September 2004
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Das Rätsel

um Chinas Low-Profit-Tee

Von Luo Yuanjun

Yuan Keding baut am Berg Huping seit mehr als 30 Jahren Tee an. Dieses Jahr war eine Rekordernte, aber die Erfahrung hat ihn gelehrt, auf die Teepreise zu achten, bevor er zu feiern beginnt. Falls diese fallen, wird es wenig Grund zur Freude geben.

Die Preisentwicklungen verwirren Yuan. Er hat die Teehändler beobachtet, die in die nahe gelegenen Dörfer kommen, um Tee zu kaufen, und hat auch gesehen, wie sie die niedrigsten Preise abwarten.

Yuan Kedings Sohn arbeitet für eine ausländische Firma in Beijing. Er trinkt für gewöhnlich Tee aus Teebeuteln von Lipton. Gefragt, weshalb er bei dieser Marke bleibe, sagt er, Lipton sei eine weltbekannte und damit vertrauenswürdige Marke.

Nach Aussage von Wu Mengzhao, dem Präsidenten der Fördergemeinschaft für Teekultur Guangzhou, macht die Teeproduktion Chinas, das als erstes Land Tee entdeckte und anbaute, ein Viertel, und sein Export ein Sechstel des Weltmarktes aus. Dennoch hat China wenige international anerkannte Teemarken.

Der größte Teil des chinesischen Teeexports auf dem internationalen Markt ist keine Markenware, sondern offene, und der Wettbewerb bleibt auf den Preiskampf beschränkt. Chinas Teeexport ist vom ersten auf den vierten Platz zurückgefallen. Nach einer Umfrage von CMMS (China Marketing Media Study), die in 30 Städten unter 71 849 Teetrinkern zwischen 15 und 64 Jahren durchgeführt wurde, beherrscht die britische Marke Lipton den chinesischen Markt für Teebeutel. Von den Teetrinkern, die drei oder mehr Tassen pro Tag trinken, benutzen 29,4 Prozent Lipton-Tee, 13,8 Prozent trinken Tee der Marke Tuo. Andere Marken haben minimale Marktanteile.

Im April 2004 stieg Lipton in den chinesischen Markt für grünen Tee ein. Zwei Monate später wurden grüner Tee und Jasmintee probehalber auf den Märkten in Ostchina und Beijing eingeführt, und Lipton schritt weiter in die über 30 chinesischen Großstädte und Provinzhauptstädte voran, einen monatlichen Werbeetat von 10 Mio. Yuan im Rücken.

Yuan Keding lehnt Tee in Beuteln ab, weil dieser kaum mehr als Pulver ist. Für ihn macht es einen  großen Teil der Freude am Teetrinken aus, zuzusehen, wie sich die Blätter während des Ziehens entfalten. Die Etikettierungen irritieren ihn, wenn sie Longjing (Drachenbrunnen) und Biluochun (Grüne Schnecke im Frühling) als Marken angeben, obwohl dies eigentlich Teesorten sind. Als sein Sohn ihm erklärte, dass bekannte Marken die besten Preise erzielten, war er darüber entrüstet, und hielt dies für eine unlautere Praxis.

In der Gegend um den Berg Huping werden mehr als zehn Teemarken produziert – zu viele für gemeinsame Initiativen. Beim Versuch, das Gebiet zu modernisieren, gab das Amt für technische Überwachung der Provinz Hunan im Jahr 2000 seine „Umfassenden Technischen Richtlinien für Shimen Yinfeng-Tee“ heraus. Ziel war es, die Bauern zu veranlassen, Qualität zu garantieren, und allgemein anerkannte Teemarken zu etablieren. Leider können die Bauern der Region nur die Qualität einer bestimmten Teesorte sicherstellen.

Fachleute sagen, dass die lokale Regierung eine entscheidendere Rolle bei der Schaffung von Teemarken einnehmen sollte, aber Yuan Li stimmt dem nicht zu: „Lokale Marken zu etablieren, erfordert die finanzielle Beteiligung von lokalen Produzenten und Händlern. Tatsächlich ist jedoch niemand bereit, in die Schaffung von Marken zu investieren, um dann zu erleben, wie andere ohne eigene Beteiligung Vorteile daraus ziehen.“

Huang Jianzhang, Vizepräsident und Generalsekretär des Forschungsinstituts für Teekultur der Provinz Guangdong, sagt, eine vermarktungsfähige Teemarke sollte allgemein anerkannten Anforderungen an Qualität, Standardisierung, Massenproduktion, Kommerzialisierung und geschmackvolle Verpackung genügen.

Yuan Li, der auf einer Teeplantage aufwuchs, fügt hinzu, dass Werbung ein weiterer Schlüsselfaktor sei. In den Medien gibt es nur wenige Werbeschaltungen für Tee, was den Eindruck erweckt, als seien chinesische Teehändler weniger erfolgreich, oder als scheuten sie den finanziellen Aufwand groß angelegter Werbung.

Xu Yongcheng, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Teegesellschaft Shanghai, sagt, dass die chinesische Teeindustrie zusammenfassend beschrieben werden kann als zu viele und zu wenige. Es gibt zu viele Teesorten, Fabriken, Verpackungsarten, und zu wenige eingetragene Warenzeichen und bekannte einheimische oder internationale Marken. Ohne Marke kein Markt, nicht zu reden von Prestige und Kundentreue. Hinter der prosperierenden Fassade der chinesischen Teeindustrie verbirgt sich eine große Unsicherheit um den Mangel an Markennamen.

Die für ihn so befremdlichen Marken haben Yuan Keding doch einen gewissen Nutzen verschafft. In den vergangenen Jahren kamen verschiedene Teemarken vom Berg Huping in den Genuss eines gewissen Ansehens. Teehändler kommen an den Berg Huping von überall im Land, und er macht sich wenig Sorgen um den Verkauf seines Tees. Die Teepreise mögen schwanken, aber in der Regel steigen sie, daher ist er zuversichtlich genug, abzuwarten, wenn Teehändler seinen Tee vordergründig abzulehnen scheinen. Wenn er allerdings wüsste, dass an Lipton-Teebeuteln alles außer der Marke aus China stammt, die Verarbeitung eingeschlossen, wäre er weniger versöhnlich. 

Einteilung von Teesorten

Tee gibt es in vielen verschiedenen Sorten, und obgleich China die meisten hat, fehlt bisher eine einheitliche Klassifizierung. Professor Chen Chuan der Universität für Landwirtschaft Anhui teilt Tee nach dem Grad der Polyphenol-Oxidation in sechs Kategorien ein. Diese sind: Grün, gelb, schwarz, blau, weiss und rot. Nach anderer Methode wird Tee nach Verkaufsformen unterschieden, nämlich rot, grün, Jasmin, Oolong, weiß, gepresst und instant.

Die Einteilung in Übersee ist einfacher. In Europa gibt es drei Kategorien: Schwarzer, Oolong und grüner Tee. In Japan gibt es vier Kategorien nach Grad der Fermentation: Nicht fermentierter, halb fermentierter, voll fermentierter und nachfermentierter.

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