August 2004
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Chinas Urlauber entdecken das Ausland

Von Zhang Hua

„In den letzten drei Jahren habe ich alle meine staatlichen Feiertage im Ausland verbracht,“ sagt Xia Zhiyuan, stellvertretender Vorstandsvorsitzender einer ausländischen Firma in Beijing, mit Zufriedenheit. Für die drei langen Feiertagswochen hat er sich offensichtlich für Reisen ins Ausland entschieden. Während China sich an den Trend der Globalisierung anpasst und ein wesentlicher Aspekt der Globalisierung wird, wächst die Neugierde der Mittelschicht in China über andere Länder. Reisen ins Ausland sind einfacher als je zuvor und relevante Informationen sind durch Fernsehwerbungen, Reisebroschüren und das Internet leicht verfügbar. Die Medien liefern im Überfluss Bilder von exotischen ausländischen Landschaften, Volksbräuchen und dem Alltagsleben.

„Jetzt, besitze ich mein eigenes Haus und Auto, da finde ich, dass es an der Zeit ist, andere Teile der Welt zu erkunden,“ sagt Xia. Sein Wunsch bestätigt das Ergebnis einer Tourismusforschung: Wenn das BIP eines Landes bei 800 US-Dollar bis 1000 US-Dollar liegt, fangen die Bürger an Urlaub im Inland zu machen, bei einem BIP von 4000 US-Dollar bis zu 10000 US-Dollar wendet sich ihre Vorliebe zum Urlaub im Ausland. Wie ein Bericht der Welttourismusorganisation zeigt, ist China der am schnellsten wachsende Tourismusmarkt der Welt. In den kommenden 20 Jahren werden schätzungsweise 100 Mill. Chinesen ausländischen Boden betreten.

In den letzten Jahren haben immer mehr Chinesen ihre Leidenschaft für Auslandsreisen gezeigt. Reisegruppen ins Ausland sind einen Monat im Voraus vor den großen Feiertagswochen jeweils im Mai, Oktober und Januar/Februar ausgebucht. Man sieht chinesische Touristen in Europa, Amerika, Ozeanien und Südostasien. Eine breiter denn je gefächerte Auswahl an Reisezielen eröffnet sich den chinesischen Urlaubern, nachdem He Guangwei, Vorsitzender der staatlichen Tourismusbehörde Chinas mit 28 Ländern und Gebieten Abkommen bezüglich der Einreise individueller chinesischer Touristen unterschrieben hat.

Ab ins Wunderland

Mit der wachsenden Zahl von Chinesen, die einen Auslandsurlaub planen, erweitern sich auch die Reiserouten ins Ausland. Einer Umfrage zufolge sind die beliebtesten Reiseziele chinesischer Urlauber Europa (27,4%), Australien und Neuseeland (25,5%) und die USA (21,7%). Ergebnisse der australischen Marktforschung zeigen eine deutliche Vorliebe chinesischer Touristen für die USA, Frankreich und Australien.

Um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten, bieten chinesische Reiseagenturen neuerdings Europa- und Inselreiserouten an. Der fünfundvierzigjährige Li Jian ist Vorsitzender im Verwaltungsrat einer Baumaterial- und Innengestaltungssfirma in Beijing. Er hat schon lange von einer Reise nach Europa geträumt. „Ich habe, als ich jung war, schon westliche Klassik gehört, die literarischen Werke der großen europäischen Schriftsteller gelesen und ich kenne mich in europäischer Geschichte aus. Ich habe mich immer gefragt, was für ein Milieu den französischen Schriftsteller Maupassant inspiriert hat, ob die Donau wirklich blau ist und ob es den Wiener Wald, wie er in Johann Strauss’ Musik gefeiert wird, tatsächlich gibt. Ich habe mich schon immer danach gesehnt, nach Europa zu gehen, aber das war ein unmöglicher Traum, bis zu Chinas Öffnung.

