Ein
Besuch im Mausoleum des Gelben Kaisers
Von
Fang Dong
Die Lößhochebene
in Nordwestchina, im Gebiet des berühmten Gelben Flusses,
ist als Ursprung der Kultur der chinesischen Nation bekannt.
Ihre Erschließung reicht nicht nur in die Zeit vor 5000 Jahren,
als der Mensch die Schrift erfand, sondern sogar bis in die
Zeit des Affen-Menschen vor 500 000 Jahren zurück. Über diese
Lößhochebene führt auch die weltbekannte Seidenstraße gen
Westen. Als Wiege der chinesischen Nation birgt sie viele
bekannte Sehenswürdigkeiten, wovon eine das Mausoleum des
Gelben Kaisers im Kreis Huangling in der Provinz Shaanxi ist.
Der Gelbe Kaiser soll der Ahn aller Nationalitäten Mittelchinas
und der Stammvater der chinesischen Nation sein.
Das Mausoleum
liegt etwa 200 km weit von Xi’an, der Hauptstadt der Provinz
Shaanxi, entfernt und ist heute bereits zu einem Ort geworden,
der nicht wenige chinesische und ausländische Touristen in
seinen Bann zieht. Allein im letzten Jahre haben bereits mehr
als 200 000 Menschen das Mausoleum besichtigt.
Der
Xuanyuan-Tempel
Der Kreis
Huangling befindet sich am südlichen Rand des Yan’an-Gebietes,
das als eine der grünen Inseln auf der 600 000 qkm weiten
Lößhochebene bekannt ist. Der Qiaoshan nördlich der Kreisstadt
Huangling, auf dem sich das Mausoleum des Gelben Kaisers befindet,
liegt wie ein Kleinod in diese grüne Insel eingebettet und
ist bedeckt von üppigen grünen Zypressen, wodurch er sich
von allen anderen Bergen in diesem Gebiet unterscheidet.
Der neu
renovierte, prächtige Xuanyuan-Tempel liegt am östlichen Fuß
des Qiaoshan. Über dem Eingangstor des Tempels hängt eine
Tafel mit drei großen chinesischen Schriftzeichen „Xuanyuan-Tempel“,
da der Tempel nach dem Namen des Gelben Kaisers Xuanyuan benannt
wurde. Betritt man den Tempelbezirk, erblickt man zuerst eine
große, alte Zypresse, die 19 m hochragt und einen Umfang von
6 m hat, der sich an der Basis auf 10 m vergrößert. Die Zypresse
ist zwar in die Jahre gekommen, aber immer noch kräftig. Der
Überlieferung nach wurde diese Zypresse vom Gelben Kaiser
selbst gepflanzt und ist schon über 5000 Jahre alt, weshalb
man sie auch die „Xuanyuan-Zypresse“ nennt. Ausländische Gelehrte
rühmen sie als den „Vater aller Zypressen auf der ganzen Welt“.
Insgesamt gibt es im Tempelbezirk 14 solcher Zypressen. Sie
sind Zeugen der Geschichte der chinesischen Nation, die durch
mehrere tausend Jahre hindurch harte Kämpfe und große Veränderungen
erlebt hat.
Inmitten
des Hofs befindet sich ein Pavillon, in dem früher Steintafeln
standen, auf denen die Namen mancher Kaiser und berühmter
Schriftsteller und Dichter, die einst hierher kamen, um dem
Gelben Kaiser zu opfern, und deren Trauergebete aufgezeichnet
waren. Heute stehen hier nur noch Steintafeln mit Trauergebeten
aus der Ming- und Qing-Dynastie sowie der Republik.
Hinter
dem Pavillon liegt die Haupthalle des Tempels, die eine Tafel
mit den vier großen goldenen chinesischen Schriftzeichen „Der
früheste Ahn der chinesischen Nation“ trägt. In dieser Halle
steht vor der Gedenktafel des Gelben Kaisers, die sich in
einer kleinen Nische befindet, ein Weihrauchaltar, zu dessen
beiden Seiten zwei Kränze aufgestellt worden sind. An der
linken und rechten Wand der Halle hängen hölzerne Tafeln,
die an die Geschichte des Gelben Kaisers, seines Mausoleums
und des Xuanyuan-Tempels erinnern. Manche Besucher verhalten
in stillem Gebet vor der Gedenktafel des Gelben Kaisers und
verbeugen sich dann dreimal, um ihre Verehrung für ihn zum
Ausdruck zu bringen.
Vor der
Halle steht eine alte Zypresse, an die Liu Bang, der Kaiser
der Han-Dynastie (140–87 v. Z.), einst seinen Helm und seinen
Panzer hängen sollte, bevor er bei Suofang ins Feld (heute
im Westteil der Inneren Mongolei und Nordshaanxis) zog. Heute
sind noch die Nagellöcher in der Zypressenrinde zu sehen,
aus denen der Baumsaft fließt.
