Dezember 2004
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Schneller und billiger

Von Mark Godfrey

Mit reicher Erfahrung durch Riesenprojekte zu Hause ausgestattet wenden chinesische Baufirmen ihren Blick auf ihre Nachbarländer und Afrika um Aufträge.

Chinesische Baufirmen, die durch die enormen Bauprojekte, die die chinesische Stadtlandschaft neu definiert haben, übersättigt sind, suchen zunehmend Aufträge im Ausland. Lokale Firmen sind schon stark in Projekte involviert quer durch Asien und Afrika und nun sind auch reichere Länder in ihr Blickfeld gerückt. Und Arbeit scheint es genug zu geben. Diesen Sommer bat die Regierung Simbabwes chinesische Bauunternehmen, den Einheimischen zu helfen, erschwingliche Wohnbauten zu schaffen und Hochleistungsmaschinen für den Straßenbau zu liefern. Baufirmen aus China sind schon seit über einer Dekade in Botswana und es waren chinesische Firmen, die große Teile der algerischen Infrastruktur wieder aufbauten, nach einem verheerendem Erdbeben im Mai 2003. Chinesische staatliche Firmen sind währenddessen dabei, in Pakistan Wasserkraftwerke aufzubauen, um diesem Land zu helfen, eine drohende Energiekrise abzuwenden.

Das benachbarte Afghanistan wurde auch von Handelsdelegationen aus Beijing besucht: führende chinesische Baufirmen ließen vermelden, dass sie die Situation in Afghanistan genau beobachteten und schon am Aufbau von Kabul und Herat, den zwei größten Städten des Landes, teilgenommen hätten. „Wir beobachten sehr genau, was vorgeht. Es gibt viele Projekte seit Kriegsende“, sagt ein Beamter der Chinesischen Staatlichen Firma für Bauingenieurwesen, dem größten Auftragsnehmer von Auslandsprojekten. Die Gruppe für Straßen- und Brückenbau Chinas, eine weitere führende chinesische Baufirma, fasst auch große Infrastrukturabkommen ins Auge, die mit Geld bezahlt werden, das von internationalen Spendern versprochen wurde. „Wir werden sicher in den Markt eintreten, wenn sich die Chance bietet“, sagt Yao Haidong, stellvertretender Geschäftsführer der Abteilung für die Entwicklung überseeischer Geschäfte der Gruppe.

Chinesische Baufirmen haben eine bewundernswerte Fähigkeit an den Tag gelegt, wichtige Infrastrukturprojekte billig und schnell zu bauen. Die vierte Ringstraße in Beijing ist über 65 km lang und kostete weniger als die veranschlagten 7,26 Milliarden Yuan (ca. 870 Mio. Euro). Zum Vergleich wird die Arbeit an einer verrufenen und problemreichen 30 km-Umgehungsstraße in der irischen Hauptstadt Dublin seit einigen Jahren aufgenommen und wieder niedergelegt, wobei der Bau des zweispurigen Streifens einstweilen über 500 Mio. Euro kostete. Beijings letzte Autobahn war achtspurig auf beiden Seiten. Vor 2008, wenn China die Olympischen Spiele austragen wird, werden zwei weitere Ringstraßen zu den jetzigen vier dazukommen. In den späten 1990ern führte die Beijinger Stadtregierung ein öffentlich-privates Finanzierungssystem ein, als es nicht genug Geld für die Finanzierung der Straßen gab, die die Stadt dringend benötigte. Schnell wurde von den Stadtplanern eine Firma gegründet, die mit der Geldbeschaffung und mit dem Straßenbau beauftragt wurde. Die neue Firma übernahm die volle Verantwortung dafür, Investitionen anzuwerben, die Straßen zu finanzieren und die Arbeit auszuschreiben. Das erste Produkt des neuen Systems war ein erstaunlicher Erfolg. Die über 65 km lange vierte Ringstraße ist mit 147 Überführungen und Übergängen bereits in Funktion gesetzt. Mehr als ein Dutzend Kabelstränge und 500 km Rohrleitungen wurden unter der Straße verlegt, die Wasser, Elektrizität, Gas und Wärme transportieren. Das ganze Riesenprojekt wurde abgeschlossen und die Straße war innerhalb von drei Jahren in Betrieb, zwei Jahre vor dem Zeitplan.

