Oktober 2003
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Sonderberichte

China auf Rädern
Volkswagens Erfolgsgeschichte
Chinesische Autos zu schicken Preisen
Auf der Suche nach dem richtigen „Kindermädchen“ fürs Auto

Chinesische Autos zu schicken Preisen

Von Lu Rucai

 

In der Erwartung, dass die Preise nach Chinas Beitritt zur WTO fallen würden, wartete Herr Wang zwei Jahre mit dem Kauf eines Autos zu. Dies traf jedoch nicht ein – Autos sind so teuer wie eh und je. Die Autohändler sind mit der abwartenden Haltung potentieller Kunden bestens vertraut. Ein Verkäufer im Automarkt Yayuncun in Beijing teilte dem Reporter mit: „Obwohl sich Woche für Woche große Menschenmengen auf dem Automarkt einfinden, gibt es kaum einen, der seine Brieftasche zückt.“

Mit dem gestiegenen Lebensstandard in China ist es heute nicht mehr allzu außergewöhnlich, einen Privatwagen zu kaufen. 2002 erhöhte sich die Zahl der zivil verwendeten Fahrzeuge um 2,51 Mio. 60% davon waren für den privaten Gebrauch – in Beijing betrug dieser Anteil gar 90%. Laut einigen Experten steht das Zeitalter der Privatautos in China unmittelbar bevor, doch die Mehrheit der Konsumenten ist anderer Meinung. Sie haben starke Vorbehalte gegenüber den exklusiven Autopreisen, die in China herrschen. Chinas größter Automarkt, der Automarkt Yayuncun in Beijing, führte gemeinsam mit acht Internetportalen und sieben Medienagenturen eine Online-Umfrage über den chinesischen Automarkt durch. Das Ergebnis: 87% der Konsumenten finden die Preise in ihrem Land zu hoch. In der Bevölkerung gibt es einen starken Wunsch, ein Auto zu besitzen, doch es fehlt das nötige Geld dafür.

Besucher aus dem Ausland zeigen sich über die chinesischen Autopreise überrascht. Hierzulande sind sie mindestens doppelt so hoch wie anderswo. Für den neuen Honda Wagon z. B. sind in China 259 800 Yuan hinzublättern, während er in den USA nur 15 000 US-Dollar – rund 121 000 Yuan – kostet. Heißt dies etwa, dass die Chinesen mittlerweile so reich sind, dass sie sich ohne Weiteres ein Auto leisten können? Nicht, wenn man sich die Angaben des Staatlichen Amts für Statistik ansieht. Im ersten Quartal 2003 betrug das durchschnittliche monatlich verfügbare Einkommen städtischer Einwohner 784,8 Yuan, womit einem Haushalt im Jahr gut 9000 Yuan für außerordentliche Anschaffungen zur Verfügung stünden. Um einen 100 000 Yuan teuren Wagen zu erstehen, müsste er acht bis zehn Jahre sparen.

Warum sind die Preise so hoch?

Zum einen besteuert China die Kraftfahrzeuge nicht gemäß der international üblichen Praxis. Der Verkaufspreis einer Limousine aus inländischer Produktion beinhaltet 17% Mehrwertsteuer, 3–8% Verbrauchssteuer, 10% Kaufsteuer sowie Importgebühren auf Ersatzteile und örtliche Steuern. Somit entfallen 30–40% des Endpreises auf verschiedene Steuern, bei den Importautos gar 60%.

Zum anderen war Chinas Automobilindustrie lange ein geschütztes Monopol. Das Fehlen eines grundlegenden Wettbewerbsmechanismus trug zu den abnormal hohen Preisen bei. Laut Angaben der Staatlichen Planungskommission belief sich das Verkaufsvolumen auf dem chinesischen Automarkt 2002 auf 151,5 Mrd. Yuan, mit Gewinnen von 43,1 Mrd. Yuan. Die durchschnittliche Gewinnmarge liegt in der Kfz-Industrie bei 28,45% und ist damit die höchste der Welt. Experten haben darauf hingewiesen, dass Volkswagen in Deutschland an jedem verkauften Wagen 2000 Yuan verdient, in China jedoch das Zehnfache. Doch trotz dieser hohen Preise wünscht sich die Mehrheit der Bevölkerung ein Auto. Der Anteil der chinesischen Autobesitzer nimmt zwar rasch zu, aber sie sind noch immer eine kleine Minderheit. In Beijing beispielsweise stieg die Anzahl der Wagen 2002 um 276 000 und durchbrach die 2-Mio.-Marke. Hält man sich jedoch vor Augen, dass die Gesamtbevölkerung der Hauptstadt bei über 14 Mio. liegt, wird klar, dass die Mehrheit ihrer Einwohner noch immer mit dem Kauf eines Autos zuwartet. In kleineren Städten ist dies erst recht der Fall. Das Auto ist in China noch immer ein Luxus, und die meisten werden lange warten müssen, bis sie sich eines leisten können.

Ein gewisser Herr Liu drückt den allgemeinen Wunsch des Volkes aus: „Ich hoffe, dass die Festlegung der Autopreise in China bald internationalen Gepflogenheiten folgt. Ich wünsche den Autoherstellern keine Verluste, aber es scheint mir ungerecht, dass ein Auto in China so viel mehr kosten sollte als im Westen.“

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