Schneller
und billiger
Von
Mark Godfrey
Mit
reicher Erfahrung durch Riesenprojekte zu Hause ausgestattet
wenden chinesische Baufirmen ihren Blick auf ihre Nachbarländer
und Afrika um Aufträge.
Chinesische Baufirmen,
die durch die enormen Bauprojekte, die die chinesische Stadtlandschaft
neu definiert haben, übersättigt sind, suchen zunehmend Aufträge
im Ausland. Lokale Firmen sind schon stark in Projekte involviert
quer durch Asien und Afrika und nun sind auch reichere Länder
in ihr Blickfeld gerückt. Und Arbeit scheint es genug zu geben.
Diesen Sommer bat die Regierung Simbabwes chinesische Bauunternehmen,
den Einheimischen zu helfen, erschwingliche Wohnbauten zu
schaffen und Hochleistungsmaschinen für den Straßenbau zu
liefern. Baufirmen aus China sind schon seit über einer Dekade
in Botswana und es waren chinesische Firmen, die große Teile
der algerischen Infrastruktur wieder aufbauten, nach einem
verheerendem Erdbeben im Mai 2003. Chinesische staatliche
Firmen sind währenddessen dabei, in Pakistan Wasserkraftwerke
aufzubauen, um diesem Land zu helfen, eine drohende Energiekrise
abzuwenden.
Das
benachbarte Afghanistan wurde auch von Handelsdelegationen
aus Beijing besucht: führende chinesische Baufirmen ließen
vermelden, dass sie die Situation in Afghanistan genau beobachteten
und schon am Aufbau von Kabul und Herat, den zwei größten
Städten des Landes, teilgenommen hätten. „Wir beobachten sehr
genau, was vorgeht. Es gibt viele Projekte seit Kriegsende“,
sagt ein Beamter der Chinesischen Staatlichen Firma für Bauingenieurwesen,
dem größten Auftragsnehmer von Auslandsprojekten. Die Gruppe
für Straßen- und Brückenbau Chinas, eine weitere führende
chinesische Baufirma, fasst auch große Infrastrukturabkommen
ins Auge, die mit Geld bezahlt werden, das von internationalen
Spendern versprochen wurde. „Wir werden sicher in den Markt
eintreten, wenn sich die Chance bietet“, sagt Yao Haidong,
stellvertretender Geschäftsführer der Abteilung für die Entwicklung
überseeischer Geschäfte der Gruppe.
Chinesische
Baufirmen haben eine bewundernswerte Fähigkeit an den Tag
gelegt, wichtige Infrastrukturprojekte billig und schnell
zu bauen. Die vierte Ringstraße in Beijing ist über 65 km
lang und kostete weniger als die veranschlagten 7,26 Milliarden
Yuan (ca. 870 Mio. Euro). Zum Vergleich wird die Arbeit an
einer verrufenen und problemreichen 30 km-Umgehungsstraße
in der irischen Hauptstadt Dublin seit einigen Jahren aufgenommen
und wieder niedergelegt, wobei der Bau des zweispurigen Streifens
einstweilen über 500 Mio. Euro kostete. Beijings letzte Autobahn
war achtspurig auf beiden Seiten. Vor 2008, wenn China die
Olympischen Spiele austragen wird, werden zwei weitere Ringstraßen
zu den jetzigen vier dazukommen. In den späten 1990ern führte
die Beijinger Stadtregierung ein öffentlich-privates Finanzierungssystem
ein, als es nicht genug Geld für die Finanzierung der Straßen
gab, die die Stadt dringend benötigte. Schnell wurde von den
Stadtplanern eine Firma gegründet, die mit der Geldbeschaffung
und mit dem Straßenbau beauftragt wurde. Die neue Firma übernahm
die volle Verantwortung dafür, Investitionen anzuwerben, die
Straßen zu finanzieren und die Arbeit auszuschreiben. Das
erste Produkt des neuen Systems war ein erstaunlicher Erfolg.
