Taoisten,
Mineralwasser
und
Bier – der Laoshan
Von
Rong Ye

Qingdao ist ein Badeort, an den jedermann
gern vor der Sommerhitze flieht. 40 Kilometer östlich
der Strände der Jiaozhou-Bucht liegt der Laoshan, einer
der berühmten Berge Chinas. Der höchste Gipfel dieses
Massivs, des höchsten Gebirgszuges der Halbinsel Shandong,
erreicht eine Höhe von 1133 m. Zwischen seinen Flanken,
in die sich an der einen Seite das Gelbe Meer schmiegt, zwischen
seinen aufragenden Felsen, Wolken, Quellen und seinen zeitlosen
Kiefern sollen, so will es die Sage, „Heilige und Feen sich
in Höhlen ergötzen.“ Am Fuß der Berge liegt
die „Xu-Fu-Insel“, die einen realen historischen Hintergrund
hat: Vor 2200 Jahren sandte Qin Shihuang, der erste Kaiser
Chinas, seinen Getreuen Xu Fu aus, der mit 3000 Mädchen
und Knaben vom Laoshan aus in See stechen sollte, um den Berg
der Unsterblichen zu finden, auf dem der Kaiser ein Mittel
zur Erlangung der Unsterblichkeit zu finden trachtete. Der
Laoshan ist weiterhin auch ein geheiligter Berg der Taoisten,
von denen gut eintausend an die zwanzig Klöster und Tempel
unterhalten. In drei Geschichten des Werkes „Seltsame Geschichten
aus dem Liaozhai“ des Qing-Dichters Pu Songling (1640-1715)
wird der Laoshan ebenfalls als taoistischer Berg beschrieben.
Das älteste und größte taoistische
Kloster ist der „Palast der höchsten Klarheit“ an den
Südhängen des Berges. Im Jahre 140 v. u. Z. als strohgedeckte
Hütte erbaut, wurde es zu Anfang der Song-Dynastie im 10.
Jahrhundert zu einer Klosteranlage großen Stils ausgebaut,
von der heute noch drei Höfe, drei Haupthallen und 120
Nebengebäude erhalten sind. Östlich der mittleren
Halle sprudelt die „Quelle des heiligen Wassers“, die bei
Regenfällen nicht anschwillt und auch bei Trockenheit
nie versiegt. Vor der Halle, versorgt vom Wasser dieses Bronns,
steht eine tausendjährige Zypresse, in deren Krone sich
eine schenkeldicke Klettertrompete angesiedelt hat. Überhaupt
ist der Laoshan nicht arm an merkwürdigen Kräutern und
Gewächsen, was ihm den Beinamen eines „Parks im Walde“
eingetragen hat.
Wer einmal eine Flasche Laoshan-Mineralwasser
(aus dem auch das berühmte Qingdao-Bier gebraut wird) getrunken
hat, weiß, dass es am Laoshan Wasserfälle geben
muss: Das Etikett zeigt einen. Tatsächlich ist der Laoshan
für seine Wasserkaskaden berühmt. Der bekannteste (und ihn
zeigt die Wasserflasche) ist der Drachenteichfall, der aus
einer Höhe von mehr als zwanzig Metern herabstürzt, wie
ein weißer Drachen, der sich von der senkrechten Wand
herabwindet, um im jaspisklaren Teich am Fuße des Felsens
zu baden. Der „Fall der rauschenden Fluten“, eine andere Berühmtheit
am Laoshan, muss erst drei große Biegungen durchspringen,
bevor er sich dem Meer (oder der Brauerei) zuwenden kann.
Eine Reise und ein gezücktes Objektiv immer
wert ist das ewige Schauspiel der sich stets ändernden
und immer verschiedenen Wolkenformationen. Träge wälzen
sich klar abgegrenzte Wolkenbänder zwischen den Gipfeln
hindurch, klar spannen sich die Regenbögen durch die
Nieselregen vom Gelben Meer, auf das die Aussicht indes nur
selten von Wolken versperrt ist. In der Nacht schimmert der
silbrige Mond durch die übergangslose, schwerelose Schwärze
von Meer und Himmel, bis die aufgehene Sonne mit pfirsichfarbenen
Strahlen an den Kiefern der Berggipfel leckt.
Der Laoshan ist heute niemandem mehr verschlossen.
Von überall her führen Wege durch die Flanken der Hügel und
Berge in das wundersame Gebiet. Und wer abgespannt oder müde
ist, kommt auch auf seine Kosten, denn an den warmen Quellen
des Laoshan steht auch ein Sanatorium.
Die Mineralwasser des Laoshan finden aber
nicht nur äußerliche Anwendung. Die schon erwähnten
Flaschen dienen nicht nur zur Betrachtung des berühmten Wasserfalls,
sie enthalten auch ein köstliches, kohlensäurehaltiges
und mineralreiches, leicht süßlich schmeckendes Nass,
das für Magen, Blut und Zähne gut ist. Das Laoshan-Mineralwasser
erfreut sich genauso wie das Qingdao-Bier (Tsingtao-Bier)
im In- und Ausland größter Beliebtheit – ein Schluck
Laoshan für jeden.
Aus
„China im Aufbau“, Nr. 8, 1983