Höhlentempelkunst
in Dunhuang

Dunhuang war eine der vier Präfekturen,
die in der Provinz Gansu im Jahre 111 v. u. Z., während
der Regierungsperiode der Han-Kaisers Wudi, errichtet wurden.
Es war ein wichtiger Ort für den Karawanenverkehr auf der alten
Seidenstraße, der für den Handel und den Kulturaustausch
zwischen China, Westasien und Europa eine wichtige Rolle spielte.
Der Buddhismus und die damit verbundene Kunst fanden im ersten
Jahrhundert u. Z. durch Dunhuang in China Verbreitung. Die Höhlentempel
von Mogao, 25 km südöstlich der Stadt Dunhuang, sind die
bekanntesten der zahlreichen heiligen Stätten, die hier
als ein Ergebnis davon entstanden.
Mit
dem Bau der Mogao-Grotten begann man im Jahre 366, wie ein Täfelchen
aus der Tang-Dynastie (aus dem Jahr 698) belegt. Mehrere hundert
Höhlen liegen übereinander auf einer 1600 m langen Strecke
am steilen Abhang des Mingsha-Berges, der dem Sanwei-Berg gegenübersteht.
Diese Höhlentempel wurden mit einigen Unterbrechungen in
einer Zeitspanne von mehr als tausend Jahren. Zwischen dem 4.
und dem 14. Jahrhundert, angelegt. Aber durch Menschen und Natureinflüsse
wurden die Grotten ernsthaft beschädigt, so dass heute
nur noch 492 in gutem Zustand sind. Doch sie bilden mit ihren
mehr als 2000 bemalten Statuen und den Fresken, die eine 45
000 qm große Wandfläche bedecken, ein unschätzbares
Vermächtnis. Würde man alles nebeneinander ausstellen,
könnte man eine 25 km lange Galerie damit füllen.
Nach
dem Zusammenbruch der Westlichen Jin-Dynastie (265-316) wurde
in Südchina die Östliche Jin-Dynastie (317-420) gegründet,
während Nordchina in das Chaos der häufigen Kriege
zwischen Herrschern verschiedener Nationalitäten gestürzt
wurde. In etwa mehr als hundert Jahren wechselte öfter
mehr als ein Dutzend Mal das Regime. Diese war die Periode der
Sechzehn Königreiche (304-439). Im 5. Jahrhundert vereinigte
die Nördliche Wei-Dynastie (386-534) dann ganz Nordchina.
Während dieser ganzen Periode
brachen oft Kriege aus, die Produktion fiel stark ab, und das
Volk lebte im tiefsten Elend. Um den Unmut des Volkes zu zügeln
und die Kontrolle aufrechtzuerhalten, benutzten die feudalen
Herrscher den Buddhismus, wodurch das Volk eingelullt werden
kann, denn diese Religion predigt die göttliche Vergeltung,
den Kreislauf der Geburten, und dass man Leid und Unheil erdulden
soll, um später ins Nirwana einzugehen. Buddhastatuen,
Schreine und Klöster erschienen überall. Dunhuang war der
Ort, durch den der Buddhismus von Indien nach China kam und
somit auch ein Ausgangspunkt für die Entwicklung der Höhlentempelkunst.
Die
Höhlentempel von Mogao enthalten die ältesten buddhistischen
Heiligtümer in China. Die Wandmalereien und bemalten Statuen
spiegeln wider, wie die buddhistische Kunst von der traditionellen
chinesischen Kunst aufgesogen wurde. Zu einer so frühen Zeit,
wie der Periode der Sechzehn Königreiche und der Nördlichen
Wei-Dynastie, stellten die Künstler von Dunhuang zwar buddhistische
Themen dar, wandten dabei aber Formen der Kunst aus der Han-Dynastie
an, einschließlich solcher Dinge wie Reiter- und Jagdszenen.
Die horizontal verlaufenden religiösen Bildergeschichten
sind von der frühen chinesischen Landschaftsmalerei beeinflusst.
Die
gläubigen Männer und Frauen, in eleganten Gewändern,
liefern uns ein authentisches Bild, wie die Leute in der Zeit
der Sui- und der Tang-Dynastie gekleidet waren. Die zur Tang-Zeit
geschaffene, große Wandmalerei „Die reine Region im Westen“
in der 217. Höhle zeigt mehr als hundert Figuren, einschließlich
fliegender Gestalten mit langen wehenden Seidenschärpen
und einem 24köpfigen Orchester und Pavillons, Türme, Häuser,
Bäume und Blumen.
Zwischen den großen Wandmalereien und
den religiösen Bildergeschichten gibt es kleine Gemälde,
die sich auf die damaligen Sitten, Gebräuche und bestimmte
Vorkommnisse beziehen, so etwa ein Gemälde in der 45. Höhle,
das einen Raubmord auf der alten Seidenstraße schildert.
In der 61. Höhle, eine Höhle aus der Song-Dynastie
(960-1279), sind die Wutai-Berge in einer Wandmalerei in Form
einer Reliefkarte dargestellt. Das ist das erste Werk dieser
Art.
(Aus Nr. 6 von
„China heute“, 1978)