Abenteuerreise
in ein Naturerbe der Menschheit
Das Gebiet der "Drei
parallel verlaufenden Flüsse" in der Provinz Yunnan, das
in die Liste des Naturerbes der Menschheit aufgenommen werden
soll, ist zwar selbst vielen Chinesen noch fremd, aber sehr attraktiv
für in- und ausländische Touristen.
Die drei Flüsse sind
der Jinshan, der Lancang und der Nujiang. Sie entspringen auf
dem Qinghai-Tibet-Plateau und fließen in Nord-Süd-Richtung
entlang dem Hengduan-Gebirge an der Grenze zwischen Yunnan und
Tibet. Zwar liegen sie durch die von Schnee bedeckten Gebirge
getrennt, sind sie aber nicht sehr weit enfernt. Der kürzeste
Abstand zwischen dem Jinshan und dem Lancang beträgt 66,3
km, zwischen dem Lancang und dem Nujiang nur 18,6 km. Im Nordwesten
der Provinz Yunnan verlaufen diese drei Flüsse auf einer Länge
von 170 km durch den tibetischen autonomen Bezirk Diqing, den
autonomen Bezirk Lijiang der Naxi-Nationalität und den autonomen
Bezirk Nujiang der Lisu-Nationalität.
Der
Fluß Jinsha macht im Marktflecken Shigu eine große
Biegung nach Osten in die Provinz Sichuan und ist von dort an
flußabwärts der berühmte Yangtse. Am östlichen
Ufer des Jinshan im Marktflecken Shigu ragt das Schneegebirge
Yulong (3700 m) empor, am westlichen das Schneegebirge Haba (5396
m). Dadurch ist die 15 km lange Schlucht Hutiao (Der Tiger springt)
entstanden. Überlieferungen nach sprang ein Tiger mit Hilfe
eines Steins, der in der Mitte des Flusses aus dem Wasser ragt,
vom Schneegebirge Yulong auf das Schneegebirge Haba. Hier
findet man auch das kleine Dorf Hetaoyuan (Walnußgarten),
dessen Bewohner noch ein ursprüngliches Leben führen und sehr
wenig Verbindung mit der Außenwelt haben.
Am Fuß des Schneegebirges
Haba befindet sich der Ursprungsort der Dongba-Kultur der Naxi-Nationalität,
der auf Chinesisch "Baishuitai" heißt. Am 8. Februar
nach dem chinesischen Mondkalender stehen alle Blumen in der Umgebung
von "Baishuitai" in voller Blüte. Dann besuchen die
Angehörigen der Naxi-Nationalität diesen heiligen Ort
und singen und tanzen in festlicher Tracht.
Der
Lancang windet sich von Norden nach Süden zwischen den Gebirgen
Yunling und Nushan. Er fließt breit und behäbig durch
das landschaftlich reizvolle Xishuangbanna in der Provinz Yunnan.
Die Angehörigen der Dai-Nationalität überqueren den
Fluß in einer Fähre oder transportieren die Güter mit
dem Schiff. Von hier aus fließt der Lancang über die Grenze
zwischen China und Burma, und außerhalb Chinas wird er Mekong
genannt. Es ist unvorstellbar, auf dieser Strecke eine Wildwasserfahrt
zu machen, wegen der reißenden Strömung und des großen
Gefälles.
Das Schneegebirge Baimang,
5430 m über dem Meeresspiegel, ist die Wasserscheide der Flüsse
Jinsha und Lancang. Es wird als "Königsreich der Flora
in der kalten und gemäßigten Zone" bezeichnet
und ist ein staatliches Naturschutzgebiet. Hier sind 80 seltene
Tiere wie der Stumpfnasenaffe aus der Provinz Yunnan, Kleine Pandas,
der Schneeleopard und der Mönchsgeier beheimatet.
Der
höchste Gipfel des Schneegebirges Meili am Ufer des Lancang
heißt Kagbo. Er ist 6740 m hoch und wird von den Tibetern
in diesem Gebiet als "Kronprinz des Schneegebirges"
bezeichnet. Für viele Leute ist das Schneegebirge Meili mystisch,
weil zahlreiche Bergsteigerteams in den letzten Jahren vergeblich
versucht haben, es zu bezwingen. Am 3. Januar 1991 starben 17
chinesische Bergsteiger in einer Schneelawine. Bis heute gelang
es noch niemandem, den Kagbo zu besteigen, obwohl er nicht besonders
hoch ist. Am Fuß des Schneegebirges liegt ein kleines tibetisches
Dorf, dessen Bewohner sehr gastfreundlich sind; aber wegen der
schlechten Verkehrslage haben sie wenig Verbindung mit der Außenwelt.
