Das
Frühlingsfest in China

Für die Han-Nationalität und viele
nationale Minderheiten ist das Frühlingsfest das wichtigste
Fest des Jahres. Es findet am ersten Tag des ersten Monats
nach dem chinesischen Mondkalender statt.


Die traditionellen Sitten für das Frühlingsfest,
die vor einigen Jahrtausenden entstanden, wurden bis heute
überliefert und werden auch heute noch befolgt. Aus Anlass
dieses Festes macht man z. B. die Wohnung gründlich sauber,
schmückt sie mit roten Papierstreifen, opfert den Göttern
und Ahnen, nimmt um Mitternacht eine Mahlzeit ein, durchwacht
die Neujahrsnacht, macht den Kindern Geldgeschenke, brennt
Feuerwerkskörper ab oder stattet einander Neujahrsbesuche
ab.
Mit der Entwicklung der Gesellschaft haben
sich zwar die meisten dieser Tätigkeiten bis heute noch
erhalten, aber auch einige von ihnen haben sich verändert,
manche sind sogar ganz verschwunden.
Vor
allem ist es nicht mehr möglich, dass man in einer modernen
Zeit, die von der natürlichen Agrarwirtschaft befreit worden
ist, einen ganzen Monat aufwendet, um das Frühlingsfest zu
feiern. Heute haben die Chinesen zum Frühlingsfest nur sieben
Tage frei (drei gesetzliche Feiertage inklusive zwei Wochenenden).
Nicht nur die Form, sondern auch der Inhalt
der Tätigkeiten haben große Veränderungen
erlebt. Beim Laternenfest sind z.B. neben den traditionellen
Laternen auch Laternen mit Motiven von Mickey Mouse, UFOs
und Dinosauriern zu finden, die mit modernen Techniken produziert
sind.
Nach der Tradition opferte man zum Frühlingsfest
den Glück und Reichtum verheißenden Göttern. In
Beijing warf man z. B. im Baiyun-Kloster Bronzescheibe in
die "goldenen Münzen", um in der Zukunft Glück zu
haben. Aber heute macht man das so, als ob man an einem Wettbewerb
teilnehme. Den Traum, reich zu werden, erfüllt man sich lieber
durch das Ausfüllen von Lottoscheinen.
Feuerwerkskörper
wurden angebrannt, um Dämonen zu vertreiben und eine
festliche Atmosphäre zu verbreiten. Aber heute ist es
in großen Städten und in bevölkerungsdichten
Gebieten verboten, weil es die Umwelt verschmutzt und unerwartete
Zwischenfälle verursacht. Man hat einmal versucht, Feuerwerkskörper
durch Luftballons oder Elektro-Feuerwerkskörper zu ersetzten,
was leider keinen Zuspruch gefunden hat. So fahren manche
lieber in die abgelegenen Gebiete, um Feuerwerkskörper
abzubrennen.
Heute wie damals kommen die Familienangehörigen
am Silvesterabend zusammen, um selbst Jiaozi (mit Hackfleisch
oder Gemüse gefüllte halbmondförmige Nudelteigtasche)
zu machen, obwohl sie in Supermärkten in großer
Menge angeboten werden. Das symboliert das harmonisches Familienleben
und ist ein Genuss des häuslichen Glücks für alle, besonders
für Senioren.
Im Vergleich zu den High-Tech-Produkten
wie elektronisches Spielzeug oder Computer üben die traditionellen
Spielzeuge wie Lehmfiguren, Masken, Holzmesser weniger Anziehungskraft
auf die Kinder aus. Auch die Zahl der Zuschauer der traditionellen
Theaterstücke hat abgenommen, denn die meisten Menschen bleiben
lieber zu Hause und schauen sich Fernsehsendungen an.
Wie oben erwähnt, haben die Chinesen
zum Frühlingsfest sieben Tage frei. Das ermöglicht den
jungen Leuten eine Reise ins Ausland. Außerdem haben
sie dann genug Zeit, im Internet zu surfen.
Es
gibt manche, vor allem Senioren, die sich nach alten Zeiten
zurücksehnen. Ihrer Meinung nach sei das Frühlingsfest nicht
mehr so lebhaft und farbig wie früher. Der wichtigste Grund
dafür liege in der Verbesserug des Lebensstandards. So sind
die Delikatessen, die man in der Vergangenheit nur zum Frühlingsfest
probieren konnte, heute etwas alltägliches geworden.
Sich neu einzukleiden war früher nur zum Frühlingsfest möglich,
aber heute sind viele Chinesen jederzeit in der Lage, nach
der Mode zu gehen.
Glücklicherweise sind viele kulturelle Tätigkeiten
zum Frühlingsfest, wie z.B. der Drachen- und Löwentanz
sowie andere künstlerische Veranstaltungen bis heute noch
lebendige Tradition geblieben. Die Neujahrsbilder und Spruchpaare
sind als dekorative Ausschmückung für Wohnungen bei vielen
beliebt.
Die Wichtigkeit des Frühlingsfestes liegt
in dem philosophischen Gedanken aus dem chinesischen Altertum
begründet, dass das Frühlingsfest die "Einheit von Himmel
und Mensch" repräsentiert. Für alle Dinge und die
Menschen in der Welt ist das Frühlingsfest ein Anfang voller
neuer Kraft.
o
Jianying