Wieder
spektakuläre Ausstellung aus China: Wuppertal zeigt urzeitliche
Sensationen
Ein glücklicher Zufall
und das Verhandlungsgeschick eines Museumsdirektors haben Deutschland
eine sensationelle Ausstellung beschert. Unter dem Titel „Fossile
Schätze Chinas“ zeigt das Wuppertaler Fuhlrott-Museum bis Ende
September neunzig versteinerte Urzeittiere: Gefiederte Dinosaurier,
Urvögel, Schwimmsaurier, Gliederfüßer, Echsen, urzeitliche
Fische und andere „Oldtimer“ von Erdenbewohnern, darunter nie zuvor
in der westlichen Welt gesehene Kreaturen.
Damit wird eine lange
Reihe überaus erfolgreicher Ausstellungen mit Exponaten aus China
fortgesetzt. An einige der herausragenden sei hier erinnert:
Von der Tonarmee
zu Tsingtau
1990:
Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund steht mit
seiner Tonarmee-Ausstellung monatelang im Blickpunkt der Öffentlichkeit.
1991: Das Hessische Landesmuseum
Darmstadt verbucht einen sensationellen Erfolg mit der Ausstellung
„Dinosaurier aus China“.
1993: Riesenandrang zur
Ausstellung „Chinas Goldenes Zeitalter – die Tang-Dynastie“ in Dortmund.
1994: Das Römer-
und Pelizäus-Museum Hildesheim zeigt in seiner Ausstellung
„China – eine Wiege der Weltkultur“ aufsehenerregende Leihgaben
aus der Volksrepublik.
1995: Die Kulturstiftung
Ruhr präsentiert in Essen die Ausstellung „Das alte China –
Menschen und Götter im Reich der Mitte“.
1997: Das Übersee-Museum
Bremen zeigt historische Objekte zum Thema „Chinesische Heilkunde“.
1997/1998: Das Reiss-Museum
Mannheim gibt in Zusammenarbeit mit dem Palast-Museum in Beijing
Einblick in das Leben der Kaiser der Qing-Dynastie (1644-1911).
1998: Das Deutsche Historische
Museum in Berlin rollt mit der Ausstellung „Tsingtau“ ein Kapitel
deutscher Kolonialgeschichte in China auf.
„Ein ganzes Museum verschifft“
Die
Ausstellung „Fossile Schätze Chinas“ wurde in enger Kooperation
mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften organisiert und
konzipiert. „Wir haben quasi ein ganzes Museum verschifft“, sagt
Prof. Dr. Schleich, der Direktor des Wuppertaler Museums. Nur weil
das Geologische Museum in Nanjing, Chinas berühmte Heimstätte
zahlreicher Urzeittiere, gegenwärtig renoviert wird, konnte
die komplette Schau auf die lange Reise gehen.
Zunächst aber spielte
der Zufall seine entscheidende Rolle. In Indien sah Prof. Schleich
Fotos chinesischer Fossilien, die ihn förmlich „elektrisierten“.
Er reiste nach China und erfuhr, dass auch Taiwan seine Fühler ausgestreckt
hatte. Ein spannendes Rennen um den Zuschlag begann, und erst kurz
vor seinem Abflug nach Deutschland gelang es dem Museumsdirektor,
die Konkurrenz auszubooten. Nicht Taiwan, sondern Wuppertal bekam
die einmalige Gelegenheit, der Welt zu präsentieren, was bislang
nur Chinesen und etliche China-Reisende gesehen hatten.
Konserviert in vulkanischer Asche
Hochversichert hinter
Vitrinenglas liegen nun in dem renommierten Naturkundemuseum des
Rheinlands die Leihgaben aus China. Einer der Stars der spektakulären
Schau, ein gefiederter Mini-Saurier, der vor rund 130 Millionen
Jahren in einem vulkanischen Aschenregen den Tod gefunden hatte,
wurde erst kürzlich von einem chinesischen Bauern aus der Erde gebuddelt.
Die ältesten der gezeigten Fossilien lagen ca. 530 Millionen
Jahre unter Feldern und in verschlammten einstigen Binnenseen, bis
sie gefunden wurden.
Die
Wissenschaft konnte sich lange kein genaues Bild von der Fauna dieser
frühen Epoche machen. Außer ein paar spärlichen Funden
von versteinerten Resten niedriger Weichkörper-Schnecken und
Würmer gab es keine nennenswerten Fossilien. Das änderte sich,
als man im Jahr 1984 in der Provinz Yunnan auf eine nach ihrem Fundort
als „Chengjiang-Fauna“ bezeichnete Lebensgemeinschaft aus dem frühen
Kambrium stieß. Sie umfasst eine Reihe sehr unterschiedlicher,
oft bizarr anmutender Organismen. Infolge ihrer Einbettung in vulkanische
Asche, die dann verschlammte und schließlich versteinerte,
sind diese Urzeittiere ungewöhnlich gut erhalten. Selbst die
winzigen Augen und zarten Flügel eines nur zentimetergroßen
Insekts sind mit bloßem Auge zu erkennen, und bei manchen
der Urtiere lässt sich sogar noch der Mageninhalt bestimmen.
Zoll
nahm Dinos „in Haft“
So
spannend, wie sich das Zustandekommen dieser Ausstellung gestaltete,
so aufregend waren auch noch die letzten Tage vor ihrer Eröffnung.
Drei der Superstars des großen Aufgebots an Urzeittieren,
zwei Mini-Saurier und ein Urvogel, waren vom Zoll beschlagnahmt
worden. Eine hochrangige chinesische Delegation, die die wertvollen
Exponate im Handgepäck mit nach Deutschland gebracht hatte,
war am Frankfurter Flughafen verdächtigt worden, die Fossilien
ins Land schmuggeln und zu Geld machen zu wollen. Vorgelegte Begleitschreiben
von Ministerium und Botschaft konnten die Beamten nicht beeindrucken.
So waren die beiden Dinos und der Vogel noch zwei Tage vor Ausstellungsbeginn
„in vorläufiger Haft“. Gründlich blamiert, nachdem die örtliche
Presse den Fall aufgegriffen hatte, rückte der Zoll die Stars der
Urzeit-Schau endlich wieder heraus.
Das große Staunen
über die „geballte Ladung fossiler Funde“, wie eine Zeitung schrieb,
konnte beginnen.
Atze
Schmidt
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