Die
Kaiserlichen Gräber der Ming-Dynastie
Im
chinesischen Denken ist die 13 keine Unglückszahl
mit Ausnahme der kaiserlichen Familie der Ming-Dynastie (1368-1644).
Das dreizehnte Familiengrab bezeichnet nicht nur die Ruhestätte
des Kaisers Chongzhen selbst, sondern steht ebenso für die
gesamte Ming-Dynastie.
16 Kaiser und 13 Gräber
In der Ming-Dynastie herrschten 16 Kaiser (mit
Ausnahme der letzten drei, die nach dem Niedergang der Dynastie
im Exil lebten) über einen Zeitraum von 277 Jahren. 13 von
ihnen sind in Beijing in den sogenannten 13-Ming-Gräbern bestattet
worden. Zhu Yuanzhang, Gründer der Ming-Dynastie, machte Nanjing
zur Hauptstadt des Reiches und starb auch dort. Daher befindet sich
sein Grab, immer noch gut erhalten, in Nanjing.
Der zweite Kaiser, dessen Grabstätte sich
nicht unter den 13 Gräbern befindet, war Zhus Enkel, Kaiser
Huidi. Er raubte zahlreichen kaiserlichen Verwandten ihre Ländereien
und Privilegien, was ihm natürlich Feinde einbrachte und schließlich
zur Absetzung durch seinen vierten Onkel Zhu Di im Jahr 1403 führte.
Sein Schicksal verlor sich im Dunkel. Einige sagen, er sei im Kampf
gefallen, andere glauben, er sei entkommen und Mönch geworden.
Und wieder andere behaupten, dass er ins Ausland geflohen sei.
Der
dritte Ming-Kaiser, dessen Überreste sich nicht unter den 13
Gräbern befinden, ist Daizong. Er bestieg den Thron, nachdem
sein kaiserlicher Bruder Yingzong 1449 in Nordchina gefangengenommen
wurde. Im Jahre 1457 wurde Kaiser Daizong Opfer einer Intrige und
unter Hausarrest gestellt. Yingzongs Regentschaft wurde wiederhergestellt
und er ließ sofort den Bau von Daizongs Ruhestätte innerhalb
der 13 Gräber einstellen. Daizong wurde später beim Berg
Jin in den westlichen Vororten Beijings beigesetzt. Im Jahr 1465
jedoch, während der Regierungszeit von Kaiser Xianzong, wurde
Daizongs kaiserlicher Titel wiederhergestellt und sein Grab renoviert
und erweitert. Das Jingtai-Mausoleum, so genannt nach der Regierungsdevise
Daizongs, ist das einzige kaiserliche Grab in Beijing, das außerhalb
der kaiserlichen Grabanlage liegt.
Entstehung und Anordnung
Zhu Di, der schon mehrere Jahre in Beijing lebte,
stürzte im Jahr 1403 seinen kaiserlichen Neffen und schwang
sich zum Kaiser auf. Vier Jahre später begann er Beijing umzubauen
und zog schließlich 1421 von Nanjing in die neue Hauptstadt
Beijing. Als die Kaiserin 1407 starb, sandte er Landvermesser nach
Beijing, um eine angemessene Ruhestätte auszuwählen
mit dem langfristigen
Ziel eines Umzugs in den Norden.
Nach
einer zweijährigen Erkundungsphase und Zhu Dis persönlicher
Inspektion und Zustimmung wurde der heutige Platz festgelegt. Das
Gebiet ist an drei Seiten von Bergen umgeben, reich an fruchtbarer
Erde und Wasservorkommen sowie
vorteilhaft in militärisch-strategischer
Hinsicht. Zhu Di ordnete sofort an, dass Raum für weitere Grabstätten
in einem Gesamtumfang von 40 km zur Verfügung zu stellen seien.
Von 1409 bis 1427 baute man das Changling-Mausoleum am Fuß
des Berges Tianshou, und in den folgenden 200 Jahren erfolgte die
Errichtung der kaiserlichen Gräber an genau dieser Stelle.
