen einer berühmten
Teesorte als Geschenk mit. Ein guter Tee ist ein Muss bei
Einladungen und geselligen Zusammenkünften, und bei der Hochzeitsfeier
zum Beispiel danken Braut und Bräutigam ihren Gästen
mit einer Tasse Tee.
Manche nationalen Minderheiten in China
bevorzugen Ziegeltee (Teestaub wird mit Reiswasser als Bindungsmittel
zu Blöcken gepresst). Die Tibeter z.B. kochen ihn in
einer Kanne auf und geben ein wenig Salz dazu. Bei besonderen
Anlässen, z. B. wenn sie weit hergereiste Gäste
haben, fügen sie noch Jak-Butter hinzu und servieren dann
den Tee mit einer besonderen Zeremonie. Die mongolischen Hirten
auf dem Grasland in Nordchina trinken Milchtee, Tee, der mit
Kuh- oder Schafsmilch und ein wenig Salz gekocht wird. Die
Hui, Moslems, bieten ihren Gästen heißen Tee mit
braunem Zucker und Datteln in einer Tasse mit einem Deckel
an. Die Zutaten sollen ausdrücken, dass man Glück wünscht.
Die Han trinken ihren Tee heiß ohne
Salz oder Zucker. Große Aufmerksamkeit wird der Wasserbeschaffenheit,
der Teesorte, der Art der Zubereitung und den Gefäßen
geschenkt. Frisches Quellwasser ohne Salz oder Alkalien ist
am besten, am zweitbesten sind Regen- oder Schneewasser. Alkalisches
Wasser verfärbt die Teeblätter und zerstört
die Luft. Der Tee wird am besten mit eben gekochtem Wasser,
und zwar sollte man ihn in einem kleinen Gefäß
aufgießen, weil das Aroma sich sonst verflüchtigt.
Porzellangefäße sind zu bevorzugen,
Gefäße aus Ton und Glas kann man auch benutzen,
aber auf keinen Fall solche aus Metall. Wieviel Tee man nimmt,
hängt vom persönlichen Geschmack ab, aber im allgemeinen
rechnet man 3-5 g Tee für 200 - 300 ml Wasser. Nachdem der
Tee aufgegossen ist, schließt man das Gefäß
sofort und lässt dann den Tee zwei bis drei Minuten ziehen.
Der chinesische Tee ist für seine gute Qualität
bekannt. Je nach der Herstellung unterscheidet man: Schwarzen
Tee, Grünen Tee, Oolong Tee, Blumentee und Ziegeltee.
Der schwarze Tee ist fermentierter
Tee (bei etwa 30° C wird der Tee fermentiert, wobei die Gerbstoffe des Blattes oxydiert
werden und diese eine kupferrote Farbe annehmen). Einer der
beliebtesten ist der Qimen-Tee. Der Grüne Tee ist nicht fermentiert,
die frischen Blätter werden nur mit Wasserdampf oder
in trockener Hitze abgetötet, zu Kugeln gerollt und getrocknet.
Es ist besonders delikat und sehr erfrischend. Longjing-Tee
gehört zu den besten Sorten. Der halbfermentierte Oolong-Tee
macht eine Spezialbehandlung durch. Die Fermentation zur Herstellung
von Schwarzem Tee wird nach der halben Zeit unterbrochen.
Die Blätter sind dunkel, aber noch grünlich. Er schmeckt
ähnlich wie Grüner Tee, aber das Aroma ist stärker.
Der Wuyi-Narzissen-Tee ist ein Oolong-Tee. Bei der Herstellung
von Blumentee werden Grünem Tee Blüten zugesetzt, gewöhnlich
Jasmin- oder Magnolienblüten.
Dass Tee gut für die Gesundheit ist, weiß
man schon seit langem. Im Tee sind etwa 300 chemische Elemente
enthalten, hauptsächlich aber Polyphenol oder Tannin.
Es wirkt desinfizierend und entzündungshemmend. Außerdem
gibt es noch Brenzkatechin im Polyphenol, eine Substanz, die
die Herztätigkeit anregen, die Blutgefäße
elastisch halten und einen günstigen Effekt bei chronischer
Leber- und Nierenentzündung haben kann. 5% Alkaloide im Tee,
hauptsächlich Koffein, regen das Zentralnervensystem
an, beleben den Stoffwechsel, fördern die Muskel-, die
Herz- und Nierenfunktion. Tee kann Müdigkeit verscheuchen,
regt den Appetit und die Verdauung an. Eine aromatische Verbindung
im Tee spaltet tierische Fette. Daher kommt es auch, dass
diejenigen nationalen Minderheiten, deren Nahrung viel Fett
enthält, reichlich Tee trinken.
Im 16. oder 17. Jahrhundert war Tee in Europa
noch nicht bekannt. Dagegen erzählt eine Legende, dass
man in China während der Herrschaft von Shen Nong, 2737
v. u. Z. Tee zu trinken begann. Shen Nong probierte hundert
Kräuter auf ihre Heilwirkung aus, und unter diesen Kräutern
gab es auch Tee.
Im Jahre 780, während der Tang-Dynastie,
schrieb Lu Yu "Das Buch über Tee", eine Beschreibung
des Anbaus und der Zubereitung. Darüberhinaus enthalten viele
klassische literarische Werke Schilderungen über das Teetrinken.
Heute ist in vielen Volksliedern und Tänzen
die Rede davon, so z. B. in dem Lied der Han "Teepflücken",
dem Tanz "Tanz der Teepflücker" und dem Lied "Einen
Korb voll Tee nach Beijing tragen", in dem tibetischen
Lied "Trink eine Tasse Buttertee" und dem
uigurischen "Dem Vorsitzenden Hua Milchtee" abbieten.
(Aus
Nr. 3 von "China im Aufbau", 1979)