Nach
der Überlieferung wurde der Xuanyuan-Tempel in der Han-Dynastie
(206 v. u. Z.–220 u. Z.) am östlichen Fuß des Qiaoshan erbaut,
in der Tang-Dynastie (618–907) an den westlichen Fuß des Qiaoshan
verlegt und in der Song-Dynastie (960–1279) wiederum an den
östlichen Fuß zurück versetzt. Der Tempel nimmt eine Fläche
von etwa 0,66 ha ein und wurde in den letzten Jahren neu renoviert
und mit Zypressen und mehr als 170 verschiedenen Blumen und
Pflanzen geschmückt, so dass er heute wie ein Garten wirkt.
Das
Mausoleum des Gelben Kaisers
Vom Xuanyuan-Tempel
führt ein Weg durch einen Zypressenhain zum Gipfel des Qiaoshan,
an dessen Ende man das Mausoleum des Gelben Kaisers erreicht.
Das Grab ist 3,6 m hoch, hat einen Umfang von 48 m und ist
von einer niedrigen Ziegelmauer umgeben. Auf dem Grab wachsen
üppige Bäume, und vor dem Grab steht eine Steintafel mit der
Inschrift „Das Grab des Gelben Kaisers auf dem Qiaoshan“,
die im Jahre 1776 während der Qing-Dynastie vom Gouverneur
der Provinz Shaanxi gestiftet wurde. Vor der Steintafel befindet
sich ein Pavillon, in dem das Grab, geschmückt mit der Kalligraphie
des berühmten chinesischen Literaten und Historikers Guo Moruo,
steht.
Rechts
vor dem Grab liegt eine große, hohe Terrasse. Man sagt, der
Han-Kaiser Liu Bang habe diese Terrasse bauen lassen, um zu
den Schutzgeistern zu beten, als er einstmals zum Grab gekommen
sei, um dem Gelben Kaiser zu opfern.
Der Gelbe
Kaiser soll vor 5000 Jahren der Anführer des Stammbundes im
Gebiet des Gelben Flusses im heutigen Mittel-, Nordwest- und
Nordchina gewesen sein. Wegen seiner großen Kriegsverdienste
sei er von allen Stämmen zum Führer gewählt worden. Er habe
25 Söhne gehabt, die in den Gebieten am Gelben Fluss und am
Yangtse ihre Kinder und Kindeskinder hinterlassen haben. Der
Gelbe Kaiser soll das Volk dazu angehalten haben, Ackerbau
zu treiben sowie Vögel und Tiere zu züchten; er soll auch
Schlösser haben bauen lassen, habe Boot und Wagen bauen sowie
fünffarbige Kleidung weben können und habe Schriftzeichen,
Musik, Medizin und Mathematik geschaffen. In Wirklichkeit
wurden manche Erfindungen, die man dem Gelben Kaiser zuschrieb,
von anderen gemacht. Z. B. hatte Lei Zu, die Frau des Gelben
Kaisers, die Seidenraupenzucht, die Seidenspinnerei und das
Brokatweben erfunden. Ein damaliger Geschichtsschreiber, namens
Cang Jie, hatte alte Schriftzeichen neu geordnet und dadurch
die chinesische Schrift geschaffen.
Nach
Aufzeichnungen aus dem Altertum wurde der Gelbe Kaiser sehr
vom Volk verehrt. Sima Qian, ein Historiker der Han-Dynastie,
vor mehr als 2000 Jahren, schrieb ab der Zeit des Gelben Kaisers
die Geschichte Chinas vor der Han-Dynastie nieder, deshalb
nannte man den Gelben Kaiser später den „frühesten Ahnen der
chinesischen Nation“. Der Überlieferung nach war der Gelbe
Kaiser mit dem Kaiser Yan Di, dem Führer des Stammbundes des
heutigen Südchina, blutsverwandt. Deswegen vereinigten sich
die zwei großen Stammbünde zu einer Nation, der chinesischen
Nation, und so nennen sich die Chinesen auch Nachfolger des
Kaisers Yan Di und des Gelben Kaisers. Für die Lokalisierung
des Geburtsortes des Gelben Kaisers gibt es verschiedene Möglichkeiten,
wie den Kreis Xinzheng in der Provinz Henan und den Kreis
Shouqiu in der Provinz Shandong. Es soll neben dem Mausoleum
in der Provinz Shaanxi auch in den Provinzen Gansu und Henan
ein Mausoleum des Gelben Kaisers geben. Aber nach den Aufzeichnungen
der „Biographie der fünf Kaiser“ sowie der „Biographie des
Gelben Kaisers“ im Buch „Shi Ji (Geschichtliche Aufzeichnungen)“
von Sima Qian wurde der Gelbe Kaiser, nachdem er gestorben
war, auf dem Qiaoshan bestattet.
Aus „China im Aufbau“, Nr.
12, 1984