Die Grabanlage umgibt eine zinnoberrote Mauer
und das gleichfalls zinnoberrote Eingangstor öffnet sich nach
Süden hin. Ein Kilometer südlich befindet sich ein steinerner
Torbogen, 12 m hoch, getragen von sechs Säulen, von dem fünf
Fußwege abzweigen. Das erste Gebäude nördlich des
Eingangstors ist ein Pavillon, der eine neun Meter hohe Steinstele
beherbergt. Weiter nördlich verläuft ein 800 m langer
Heiliger Weg, flankiert von 24 großen Steintieren und 12 steinernen
Menschenfiguren. Der Weg führt zu verschiedenen Gräbern.
Das
Gebiet der 13-Ming-Gräber umfasst 13 einzelne Gräber.
Jedes Grab liegt am Fuß eines Berges und weist nur wenige
Unterschiede in der Grundkonzeption auf. Allen gemeinsam ist die
dunkelrote Mauer, die jedes einzelne umgibt. Die Gedenkhalle, gleich
nach dem Eingang zu jedem Grab, dient der Verehrung. Im hinteren
Teil befindet sich ein Erdhügel, der das Grab selbst beinhaltet.
Dazwischen erhebt sich der Erinnerungsturm an die Verstorbenen.
Vor diesem sind eine steinerne Räucherpfanne, zwei steinerne
Vasen und zwei Kerzenhalter aus Stein, die Fünf Heiligen Utensilien,
angeordnet.
Das größte und das kleinste Grab
Das Changling-Mausoleum ist das größte
und am besten erhaltene von allen Ming-Gräbern. Es liegt im
vorderen Teil der Begräbnisanlage. Die 1956 qm große
Lingsi-Halle ist vollständig aus wertvollem Nanmu-Holz erstellt.
Innen gibt es 32 Nanmu-Säulen, jede über einen Meter im
Durchmesser, und die zentrale Säule hat einen solchen Umfang,
dass man die ausgestreckten Arme von drei Menschen braucht, um sie
vollständig zu umfassen. Sogar noch heute durchströmt
das Mausoleum der Wohlgeruch des edlen Nanmu-Holzes.
Zhu
Di erwies sich als erfolgreicher Herrscher und schuf eine Periode
großen Wohlstandes. Sein Erfolg spiegelt sich nicht nur im
Bau seines Grabes, sondern auch in der Anlage der Verbotenen Stadt,
die während seiner Regierungszeit entstand. Auf sein Geheiß
unternahm man zwischen 1405 und 1433 sieben Entdeckungsreisen in
asiatischen Gewässern bis nach Afrika.
Das Siling-Mausoleum, das zuletzt entstandene
und kleinste der Gräber, ist jenes von Kaiser Chongzhen, der
es mit seiner Kaiserin und seiner Konkubine Tian teilt. Der Grabhügel
ist lediglich 1,30 m hoch, die festgelegte Höhe für einen
Bürgerlichen. Als 1644 eine Bauernarmee unter Führung
von Li Zicheng Beijing einnahm, befahl Chongzhen der Kaiserin, Selbstmord
zu begehen, bevor er sich selbst an einem Baum auf dem Kohlenhügel
(heute: Jingshan-Park), unmittelbar nördlich des Kaiserpalastes,
erhängte. Seine letzten Worte, auf seine Kleidung geschrieben,
waren: Ich schäme mich, meinen Vorfahren gegenüberzutreten.
Ich will meine Krone ablegen, mein Gesicht mit meinem herabhängenden
Haar verhüllen und diesen Banditen eher erlauben mit meinem
Körper so zu verfahren, wie es ihnen beliebt als meinem Volk
Schaden zuzufügen. Li Zicheng verhielt sich jedoch nicht
so grausam wie befürchtet, im Gegenteil: Er ordnete für
den verstorbenen Kaiser ein ehrenvolles Begräbnis auf dem Gelände
der 13 Ming-Gräber an. Die offiziell Verantwortlichen hatten
jedoch keine finanziellen Mittel für ein neues Grab. Was tun?
Li ließ das Grab der Konkubine Tian öffnen, den Leichnam
neben seine Ehefrau legen und es mit Erde und Kalk versiegeln. Das
Grab der Konkubine wurde später in Siling-Mausoleum umbenannt.
Nachdem die Mandschuren Beijing erobert hatten, errichtete der kaiserliche
Hof der Qing eine Erinnerungshalle und einen Turm für den letzten
Ming-Kaiser.