Li’s Traum wurde wahr, als er sich 1999 einer Geschäftsreisegruppe nach Europa anschloss. Um einen Hauch der kultivierten aber dekadenten französischen Aristokratie im 17. und 18. Jahrhundert einzufangen, ging er in den Louvre in Paris und den Palast von Versailles. Bei der Fahrt durch die österreichischen Alpen sah Li mit seinen eigenen Augen, dass die Donau wirklich blau ist. Er sah von einer Terrasse im Wiener Wald der Donau zu, wie sie zu Begleitung von Strauss’ Musik durch die Stadt floss. Er hatte endlich einen Fuss in sein Traumland gesetzt und viele glorreiche Monumente der Geschichte und Kultur Europas gesehen. Viele Chinesen mittleren Alters teilen Li’s Traum und sie erwarten einen verstärkten kulturellen Austausch zwischen China und dem Westen.

Inseltouren sind bei der jüngeren Generation am beliebtesten. Erschöpft von der Hochdruck-Arbeitsroutine in der Großstadt, bevorzugen sie meist eine exotische, weniger anspruchsvolle Kultur, die totale Erholung ermöglicht.

Touristen als Kunden

„Waren schon mal chinesische Kunde in Ihrem Geschäft? Wenn nicht, dann bereiten Sie sich auf einen Ansturm chinesischer Reisegruppen vor; denn sie werden Ihnen Profite für die nächsten 50 Jahre garantieren,“ so der Rat eines Untersuchungsreports über den Überseemarkt.

Unternehmen rund um die Welt verbinden chinesische Konsumenten mit sich überschlagenden Profiten. Eine Dame aus Beijing hat das Erlebnis ihres Lebens in einer Hong Konger Einkaufsmall. Überzeugt, dass Mode in Hong Kong von besserer Qualität ist als in Beijing, hat sie fast 4000 US-Dollar allein auf diesem Shoppingausflug ausgegeben und ist jetzt überladen mit kürzlich gekaufter Designerkleidung, Schmuck und Markenkosmetika. Statistiken einer bekannten Investmentbank zeigen, dass Chinesen vom Festland mehr als Amerikaner, Japaner oder Europäer in Hong Kong ausgeben. Obwohl sie oft in Billighotels absteigen, ist ihre Kaufkraft keineswegs bescheiden. Shoppen ist ihre größte Motivation, Hong Kong zu besuchen. Das schnelle Wachstum der chinesischen Wirtschaft bietet der Hotel-, Luftfahrts- und Tourismusindustrie viele Geschäftsmöglichkeiten, um nur 3 Beispiele zu nennen. Auf der 15. Generalversammlung der Welttourismusorganisation in Beijing, sagte Generalsekretär Francesco Frangialli: „Unsere Informationen zeigen, dass Chinesen die bedeutendsten Tourismuskonsumenten werden. Ich weiß, dass viele Mitgliedsländer diese Chance nutzen, um ihre Geschäftbeziehungen zum chinesischen Markt zu verbessern. Und ich unterstütze sie dabei aus vollem Herzen.“

Jetzt, wo sich Überseerouten schnell vervielfachen, sind die Auslandsreisebüros sich mehr bewusst, dass zufriedene chinesische Konsumenten eine sichere Möglichkeit sind, Profite zu garantieren. Eine europäische Hotelkette stellt Personal ein, speziell um chinesische Gäste zu empfangen und amerikanische Businesshotels fangen an, nach Geschmack chinesischer Reisender Verpflegung zu bieten. Einige Pariser Boutiquen legen Schilder aus, die aussagen, dass in ihrem Geschäft chinesischsprachiger Service angeboten wird. Andere bilden ihr Personal aus, um ihre Kunden in einfachem Chinesisch zu bedienen. Das Frühlingsfest (Neujahr nach dem chinesischen Mondkalender) ist jetzt ein offizieller Feiertag in Indonesien und in dieser Zeit finden kulturelle Aktivitäten in Hülle und Fülle in vielen anderen Ländern Südostasiens, insbesondere in Thailand, statt.

Inmitten einer allgemein schleppenden Weltwirtschaft boomt Chinas Wirtschaft, weshalb all die berühmten Reiseziele der Welt ihr Bestes geben, um chinesische Besucher anzuziehen. Die Welttourismusorganisation sagt für 2020 eine Rekordhöhe an chinesischen Touristen in Übersee voraus. In der Zwischenzeit werden chinesische Touristen schnell zum Hauptantrieb des internationalen Tourismusmarktes.

 

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