August 2004
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Die Trachten der nationalen Minderheiten

Von Yi Xu

Unterschiede in Geschichte, Geographie, Kultur, Sitten und Lebensumständen unter Chinas 55 nationalen Minderheiten haben zu einer atemberaubenden Vielfalt traditioneller Trachten geführt.

Das Spinnen von Garn aus Baumwollfasern und das Weben von Baumwollstoff kam zuerst unter in Südchina lebenden Völkern auf. Die Han, Chinas Mehrheitsvolk, trugen ursprünglich nur Kleidung aus Leinen oder Seide. Auch heute noch tragen viele Minderheitsangehörige im Süden Kleider aus Baumwolle, die auf traditionellen Webstühlen gewoben wurden.

Viele Nationalitäten, besonders solche im Süden, kreieren Stoffmuster, indem sie dicke weiße Fäden über mehrere Fäden der Gewebebasis ziehen – im wesentlichen eine Brokattechnik. Seit über tausend Jahren fertigen die Zhuang und andere Völker kunstvolle Muster mit schweren Fäden in den verschiedensten Farben an. Die schönen Stoffe werden für Schultertaschen, Gürtel, Kopfbedeckungen u. ä. verwendet.

In der Provinz Hunan verfertigen die Tujia-Frauen große rechteckige Brokatstücke aus roter, gelber, weißer und schwarzer Rohseide, die als Schürzen oder Capes dienen. Sie sind ein unerlässlicher Teil der Mitgift jedes Tujia-Mädchens. Die Brokate der Li-Nationalität in der Provinz Guangdong mit ihren bunten, phantasievollen Mustern sind traditionell der hauptsächlich verwendete Stoff für die röhrenförmigen Röcke der Frauen dieses Volks. Die Dai in Yunnan sind für die leuchtenden Farben ihrer Brokate bekannt. Und in Guizhou, Hunan und Guangxi fangen die Dong-Dekors mit nur wenigen Linien genau das ein, was dargestellt werden soll.

Im Hochland von Qinghai und Tibet, wo die Viehzucht vorherrscht, ist die Wolle der wichtigste Grundstoff für die Kleidung. Pulus, dicke grobe Wollstücke, sind nicht nur von kunsthandwerklichem Reiz, sondern vor allem auch warm und sehr haltbar. Sie werden zu Kleidung, Mützen und sogar zu Stiefeln verarbeitet. Es gibt viele Arten von Pulus. Zum Beispiel in dünne Bänder gewebte, die mit bunten horizontalen Streifen versehen sind; sie werden auf besonders schmalen Webstühlen hergestellt und zu wunderschönen Schürzen zusammengenäht.

Große Vielfalt

Wenn sie in den eisigen Wintern Nordostchinas auf Jagd gehen, tragen die Olunchun und Angehörige anderer Nationalitäten pelzgefütterte Gewänder. Die losen Ärmeln, lange genug, um Hände, die Zügeln halten, zu bedecken, sind ein Kennzeichen der Tuniken kasachischer Reiter. Die traditionelle chinesische Kleidung der uigurischen Männer im fernen Nordwesten Chinas ist eine lange Robe, die bestens gegen Wind und Sandstürme schützt.

Auf dem „Dach der Welt“ tragen die Tibeter weite, langärmelige Mäntel, die auf einer Seite zugeknöpft sind. Sie können rasch an- und ausgezogen werden, was sehr praktisch ist, da die Temperaturen zwischen Tag und Nacht stark schwanken. Nachts ist die Robe eine heimelig warme Körperbedeckung. Wenn sich die Luft tagsüber aufheizt, kann man den Mantel bequem „halb ausziehen“, indem man einen Arm aus dem Ärmel gleiten lässt. Der Gürtel ist unerlässlich, denn an ihn werden allerlei nützliche Dinge und Ziergegenstände gehängt.

Die tibetische Tracht ist in mehrere Regionalstile unterteilbar. In den Weidegebieten sind die Kleider der Frauen mit einem Fellsaum versehen, während in Ackerbaugebieten langärmelige Blusen, Pulu-Westen, farbenfrohe Gürtel und Pulu-Schürzen getragen werden. Vor der Befreiung drückten sich bei den Tibetern Standes- und Klassenunterschiede auch sehr deutlich in der Kleidung aus.

Unter den Nationalitäten im Süden spielen Schmuck und Verzierungen eine wichtige Rolle. Bei den Miao, Dong und Buyi in Guizhou, besteht die Tracht der Frauen aus Jacke, Rock, Schürze, Beinkleidern und Kopftuch, die mit Stickereien, Kreuzstich- oder aufgemalten Mustern verziert sind. Die schönen farbenprächtigen Dessins zeugen vom künstlerischen Talent der Frauen.