Obwohl die Ming-Dynastie unter der Herrschaft
von Chongzhen endete, dachten weder die Rebellen noch die Mandschuren,
die die Gründung der Qing-Dynastie erzwungen hatten, schlecht
oder respektlos von ihm. Er wurde im Gegenteil als fähiger
und aufrechter Kaiser geachtet, ein Sündenbock für die
Verfehlungen seiner beiden Vorgänger.
Der
eine war Kaiser Shenzong, der 48 Jahre regierte, aber in den letzten
beiden Jahrzehnten eine Einsiedlerrolle spielte und seine Amtspflichten
vernachlässigte. Sein Nachfolger war Kaiser Xizong, der kein
Interesse an staatlichen Angelegenheiten hatte und sich lieber mit
dem Zimmermannshandwerk beschäftigte. Er bekam den Beinamen
Kaiser Zimmermann und übergab im Übrigen die
Staatsgeschäfte in die unheilvollen Hände der Säuglingsamme
Ke und des Eunuchen Wei Zhongxian. Als Chongzhen den Thron bestieg,
sah er sich sowohl inneren Schwierigkeiten als auch Grenzstreitigkeiten
ausgesetzt. Er tat jedoch sein Möglichstes zur Erhaltung der
Dynastie und in den ersten drei Monaten seiner Regentschaft ließ
er Hunderte von Kes und Weis Anhänger hinrichten oder ausschalten.
Er rehabilitierte ehemalige Beamte, so den bedeutenden Wissenschaftler
Xu Guangqi, der als Erster in China westliche Technik und Wissenschaft
einführte. Chongzhen regierte 17 Jahre lang energisch und konsequent.
Doch seine Regierungszeit stand unter einem unglücklichen Stern.
Als die Rebellen schließlich anrückten, so zog er es
nicht vor, zu fliehen oder zu kapitulieren, sondern er setzte seinem
Leben in einem Akt der Selbsterniedrigung und Reue selbst ein Ende
ein sehr seltener Akt in der damaligen Zeit.
Tailing- und Kangling-Mausoleum
Einige der 13 Ming-Gräber, so das Changling-
und das Dingling-Mausoleum, sind ausgebessert worden und beliebte
Touristenziele. Das Changling-Mausoleum lockt Touristen an, weil
es das größte und besterhaltene der Gräber ist,
während das Dingling-Mausoleum einen faszinierenden Blick auf
alte, über- und unterirdische Relikte bietet. Das Tailing-
und das Kangling-Mausoleum, im nördlichsten Teil der Anlage
gelegen, werden dagegen nur selten besucht. Wegen mangelnder Pflege
zerfielen die Gebäude und Mauern zu Trümmern; umrahmt
von hohen grünen Kiefern, die diesen Zerfall durch die Zeiten
begleitet haben. Nur die goldenen Drachen auf den gelb glasierten
Kacheln weisen auf den besonderen Status der Begrabenen hin. Die
Farbe gelb und die Verwendung von Drachenmotiven waren
ausschließlich der kaiserlichen Familie vorbehalten.
Die Hallenfundamente sind in wild wachsendem Gras
versteckt und Teile der behauenen Marmorbalustrade liegen verstreut
umher. Obwohl sich der einst weiße Marmor dunkelgrau verfärbte,
sind seine exquisiten Reliefarbeiten und die jadegleiche Struktur
noch deutlich wahrnehmbar. Die Ziegelsteine des Grabes, an die strenge
Qualitätsanforderungen gestellt wurden und aus verschiedenen
Orten stammen, sind gewaltig. Jeder Stein wiegt mehr als 20 kg.
Sie mussten eine feine und doch solide Struktur aufweisen, einen
vollen Klang erzeugen, wenn man auf sie klopfte, und Datum sowie
Ort ihrer Herstellung tragen. Die Steine des Kangling-Mausoleums
zeigen diese Informationen klar und deutlich, so z.B. Hergestellt
im Kreis Zhangqiu im 7. Monat des 17. Jahres der Regentschaft Chenghua
(1481) oder Hergestellt in der Präfektur Linqing
im 10. Jahr der Regentschaft Zhengde (1515). Sowohl Erinnerungsturm
als auch Schatzstadt der beiden Gräber sind noch erhalten,
obgleich ein paar Kacheln fehlen. Die Fünf Heiligen Utensilien,
im Laufe der Zeit gelblich geworden, sind auf einem Steintisch vor
dem Erinnerungsturm angeordnet.