Die hohe Geschwindigkeit, hohe Qualität und die niedrigen Kosten des Baus der vierten Ringstraße haben die Aufmerksamkeit von Regierungen weltweit erregt, laut Meng Xianlong, dem stellvertretenden Direktor des Kontrollzentrums des Beijinger Verkehrsverwaltungsbüros. „Wir heißen jeden willkommen, der unsere Infrastruktur besichtigen und sehen will, wie wir moderne Transportsysteme mit hoher Qualität bauen. Im Moment konzentrieren wir uns darauf, besser zu werden. Fortgeschrittene Informationstechnologien werden für die Verkehrskontrolle eingeführt, damit wir den Verkehr beschleunigen können.“

China ist darauf erpicht, um Aufträge für öffentliche Arbeiten in Europa zu kämpfen und bietet an, die Arbeiten billiger und schneller als die lokalen Auftragsnehmer durchzuführen. Chinas Staatspräsident Hu Jintao teilte Handelsvertretern mit, die mit seinem EU-Amtskollegen Romano Prodi früher in diesem Jahr reisten, dass er hoffte, dass chinesische Firmen Ausschreibungen für Straßen- und Bahnprojekte in Europa gewinnen würden. Die chinesische Regierung drängt chinesische Baufirmen, mit ausländischen Rivalen auf derem Heimatboden zu konkurrieren, da China nun ein Mitglied der Welthandelsorganisation ist. „Die Mitgliedschaft in der WTO hat mehr Chancen eröffnet, da mehr Baumärkte auf der ganzen Welt offen stehen für China“, sagt Jin Dejun, Chefingenieur im Bauministerium.

Chinesische Baufirmen rangieren unter den weltweit größten multinationalen Baufirmen, laut einer Umfrage des Engineering News Record, einem Handelsmagazin, das von McGraw-Hill herausgegeben wird. Beurteilt nach den Einnahmen, die jede Firma 2003 außerhalb ihres Heimatbodens hervorbrachte, reihte die Begutachtung Sinohydrop Corporation, Shandong Electric Power Construction Corporation und China Metallurgical Construction Company als drei der weltweit größten Baukonzerne ein. China Metallurgical hat Filialen in ganz Asien, wie auch in Los Angeles, Südafrika, Nigerien und Simbabwe.

Alle Straßen führen vielleicht aus Beijing hinaus, aber die chinesische Hauptstadt und andere Städte in China brauchen noch immer mehr Straßen und eine bessere öffentliche Infrastruktur. In einigen Jahren wird diese überdimensionale Stadt über drei Millionen Autos beherbergen. In zwanzig Jahen werden zehn Millionen Autos auf diesen Straßen fahren, hat die Beijinger Stadtregierung vorausgesagt. Verkehrsplaner und Umweltexperten lassen aber anklingen, dass kein Ausmaß an gewaltigen Straßen den unersättlichen Verkehrsbedarf befriedigen könne. Es sei ausschlaggebend, mehr der sechzehn Millionen Einwohner der Stadt dazu zu bringen, auf Busse und U-Bahn umzusteigen, meinten sie. Einem größeren Problem stehen einige der Gebäude, Straßen und U-Bahnen gegenüber, die während des fieberhaften Baubooms in den letzten zwanzig Jahren gebaut wurden: letzten Sommer brach während eines U-Bahn Tunnelbaus eine Reihe von Häusern in Shanghais Innenstadt zusammen. Chinas Bauunternehmer haben noch einiges zu lernen, aber es scheint, dass nichts sie aufhalten kann, für die Welt Wohnblöcke zu bauen.

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