Tiermotive und geometrische Muster

Die enge Verbundenheit der südchinesischen Minoritäten mit der Natur zeigt sich auch am Dekor ihrer Tracht: Viele Motive sind der Flora und Fauna entnommen, wobei Stilisierung und absichtliche Übertreibung virtuos angewandte Mittel des künstlerischen Ausdrucks sind. Bei den Miao, die in den Bergen wohnen, ist die Darstellung von Vögeln, Wildtieren und Schmetterlingen am verbreitesten; Grün ist die beliebteste Farbe. In den Flusstälern hingegen werden Fisch- und Garnelenmotive sowie rötliche Farbtönungen bevorzugt. Manche Zhuang- und Dong-Brokate kommen pro Stücke auf bis zu 200 Figuren.

Wie bei den Han sind auch bei den Minderheitsvölkern Südchinas traditionelle Glückssymbole, etwa Drachen, Phönix, Peonie oder Swastika, sehr beliebt. Zhuang und Tujia, zum Beispiel, weben sie häufig in ihre Stoffe ein.

Auch geometrische Muster sind populär. Die Yao stellen bei ihren Kreuzsticharbeiten gerne Dreiecke, Rhomben und ähnliche Formen dar, während bei ihren Stickereien Fischgrätmuster, Kreuzmuster, Streifen und Wellenlinien grundlegende Zierelemente sind. Die Dong weben Kreuz-, Zickzack-, Rechteck- und Sternchenmuster in ihre Stoffe. Und die Dahuren im Nordosten bevorzugen radiale Muster.

Anders als die hauptsächlich blaue und graue Kluft der Han sind die Trachten der nationalen Minderheiten, besonders der Frauen, leuchtend bunt und farbenfroh. Sehr beliebt sind rot, gelb, grün und weiß. Die Tibeter etwa säumen ihre Kleider mit vielfärbigen Streifen, wobei rot mit grün und schwarz mit weiß effektvoll kontrastiert wird. Im Norden sind die Gewänder eher dunkler und haben schlichtere Dessins.

Batiken und Stickereien

Das Batiken ist in China bereits uralt und erzielt Effekte, die von keiner Maschine nachgeahmt werden können. Mit einem speziellen Messer aus Messing oder Bambus wird auf ein Stück Stoff geschmolzenes Wachs aufgetragen. Beliebte Muster sind menschliche Figuren, Tiere und Blumen. Wenn das Wachs hart geworden ist, wird der Stoff eingefärbt. Ursprünglich wurde dafür nur selbst hergestelltes Indigo verwendet, heute sind auch andere Farben – Braun, Rot, Gelb und Grün – gängig. Um das Wachs zu entfernen, wird der Stoff gekocht. Bei mehrfarbigen Dessins muss der Prozess entsprechend oft wiederholt werden. Die Buyi, Miao und Mulao in Südchina sind für ihre schönen Batikkreationen zurecht berühmt.

Stickereien und Kreuzstich sind bei den Minderheiten gleichfalls sehr beliebt. Die bestickten Kappen der Uiguren etwa sind ein feines Beispiel kunsthandwerklicher Fertigkeit. Auch die Mongolen verzieren ihre Mützen, Ohrwärmer und Vorhänge mit Stickereien. Mongolische Mädchen schenken ihrem Liebsten zur Verlobung gewöhnlich eine prächtig bestickte Tasche. Im Süden bringen die Miao-Frauen an Ärmeln, Kragen, Schürzen und Röcken kunstvolle Verzierungen an. Das Hochzeitskleid eines Miao-Mädchens ist ein Kunstwerk für sich, an dem die künftige Trägerin zu arbeiten beginnt, sobald sie die Technik des Stickens gut genug beherrscht.

Bei den Li, Gaoshan, Tadschiken, Hezhe, Naxi und Hani verzieren wunderschöne Stickereien und Kreuzsticharbeiten die Halstücher, Blusen, Ärmelaufschläge, Gürteln, Schürzen, Röcke und Hosenstulpen der Frauen.

Jade, Gold und Silber

Der Schmuck der nationalen Minderheiten ist für seine Schönheit berühmt. Sehr attraktiv sind etwa die Haarspangen, Zierkämme und Halsketten der Miao-Frauen. Die Tibeter verarbeiten Gold, Silber, Jade und Perlen zu prächtigem Schmuck. Silberschalen, bis zu einem Kilogramm schwer, werden gelegentlich am Gürtel getragen. Früher wurde das Vermögen oft in Schmuck angelegt, der ständig mitgeführt wurde. Die Yao lieben besonders Zierrat aus Silber, denn dieses Metall symbolisiert für sie Lichtheit und Edelmut.

Die Taiya im Norden von Taiwan verfertigen aus Perlenschnüren sogar ganze Gewänder, für die pro Stück bis zu 60 000 Perlen benötig werden. Sie sind nicht nur von großem künstlerischen Wert, sondern dienen bei diesem Volk auch als Zahlungsmittel.

Unter der Regierungspolitik der nationalen Einheit und Gleichheit haben die nationalen Minoritäten in der Wirtschaft und anderen Aspekten des Lebens große Fortschritte gemacht. Ihre traditionellen Trachten sind ein bedeutender Teil von Chinas künstlerischem Erbe. Ihre Produktion ist heute viel leichter und durch die Einführug von Kunstfasern noch viefältiger geworden.

Aus „China im Aufbau“, Nr. 9, 1983

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