Januar 2003
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Kultur und Kunst

Ein Buddhamaler
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Ein Buddhamaler

Von Bao Wenqing

 

Der 50-jährige Li Zongyi stammt aus der Stadt Panjin in der Provinz Liaoning. Er ist langhaarig und hat ein liebevolles Gesicht. Auf den ersten Blick erkennt man, dass das Schicksal für ihn eine enge Beziehung zum Buddhismus vorherbestimmt hat. In der Tat ist er landesweit bekannt geworden, weil er Buddhafiguren sehr gut malen kann.

Fünf Einträge im Guinness-Buch der Rekorde

Li Zongyi ist der erste Maler Chinas, der mit seinen Buddha-Bildrollen fünfmal einen Guinness-Weltrekord aufgestellt hat.

1995 wandte er 10 Monate für das Malen einer über 1000 m langen Bildrolle mit 84 000 Buddhafiguren auf. Sie wurde als längste Bildrolle der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen. Zwei Jahre später zeichnete er 162 188 Buddhafiguren auf 24 Bildern mit einer Gesamtlänge von 4744 m. Wieder stellte er damit einen Weltrekord auf, diesmal für die Bilder mit den meisten Menschenfiguren. Im Oktober 1998 zeichnete er 168 000 Buddhafiguren auf ein 1300 m langes und 66 cm breites Reispapier und errang damit zum dritten Mal einen Weltrekord.

„84 000 Buddhafiguren“, „Bild mit 10 000 Buddhafiguren“ und „Eine Million buddhistische Gläubige“ sind Li Zongyis drei wichtigste Bildrollen. Sie werden von seinen Kollegen hoch geschätzt und haben eine Lücke in der buddhistischen Kultur und Geschichte geschlossen.

Der Buddhismus kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und hat einen großen Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt. Die Entwicklung der buddhistischen Kultur ist aber zurückgeblieben. Beispielsweise sind Buddhafiguren normalerweise nur in Grotten oder auf Wandmalereien zu finden, und es gibt sehr wenige, die sich dem Malen von Buddhafiguren hingeben. Li Yongyi hat dank seinem ausgezeichneten Begriffsvermögen und seinem Fleiß eine große Menge von Buddhafiguren gezeichnet. Das ist beispielslos in der chinesischen Geschichte. Alle von ihm gezeichneten Buddhafiguren sind lebendig und haben unterschiedliche Gesichtsausdrücke.

„Strichkönig“

Li Zongyi wurde 1954 in einer armen Arbeiterfamilie geboren. Schon in seiner Jugend entwickelte er eine Liebe zum Malen von Buddhafiguren. Dies hatte er vor allem den Steinskulpturen am Haitang-Berg in seiner Heimat zu verdanken, unter denen sich viele Buddhafiguren befinden.

Im Alter von 8 Jahren begann er, malen zu lernen. Aus seiner eigenen Erfahrung wußte er, dass die ganze Welt aus Strichen besteht und ein guter Maler die Striche für sich sprechen lässt.

Nach dem Mittelschulabschluß studierte er am Lu-Xun-Institut für bildende Kunst in der Stadt Shenyang. Für das Zeichnen einiger Figuren brauchten seine Kommilitonen normalerweise eine Woche. Li Zongyi hingegen konnte in der gleichen Zeit über hundert Werke schaffen. Seine Kommilitonen malten die Vorderansicht, er aber im Profil. Da ermahnte ihn ein Lehrer, dass er sich dem Vorgehen der anderen anschließen sollte. Einmal versuchte er, dem Wunsch seines Lehrers zu folgen. Doch das Bild misslang. Mit blitzschnellen Pinselbewegungen ließ er zahlreiche lebendige Menschenfiguren auf dem Papier entstehen. Dadurch erhielt Li Zongyi den Titel „Strichkönig“.

In den folgenden Jahren widmete sich Li Zongyi nach wie vor der Strichzeichnung. Durch wechselvolle Striche drückte er sein Verständis für das Leben und die Kunst sowie seine Verpflichtung gegenüber der Geschichte aus.

Eine neue „Flußufer-Szene vom Qingming-Fest“

Li Zongyis Malatelier liegt in der Stadt Fuxin und ist sehr primitiv eingerichtet. Es ist nur 12 qm groß. Ein gemauertes Ofenbett, das Li Zongyi auch als Arbeitstisch dient, nimmt die Hälfe des Raums ein. Wenn er malt, sitzt er einige Stunden auf einem 20 cm hohen Klappstuhl vor dem Ofenbett.

Hier, in diesem kleinen Zimmer, entstand sein erstes Meisterwerk „Shanghui Tu“. Er hat diese Bildrolle unter dem Einfluss der „Flußufer-Szene vom Qingming-Fest“, eines bekannten Werks von Zhang Zeduan aus der Song-Dyanstie, geschaffen. Li Zongyi ist der Meinung, dass die „Flußufer-Szene vom Qingming-Fest“ die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Umstände der Song-Dynastie nur beschränkt darstelle. Um dieses Bild zu verbessern, ist er durch ganz China gereist und hat gründliche Untersuchungen über die Sitten und Gebräuche in der Song-Dynastie angestellt. In „Shanghui Tu“ sind über 50 000 Menschenfiguren zu finden, darunter Literaten, Händler, Bauern, Frauen, Schauspieler, Pilger usw. Über 40 Szenen, in denen Leute Drachen steigen lassen, das Laternenfest feiern oder den Yangge tanzen, sind lebhaft dargestellt. Außerdem gibt es auf dem Bild über tausend Bäume und einige Hundert Häuser. Deshalb ist es nicht übertrieben, wenn man das Bild als eine Enzyklopädie der Folklore in der Song-Dynastie bezeichnet.

Li Zongyi hat „Shanghui Tu“ 1991 fertig gemalt. Noch im selben Jahr ließ das Staatliche Amt für Post- und Fernmeldewesen das Bild auf eine Postkarte mit einer Länge von 27,72 m drucken. Nach der Bestätigung der Guinness-Zentrale in Shanghai im Jahr darauf erzielte diese Postkarte den „Weltrekord für die längste Postkarte der Welt“.

Gespräch mit dem Maler über den Buddhismus

Beim Treffen mit Li Zongyi stellte ich ihm eine Frage, die mir schon lange unter den Nägeln brannte: „Wie schaffen Sie es, die Buddhafiguren so lebendig darzustellen?“

Er antwortete: „Eine drei Fuß dicke Eisschicht ist nicht das Ergebnis eines einzigen Frosttages. Mein Erfolg ist vor allem Fleiß zu verdanken. Beim Malen wetteifern die Buddhafiguren miteinander, so dass ich überhaupt keine Zeit habe, den Pinsel in Tusche einzutauchen“.

Ich fragte: „Haben Sie bei der Darstellung der Buddhafiguren von anderen Gemälden profitiert? “

Er antwortete: „Nein, ich kopiere die Buddhafiguren nicht von anderen. Ich habe den Lebenslauf Schakjamunis studiert. Er war einmal ein Prinz und hatte Reichtum und Ehre, bevor er den Buddhismus begründete. Beim Malen muss ich mir jegliche frivolen Gedanken aus dem Kopf schlagen, erst dann können die Buddhafiguren lebendig erscheinen. “

„Sie haben so viele Buddhafiguren gemalt. Haben Sie die buddhistischen Sutren studiert? “

„Nein. Ich habe nur Buddha-Figuren studiert. “

Li Zongyis größter Wunsch ist es, eine Kunsthalle für Buddha-Figuren in seiner Heimat zu gründen.

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