Hier findet man auch eine Tempelanlage, wo die tibetischen Einwohner
dem "Kronprinzen des Schneegebirges" opfern. Überlieferungen
nach können nur diejenigen, die in der Gunst des "Kronprinzen"
stehen, sein glückbringendes Gesicht sehen.
Der Fluß Nujiang
entspringt am südlichen Fuß des Tangula-Gebirges auf dem
Tibet-Plateau. Sein Oberlauf wird im Tibetischen "Nagqu"
genannt und bedeutet "Fluß mit schwarzem Wasser".
Von dem Kreis Gongshan in der Provinz Yunnan flußabwärts
wird er Nujiang genannt. Er durchbricht das Schneegebirge Biluo
mit einer Meereshöhe von 4000 m und das Gaoligong-Gebirge
mit einer Meereshöhe von 5000 m, und stürzt eine Schlucht
mit einer Länge von 300 km und einer Tiefe von 2800 bis 3800
m herab. Diese Schlucht wird als "Die Mystische Große
Schlucht" bezeichnet. Dann fließt der Nujiang südwärts
und mündet in den Indischen Ozean. In Burma wird er "Salween"
genannt.
Die
Hängebrücke aus Rotang und Bambus über den Nujiang, ein wichtiger
Verkehrsweg in dieser Gegend, ist zudem das Symbol für Tapferkeit
und Klugheit der Einwohner an beiden Ufern. Die Brücke ist so
schmal, daß sie nur Platz für eine Person bietet. Man kann
sich vorstellen, wie abenteuerlich es ist, auf dieser schwankenden
Brücke zu gehen.
In der großen
Schlucht des Nujiang ist 70% der Gesamtfläche von Wald bedeckt,
in dem zahlreiche seltene Tiere beheimatet sind. Im Naturschutzgebiet
des Gaoligong-Gebirges, das von den Wissenschaftlern als "Gen-Lagerhaus
der Flora" bezeichnet wird, sind viele seltene Pfanzen wie
500jährige Azaleebäume, die einzeligen Pflanzen der
Kamelie und der Blütenkirsche aus der Provinz Yunnan, zu finden.
In
der Schlucht leben die Angehörigen der nationalen Minderheiten
der Nu, Dulong und Lisu. Die Nu-Nationalität ist eine Nationalität
mit einer langen Geschichte. Noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts
wurde bei ihren Angehörigen das Totem-System praktiziert.
Am 15. März nach dem chinesischen Mondkalender feiern
die Angehörigen der Nu-Nationalität das "Blumenfest",
um für eine gute Ernte zu beten. An den beiden Ufern des Nujiang
konzentrieren sich auch die tapferen Angehörigen der
Lisu-Nationalität. Sie tragen immer Messer
und Bogen mit sich, weil diese Gegenstände Fleiß und
Tapferkeit symbolisieren. An den Festtagen findet eine spektakuläre
Veranstaltung statt, die in- und ausländische Touristen fasziniert.
Beim "Shang Daogan" erklettern sie eine Leiter, die
nicht aus Holz, sondern aus scharfen Messern besteht - ohne sich
zu verletzen. Anschließend tanzen sie auf dem Holzkohlenfeuer,
was sie "Xia Huohai" (ins Feuermeer springen) nennen.
In
dem Gebiet der "Drei parallel verlaufenden Flüsse"
gibt es noch eine andere gefahrvolle Schlucht. Sie befindet sich
zwischen dem Gaoligong- und dem Dulong-Gebirge und ist wegen der
geschlossenen Schneedecke von November bis Mai nur schwer zu passieren.
Die zahlenmäßig geringe Dulong-Nationalität, die
hier wohnt, hat ihre Sitten und Gebräuche beibehalten. So
lassen sich viele Frauen ihr Gesicht tätowiert. Zum tradtionellen
Fest schlachten die Dulong-Menschen Rinder, um dem Himmel zu opfern.
Das Gebiet der "Drei
parallel verlaufenden Flüsse" lädt Menschen aus aller
Welt ein, besonders diejenigen, die eine Abenteuerreise machen
wollen und eine intakte Natur lieben.
Von Lan Shan