Die über 65 km lange vierte Ringstraße ist mit 147 Überführungen
und Übergängen bereits in Funktion gesetzt. Mehr als ein Dutzend
Kabelstränge und 500 km Rohrleitungen wurden unter der Straße
verlegt, die Wasser, Elektrizität, Gas und Wärme transportieren.
Das ganze Riesenprojekt wurde abgeschlossen und die Straße
war innerhalb von drei Jahren in Betrieb, zwei Jahre vor dem
Zeitplan.
Die hohe Geschwindigkeit,
hohe Qualität und die niedrigen Kosten des Baus der vierten
Ringstraße haben die Aufmerksamkeit von Regierungen weltweit
erregt, laut Meng Xianlong, dem stellvertretenden Direktor
des Kontrollzentrums des Beijinger Verkehrsverwaltungsbüros.
„Wir heißen jeden willkommen, der unsere Infrastruktur besichtigen
und sehen will, wie wir moderne Transportsysteme mit hoher
Qualität bauen. Im Moment konzentrieren wir uns darauf, besser
zu werden. Fortgeschrittene Informationstechnologien werden
für die Verkehrskontrolle eingeführt, damit wir den Verkehr
beschleunigen können.“
China ist darauf
erpicht, um Aufträge für öffentliche Arbeiten in Europa zu
kämpfen und bietet an, die Arbeiten billiger und schneller
als die lokalen Auftragsnehmer durchzuführen. Chinas Staatspräsident
Hu Jintao teilte Handelsvertretern mit, die mit seinem EU-Amtskollegen
Romano Prodi früher in diesem Jahr reisten, dass er hoffte,
dass chinesische Firmen Ausschreibungen für Straßen- und Bahnprojekte
in Europa gewinnen würden. Die chinesische Regierung drängt
chinesische Baufirmen, mit ausländischen Rivalen auf derem
Heimatboden zu konkurrieren, da China nun ein Mitglied der
Welthandelsorganisation ist. „Die Mitgliedschaft in der WTO
hat mehr Chancen eröffnet, da mehr Baumärkte auf der ganzen
Welt offen stehen für China“, sagt Jin Dejun, Chefingenieur
im Bauministerium.
Chinesische Baufirmen
rangieren unter den weltweit größten multinationalen Baufirmen,
laut einer Umfrage des Engineering News Record, einem
Handelsmagazin, das von McGraw-Hill herausgegeben wird. Beurteilt
nach den Einnahmen, die jede Firma 2003 außerhalb ihres Heimatbodens
hervorbrachte, reihte die Begutachtung Sinohydrop Corporation,
Shandong Electric Power Construction Corporation und China
Metallurgical Construction Company als drei der weltweit größten
Baukonzerne ein. China Metallurgical hat Filialen in ganz
Asien, wie auch in Los Angeles, Südafrika, Nigerien und Simbabwe.
Alle Straßen
führen vielleicht aus Beijing hinaus, aber die chinesische
Hauptstadt und andere Städte in China brauchen noch immer
mehr Straßen und eine bessere öffentliche Infrastruktur. In
einigen Jahren wird diese überdimensionale Stadt über drei
Millionen Autos beherbergen. In zwanzig Jahen werden zehn
Millionen Autos auf diesen Straßen fahren, hat die Beijinger
Stadtregierung vorausgesagt. Verkehrsplaner und Umweltexperten
lassen aber anklingen, dass kein Ausmaß an gewaltigen Straßen
den unersättlichen Verkehrsbedarf befriedigen könne. Es sei
ausschlaggebend, mehr der sechzehn Millionen Einwohner der
Stadt dazu zu bringen, auf Busse und U-Bahn umzusteigen, meinten
sie. Einem größeren Problem stehen einige der Gebäude, Straßen
und U-Bahnen gegenüber, die während des fieberhaften Baubooms
in den letzten zwanzig Jahren gebaut wurden: letzten Sommer
brach während eines U-Bahn Tunnelbaus eine Reihe von Häusern
in Shanghais Innenstadt zusammen. Chinas Bauunternehmer haben
noch einiges zu lernen, aber es scheint, dass nichts sie aufhalten
kann, für die Welt Wohnblöcke zu bauen.