Der
helle Weg eines blinden Elektromechanikers
Zusammengestellt
von Gao Zhuan
Der
vorliegende Text beruht u .a. auf dem Bericht über Jiao Zhaolei
in der Zeitung Zuojia Wenzhai.
Jiao Xiaotong, dessen
Heimat auf einem Hügelland am Yangtse liegt, wurde 1957 in einer
Bauernfamilie in der Provinz Anhui geboren. In seinem 6. Lebensjahr
hat er wegen mangelhafter Ernährung eine böse
Krankheit durchmachen müssen, danach wurde er vollkommen blind.
Durch diesen Schicksalsschlag wurde die Welt für ihn in Dunkelheit
getaucht, doch der unbeugsame Bauernsohn ist mit unbändigem
Willen einen hellen Weg gegangen.
Die Eltern haben,
damit er später keine Last für die Familie blieb und
seinen Lebensunterhalt selbst verdienen konnte, einen Wahrsager
gebeten, dem Jungen das Geschick des Wahrsagens beizubringen.
Der Sohn lehnte es aber entschieden ab und meinte, dass die
Wahrsagerei betrügerisch ist, und er wollte ein
für die Gesellschaft nützlicher Mensch sein. Sein älterer
Bruder tröstete ihn damit, dass er ihn lebenslang ernähren
kann. Der Junge fasste aber den Willen, eine eigene Existenz
aufzubauen. Symbolisch hat er seine Eltern gebeten, ihm einen
neuen Namen zu geben, seitdem trägt er den sprechenden
Namen: Jiao Zhaolei (Licht und Aufrichtigkeit).
Um das Alltagsleben
der Familie zu erleichtern, versuchte er zuerst Brennholz auf
dem Hügel zu schlagen. Er hat den Hin-und Rückweg Stück für
Stück abgetastet. Nach einiger Zeit kannte er sich
schon in der umliegenden Landschaft im Umkreis von fünf
km aus und konnte sagen, wo Gruben liegen und große Steine
stehen. Durch diesen gelungenen Gehversuch konnte er an einem
Tag über 100 kg Brennholz nach Hause bringen.
Der blinde junge
Mann war dadurch ermutigt und versuchte dann im Fluss zu fischen.
Man sagt, dass die Behinderten eine sog. „Kompensationsfähigkeit“
haben. Bei Jiao Zhaolei geht es aber um vieles mehr. Nachdem
er sein Sehvermögen verloren hatte, hat er sich durch verschiedene
Übungen ein scharfes Gehör und geschickte handwerkliche
Fähigkeiten erworben. Er konnte die Windrichtung, der Strömungsverhältnisse
und mit Hilfe einer Schnur die Entfernung feststellen. In der
tiefen Nacht fuhr er mit einem kleinen Boot auf den Fluss und
sprang ins Wasser. Jedes Mal konnte er einige Dutzend kg Fisch
nach Hause bringen. Da der Winter auch im Süden kalt ist, entfachte
sein Bruder ein Lagerfeuer am Strand, Jiao fischte eine Weile
im Fluss, und dann wärmte er sich am Feuer. Das kalte Wasser
hat seinen Körper und seinen Willen gestählt,
selbst bei minus 4 Grad konnte er im Yangtse fischen. Der gestählte
junge Mann hat zweimal sogar Menschen im Fluss vor dem Ertrinken
gerettet.
Nachdem Jiao Zhaoleis
Bruder Abitur gemacht und bei einem Meister mit einer Lehre
angefangen hatte, machte er heimlich mit. Denn durch die Reparatur
eines Elektromotors verdiente man mehr als mit einigen Dutzend
kg Fische. Wenn sein Bruder einen Motor auseinandernahm, ertastete
er seine Bestandteile und fragte sorgfältig nach den Namen.
Nach einiger Zeit hat er sich alle Bestandteile gemerkt und
konnte sie beim Namen nennen.
Um die Mechanismen
eines Elektromotors zu verstehen, versuchte er auf einem 50
cm breiten und 20 cm langen Brett die elektromagnetische Induktion
eines Elektromotors mit Bambusstäbchen zu „zeichnen“.
Mit Hilfe eines Neffen hat er die elektromagnetische Induktion
und den Querschnitt der Induktion sowie das Prinzip des Stroms
verstanden. Nun war Jiao Zhaolei in der Lage, einen Elektromotor
auseinandernehmen und zusammensetzen, er wartete auf eine
Chance, sein Wissen anzuwenden.
An einem Wintertag
1982 brachte ein Bauer aus der Stadt Guichi einen Elektromotor
zu Jiao Zhaolei zur Reparatur. Zufälligerweise war Jiao
Zhaoleis Bruder nicht zuhause. Er hat das Geschäft angenommen
und versprach dem Kunden, innerhalb einer Woche die Maschine
wieder funktionsfähig zu machen. Er nahm sofort den Motor
auseinander und reparierte die defekten Stellen. Die Reparatur
ist ihm gelungen. Das war der erste Elektromotor, den er repariert
hatte. Dafür hatte er vorher drei Jahre lang geübt.
Da sein Bruder von
seinem Können überzeugt war, hat er ihm dann das Buch
Reparatur von Elektromotoren vorgelesen. Danach hat er unter
der Anleitung seines Bruders große handwerkliche Forschritte
gemacht. Er kann nicht nur Elektromotoren, sondern auch Pumpen,
Ventilatoren und Kühlschränke und viele andere Haushaltegeräte
wieder funktionsfähig machen.
Im Februar 1983 hat
Jiao Zhaolei die nach seinem Namen benannte Reparaturwerkstatt
eröffnet. Das war die erste von einem Blinden betriebene
Reparaturwerkstatt im ganzen Land. Seither hat er über 15 000
elektrische Geräte repariert, die zum Teil importierte
Waren waren.
Gerade wegen Jiao
Zhaoleis menschlicher Qualität und fachlicher Fertigkeit
hat sich ein Mädchen namens Zhou Lanzhen in ihn verliebt.
Jiao legte seiner Freundin nahe, sich gut die Folgen einer Ehe
mit einem Blinden zu überlegen. Zhou blieb eisern. Auch Zhous
Eltern aus dem Land waren anfangs dagegen. Aber nachdem sie
das Leben und die Taten von Jiao Zhaolei erfahren haben, änderten
sie ihre Meinung: „Er ist ein prima Kerl“, sagten sie.
Die Hochzeit wurde feierlich ausgerichtet, der Kreisvorsteher
hat die Trauung abgehalten. Heute hat Jiao Zhaolei eine glückliche
Familie mit zwei gesunden Kindern und führt sein Geschäft
fort.
Bei
der Auszeichnungsversammlung im Mai 1996 wurde der außerordentliche
Mechaniker von Staatspräsident Jiang Zeming empfangen.
Dieser schüttelte ihm die Hand und sagte: „Was für Hände
sind das! An den Händen lässt sich die mühevolle Reparaturarbeit
in den letzten über zehn Jahren ablesen. Das dicke Schmieröl
ist im Lauf der Jahre in die Haut eingedrungen. Diese Hände
sind ein mustergültiges Beispiels der Bewältigung eines
Schicksalsschlages.“ Der Staatspräsident ermutigte ihn
zu weiterem Erfolg.
Ende 1997 ist
Jiao Zhaolei ins Guinness-Rekordbuch aufgenommen worden, als
der blinde Mann, der in der Welt die meisten Elektromotoren
repariert hat.