Die
Mittelschule Lhasa
in Jarrag Lingka

Nachdem das vorbereitende Komitee die Gaxag-Regierung
und patriotisch gesinnte Persönlichkeiten mehrmals im April
1956 konsultiert hatte, wurde auf der 8. Sitzung des ständigen
Ausschusses des vorbereitenden Komitees die Resolution zur
Gründung der Mittelschule Lhasa angenommen. Das vorbereitende
Komitee wies Gelder in Höhe von einer Million Tael Silberdollar
an, die Gaxag-Regierung stellte ein großes Stück „Lingka“
(das Gebiet eines Parks) als Schulstandort zur Verfügung und
die in eine Zivilstellung übergewechselten Armeeangehörigen
des 18. Korps begannen mit den Bauarbeiten.
Am 21. September 1956 wurde die Mittelschule
Lhasa, die erste Mittelschule Tibets, eröffnet. Die Abgänger
der Grundschule Lhasa machten den größten Teil der Mittelschüler
aus; hinzu kamen noch Grundschulabgänger aus Gyangze und Xigaze
und einige wenige Abgänger der privaten Einklassenschulen
im Bezirk Lhasa. Damals gab es fünf Klassen der Unterstufe,
drei vorbereitende Klassen der Unterstufe, zwei Kurzkurse
zur Ausbildung von Lehrkräften und eine Lamaklasse. Insgesamt
waren es 650 Schüler und 58 Lehrer. Das Alter der Schüler
lag zwischen 12 und über 40 Jahren. Ihr Bildungsstand war
unterschiedlich. Manche hatten schon ein ziemlich hohes Niveau
erreicht, andere konnten eben mit Mühe lesen und schreiben
und wieder andere waren sogar noch Analphabeten. Weil die
Schule noch im Bau war, wurde anfangs in Zelten unterrichtet
und auch gewohnt.
1959 wurde die Mittelschule reorganisiert.
Die Zahl der Schüler und Lehrer wurde auf etwas mehr als 200
reduziert; Regeln und Vorschriften wurden vervollständigt.
Auf dieser Grundlage wurde den wirklichen Umständen Tibets
gemäß und bei Beachtung der Sitten und Gebräuche verschiedener
Nationalitäten ein anderes Unterrichtssystem als im Landesinneren
eingeführt. Nach der neuen Bestimmung konnten nun morgens
20 Minuten lang tibetische Lehrer und Schüler sowie Angehörige
der Hui-Nationalität ihre Gebete verlesen. An jedem Freitag
konnten Lehrer und Schüler der Hui-Nationalität an ihrer Gebetsversammlung
teilnehmen. Tibetische Lehrer und Schüler konnten einmal im
Jahr den Dalai Lama auf Knien anbeten. Die Regierung trug
alle Kosten für Essen, Unterkunft, Kleidung und schulische
Artikel aller Schüler. Das Lehrprogramm richtete sich nach
den Bedürfnissen des Aufbaus des neuen Tibet und umfasste
u. a. Politik, tibetische und chinesische Sprache und Schrift,
Mathematik, Biologie und Geographie. Der Unterricht wurde
vor allem in tibetischer Sprache erteilt. Für die Unterstufe
der Mittelschule waren vier Jahre vorgesehen. Nach der Erinnerung
von Qamba Dainda, der damals in der Mittelschule Lhasa Lehrer
war, verlangte die Schule von den Han-Lehrern, die tibetische
Sprache und Schrift zu erlernen, um in Tibetisch unterrichten
zu können. So wurde ein Teil von Han-Lehrern nach Xianyang,
Provinz Shaanxi, geschickt, um in der dortigen staatlichen
Kaderschule für Tibet Tibetisch zu lernen. Die anderen Han-Lehrer
blieben weiter in Lhasa und beschäftigten sich neben dem Unterricht
und dem Tibetischlernen noch mit der Zusammenstellung und
Übersetzung von Lehrstoffen.
Nach der offiziellen Gründung wurde die Mittelschule
Lhasa in Jarrag Lingka, im westlichen Vorort, untergebracht.
Die geräumigen Klassenzimmer, die Bibliothek, die Büros und
das Schülerheim waren erstklassig für Tibet. Alle Fenster
waren verglast. Dutzende von Zelten wurden als Wohnungen für
Han-Lehrer aufgestellt. Die Bibliothek hatte 14 000 Bücher
und man konnte dort Zeitungen und Zeitschriften aus allen
Landesteilen lesen.
1958 wurde die staatliche Kaderschule für
Tibet in Xianyang, Provinz Shaanxi, gegründet. Schüler waren
neben Kadern verschiedener Nationalitäten meist Kinder von
Leibeigenen. 1958 betrug die Schülerzahl 3415, darunter Jugendliche
der tibetischen, der Hui-, der Yi-, der Naxi-, der Tu-, und
der mongolischen Nationalität sowie der Han aus allen Teilen
Tibets. Im April 1959 kehrten mehr als 2100 Schüler der Schule
nach Tibet zurück, um an der Niederschlagung der Rebellion
mitzuwirken und an der Reform teilzunehmen (Das Jahrbuch
des chinesischen Bildungswesens, Band der Jahre 1949-1984).