Diese
beiden Gräber gehören zu den Kaisern Xiaozong und Wuzong,
Vater und Sohn. Xiaogong war der neunte Kaiser der Ming-Dynastie
und ein gütiger, hart arbeitender und fähiger Herrscher.
Er schuf eine Periode von Frieden und Wohlstand. Sein Erfolg als
Herrscher mag in seiner beklagenswerten Kindheit begründet
liegen. Sein Vater Xianzong war ein mittelmäßiger Kaiser,
der seine ganze Aufmerksamkeit der niederträchtigen und boshaften
Konkubine Wan widmete, die 19 Jahre älter war als er. Nachdem
diese in jungen Jahren einen Sohn verloren hatte, gebar sie keine
Kinder mehr. Um ihre privilegierte Stellung am Kaiserhof zu bewahren,
platzierte sie ihre Spione an verschiedenen Ecken des Inneren Hofes.
Wenn eine andere Konkubine schwanger war, so zwang man sie zur Abtreibung.
Als Xiaozongs Mutter mit ihm schwanger war, veranlasste man auch
sie, eine Droge zu nehmen, die die Schwangerschaft unterbrechen
sollte. Aber Xiaozong überlebte auf wunderbare Weise diesen
Anschlag.
Eine Zofe, von Konkubine Wan zur Überwachung
von Xiaozongs Mutter eingesetzt, hatte Mitleid mit ihr und belog
ihre Herrin, indem sie ihr mitteilte, dass Xiaozangs Mutter gar
nicht schwanger sei, sondern nur an einer seltsamen Krankheit leide.
Konkubine Wan, noch immer misstrauisch, stellte die werdende Mutter
unter Hausarrest. Xiaozong erblickte kurz danach das Licht der Welt
und überlebte mit Hilfe der entthronten Kaiserin und Zhang
Min, einem Eunuchen.
Eines Tages, sechs Jahre später, als Zhan
Min dem Kaiser beim Kämmen seiner weißen Haare behilflich
war, bedauerte dieser, keinen Sohn zu haben. Zhang Min nahm diese
Gelegenheit beim Schopf und erzählte ihm von seinem Sohn. Der
Kaiser war überglücklich und ordnete unverzüglich
an, seinen Sohn an den Hof bringen zu lassen, wo Xiaozong gekrönt
und unter die Obhut der Kaiserinwitwe gestellt wurde.
Im Jahre 1488 wurde Xiaozong entthront. Er wusste,
dass er ohne die Liebe und den Schutz rechtschaffener Leute niemals
überleben und Kaiser hätte werden können. Diesem
Bewusstsein ist unzweifelhaft seine exzellente Herrschaft zuzuschreiben.
Xiaozong war jedoch kein erfolgreicher Vater.
Er ruinierte das Leben seines einzigen Sohnes Wuzong. Wuzong, intelligent,
aber faul, verschrieb sich einem genusssüchtigen Lebensstils.
Er wurde mit 15 Jahren Kaiser, verwandelte den Kaiserhof zu seiner
persönlichen Spielwiese und wenn er der Spiele im Palast müde
war, zog es ihn zu neuen Ablenkungen nach draußen. Sechszehn
Jahre später (1522) zog er sich beim Fischen nach einem Sturz
in einen Fluss eine Verletzung zu, an der er kurze Zeit später
starb, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen. Einer seiner Cousins
folgte ihm auf dem Thron als Kaiser Jiajing. An die Macht gekommen,
übertrug Jiajing seinem verstorbenen Vater den Titel Kaiser
Ruizong, wandelte dessen Grab in der Provinz Hubei in ein
kaiserliches Grab um und gab ihm den Namen Xianling-Mausoleum. Dies
ist das größte einzelne Ming-Grab, das sowohl eine alte
als auch eine neue Grabkammer enthält. Kaiser Jiajing wurde
für seine übertriebenen Geldausgaben und seinen massiven
Arbeitskräfteeinsatz bei der Renovierung dieses Grabes kritisiert,
aber er wäre heute hoch erfreut, wenn er wüsste, dass
das Xianling- Mausoleum im Dezember 2000 auf die Liste des Weltkulturerbes
der UNESCO gesetzt wurde.
Von Huo Jianying
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