Die
Rettung traditioneller tibetischer Kultur
Die
traditionelle tibetische Kultur ist ein vielbesprochenes Thema.
Viele westliche Medien wiederholen ohne Unterbruch, dass die
traditionelle Kultur in Tibet zerstört werde. Die Tatsachen
beweisen genau das Gegenteil. Die traditionelle Kultur in Tibet
wird nicht zerstört, sondern gerettet und bewahrt. Seit
Anfang der 80er Jahre hat man große Anstrengungen zum
Schutz und zur Rettung des traditionellen Kulturerbes in Tibet
unternommen. Ich war eine Zeitlang vom tibetischen Epos König
Gesar hingerissen und verbrachte viel Zeit mit dessen Erforschung.
Ich glaube, ich kann sagen, dass ich das Recht habe, darüber
meine Meinung zu äußern. Das berühmte Heldenepos
König Gesar ist seit jeher als Vortrags- und Gesangsstück
im Volk mündlich überliefert. Die Künstler scheinen göttliche
Unterstützung zu haben, denn sie können das Epos mit über
zehntausend Zeilen im Kopf behalten und Generation für Generation
mündlich weitergeben. Das Epos erzählt vom schweren Leben
des Königs Gesar und seinen außergewöhnlichen
Kriegsverdiensten, von seiner schönen Königin und
den tapferen Generälen, und auch von verschiedenen merkwürdigen
Halbgöttern. Die Kollation und Erforschung des Epos sind
seit den 80er Jahren ins staatliche Schwerpunktprogramm der
Sozialwissenschaften aufgenommen worden. Dazu wurde ein Sonderbüro
eingerichtet. Der berühmte Epen-Erzähler Zhaba aus Nyingchi
und die junge Künstlerin Yumei aus Nagqu sowie die Namen von
40 weiteren Künstlern wurden registriert. Mein Lehrer Jambian
Gyamco befasst sich mit der Erforschung von König Gesar
und ist als Leiter des Büros für König Gesar des
Instituts für die Kulturen nationaler Minderheiten bei der Chinesischen
Akademie der Sozialwissenschaften tätig. In den letzten
20 Jahren wurden Tausende von Kassetten und Hunderte von Videokassetten
aufgenommen sowie über 100 Bücher von König Gesar
auf Chinesisch und Tibetisch herausgegeben, deren Auflagen mehr
als drei Millionen betrugen. Daneben sind knapp 1000 Berichte
und Dutzende von Monographien veröffentlicht worden. Man
kann sagen, dass noch nie soviel Geld, Zeit und Aufwand zu diesem
Zweck eingesetzt wurde wie im Neuen China.
Die
Sammlungs- und Kollationsarbeit zur Volksliteratur, dem Drama,
der Musik und den Tänzen hat große Leistungen vollbracht.
Seit dem Jahr 1979 hat Tibet in dieser Hinsicht zahlreiche Veranstaltungen
organisiert. Es wurden nacheinander verschiedene Bücher herausgegeben,
wie z. B. die Sammlung tibetischer Volkslieder, die Sammlung
tibetischer volkstümlicher Geschichten, die Sammlung
tibetischer Sprichwörter, die Sammlung tibetischer
Musik, die Sammlung tibetischer Tänze, die Aufzeichnungen
über die tibetischen Dramen und die Aufzeichnungen über
die tibetische Quyi (volkstümliche Gesangs- und Vortragskunst).
Das ist eine in der tibetischen Vergangenheit nie gekannte Unternehmung.
Die wiederbelebten traditionellen Volksfeste
wie das „Shoton-Fest“ und das „Wangkor-Fest“ bieten eine Bühne
für die Darbietung der tibetischen Oper und von Gesang und Tanz
sowie für die Demonstration volkstümlicher Sportarten. 1999
fand das Staatliche Sportfest für nationale Minderheiten in
Lhasa statt. Dabei wurden unterschiedliche tibetische
Sportarten zur Schau gestellt, die von anderen nationalen Minderheiten
bewundert wurden. Die tibetische Kunst, wie traditionelle Malerei
und Bildhauerei, wurde bei der Restaurierung historischer Bauwerke
ebenfalls weitergegeben. Erfahrene Baumeister führen vorbehaltlos
ihre Lehrlinge zur Handfertigkeit .
Um den Fortschritt in der tibetologischen
Forschung zu beschleunigen, wurden, neben der Chinesischen Akademie
der Sozialwissenschaften in Beijing, in Tibet acht und in anderen
von Tibetern bewohnten Gebieten über 20 Forschungsinstitutionen
für Tibetologie errichtet, wie z. B. das Chinesische Forschungszentrum
für Tibetologie und das Forschungsinstitut für Tibetologie der
Provinz Sichuan. Viele gesellschaftliche Untersuchungen und
viele Zusammenstellungen antiker Werke sind von diesen Institutionen
unternommen worden. Dabei wurden bereits über eine Million Bände
von mehr als 300 Arten von tibetischen Werken, Büchern, Materialien
und historischen Dokumenten herausgegeben, buddhistische Kanons
in Tibetisch kollationiert, die Sutras auf Pattra-Blättern
in Sanskrit geordnet und viele niveauvolle tibetologische Seminare
und einflussreiche internationale Konferenzen zum akademischen
Austausch veranstaltet. Außerdem wurden mehr als zehn
tibetologische Fachzeitschriften ins Leben gerufen, z. B. Erforschung
Tibets, Tibetologie in China, Chinas Tibet,
Sitten und Gebräuche in Tibet und Tibetischer
Buddhismus. Viele Tibeter wurden zu Gelehrten für die tibetologische
Forschung herangebildet.
Die tibetische Medizin bildet einen wichtigen
Bestandteil der traditionellen tibetischen Kultur. In den letzten
Jahren investierte der Staat Dutzende Millionen Yuan in die
Entwicklung der tibetischen Medizin. Im Autonomen Gebiet Tibet
haben erfahrene tibetische Ärzte Millionen von Bänden
von mehr als 20 Arten von antiken Werken über die tibetische
Medizin herausgegeben, darunter ist der Nachdruck der Gesamtausgabe
der Hängetafeln von vier medizinischen Werken von hohem
wissenschaftlichem und klinischem Wert. Daneben wurden mehr
als 1000 tibetische Arzneien auf ihre Dosis und ihre Eigenschaften
hin analysiert, was die tibetische Medizin auf den Weg der Standardisierung
und Wissenschaftlichkeit gebracht hat. In der Entwicklung der
tibetischen Medizin und ihrer Therapiemethoden wurden bedeutende
Leistungen erzielt. Der tibetische Kalender wird als traditionelle
Zeitrechnungsmethode bis heute benutzt. Jedes Jahr wird der
tibetische Kalender von der Regierung des Autonomen Gebiets
zusammengestellt und gedruckt. Außerdem wurde ein Forschungsinstitut
zur Kalkulation des astronomischen Almanachs gegründet. Der
Wert traditioneller tibetischer Kultur wird von immer mehr Leuten
erkannt und geschätzt.