Sozial
schwächeren Menschen eine Existenzmöglichkeit verschaffen
Von Ma
Jie
Wang
Minghua lebt in Shanghai und ist schon 45 Jahre alt. Nach dem
Abschluss seines Studiums arbeitete er in einem staatseigenen
Unternehmen auf verschiedenen leitenden Posten. Später
wurde er arbeitslos. Er verschickte danach mehr als 30 Bewerbungsbriefe
für einen neuen Arbeitsplatz, bekam aber keine einzige Antwort.
Er hatte schon allen Mut verloren, als das Arbeitsamt des Bezirks
Zhabei ein Personalvermittlungsprogramm veranstaltete mit dem
Titel „4050“ (für Frauen über 40 und Männer über 50). Durch
diese Veranstaltung fand Wang Minghua einen Arbeitsplatz in
einer gastronomischen Firma. Dank der Erfahrungen, die er im
staatlichen Unternehmen gesammelt hatte, findet er sich in seiner
neuen Arbeit gut zurecht und ist voller Wohlbehagen.
Das
Projekt „4050“ hat nicht nur ein begeistertes Echo in
Shanghai gefunden, sondern auch die Aufmerksamkeit mancher internationalen
Organisationen auf sich gezogen. Beispielsweise besuchte ein
Delegierter der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vor
kurzem Shanghai und bezeichnete das Projekt „4050“ als
„Shanghaier Modell“ für „nicht offizielle Beschäftigung
und die Beseitigung der städtischen Armut“.
Seit 2000 führt die Stadtregierung
Shanghai Beschäftigungsprogramme auf der Liste der Schwerpunktprojekte,
durch die man die Probleme, die mit dem Alltagsleben der Einwohner
in enger Verbindung stehen, lösen will. Ziel ist es, 10
000 Arbeitsplätze zu schaffen.
Beim
Übergang Chinas von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft
ist das Beschäftigungsproblem allmählich zu einem
kritischen Problem der Städte geworden. Zur schwierigen
Lage trägt bei, dass jährlich im ganzen Land mehr
als zehn Millionen neue Arbeitskräfte hinzukommen. Seit
der Mitte der 90er Jahre sind in Shanghai insgesamt 1,2 Millionen
Menschen arbeitslos geworden, 30-40% von ihnen sind Frauen über
40 und Männer über 50. Aus historischen Gründen wie z.
B. der Kulturrevolution (1966-1976) sind die meisten von ihnen
nicht gut gebildet. Sie sind einerseits die Stütze der Familie,
haben andererseits aber große Schwierigkeiten, eine neue
Arbeitsstelle zu finden, nachdem sie freigestellt wurden. Aus
diesem Grund werden sie als sozial schwächere Gruppe angesehen.
Um dieses Problem zu lösen, hat die Stadtregierung
Shanghai im März 2001 das Projekt „4050“ lanciert.
Dabei werden regionale und arbeitsintensive Branchen wie Marktplätze
und Wassertierzucht mit Nachdruck gefördert. Bis Anfang
2002 wurden 20 000 Arbeitssuchende an einen neuen Arbeitsplatz
vermittelt.
Wang
Dexin war im Hafenamt Shanghais tätig und beruflich gut
qualifiziert. Nachdem er bei einer Neuverteilung der Posten
freigestellt wurde, gründete er mit der Unterstützung des Straßenkomitees
eine Arbeitsgruppe, die auf die Fahrräder in dieser Straße
aufpassen soll. Wang Dexin hat damit nicht nur für sich selbst,
sondern auch für mehrere andere, die ebenfalls in einer schwierigen
Lage waren, eine Arbeitsmöglichkeit geschaffen.
Das Projekt „4050“ ist keine Sozialfürsorge
im eigentlichen Sinne, weil die Regierung dafür keine Geldmittel
bereitstellt. Für das Projekt „4050“ werden stattdessen gesellschaftliche
Organisationen und Einzelpersonen von der Regierung durch eine
Begünstigungspolitik darin unterstützt, private Unternehmen
zu errichten, die sich vollständig nach dem Markt richten.
Für ein Beschäftigungsprojekt im Rahmen
des Projekts „4050“ geht das Arbeits- und Sozialversicherungsamt
der Stadt Shanghai nach dem „Fünf-Einheiten-Verfahren“ vor.
Die erste Einheit ist der Entwerfer des Projekts, das den „4050-Menschen“
Arbeitsmöglichkeiten anbieten soll. Wenn die zuständige
Behörde den Entwurf für gut befindet, kauft sie ihn. Entwürfe,
die nicht angenommen wurden, aber nach Meinung von Experten
eine innovative oder eine praktische Bedeutung haben, erhalten
auch eine angemessene materielle Belohnung. Danach wird der
Auftrag öffentlich ausgeschrieben. Hier kommen die zweite
und die dritte Einheit ins Spiel. Die zweite Einheit ist der
Veranstalter der Auftragsausschreibung. Diese Aufgabe übernimmt
ein von der Regierung eigens dafür gegründetes Büro. Die dritte
Einheit erhält den Zuschlag für das Projekt und ist für
seine Durchführung zuständig. Die vierte Einheit ist der
Investor, und die fünfte Einheit ist der Koordinator und Organisator,
der den ganzen Prozess der Projektdurchführung beaufsichtigen
und auswerten soll.
Ein „4050“-Projekt genießt viele
politische Vorzugsmaßnahmen. Beispielsweise braucht man
nur niedrige oder gar keine Zinsen für Kredite zu zahlen, wenn
man genügend Arbeitsplätze anbietet; ferner werden Steuern
und andere Abgaben für drei Jahre erlassen.
Für das Projekt „4050“ spielt die Dienstleistungsgruppe
von Experten aus verschiedenen Bereichen, die im Mai 2000 vom
Arbeits- und Sozialversicherungsamt Shanghais gegründet wurde,
eine wichtige Rolle.
Die Dienste der Experten umfassen die Abschätzung
der Durchführbarkeit des Projekts, eine Marktanalyse, ein Marketingkonzept,
technologische Neuerungen, das Management, die Investionsanalyse,
die Finanz- und Qualitätskontrolle sowie die Beratung über
Urheberrechte für geistiges Eigentum. Darüber hinaus sind diese
Dienste sehr flexibel. Man kann z. B. entweder zu den Experten
gehen oder sie zu Hause empfangen. Die Kosten dafür trägt
die Regierung.
Im Jahr 2001 lag der Arbeitsschwerpunkt des
Arbeits- und Sozialversicherungsamts Shanghais darin, „4050“-Einzelprojekte
aufzustellen. Tausende von Personen, die mit dem Entwurf, der
Auftragsausschreibung und der Durchführung von Projekten betraut
waren, sowie Investoren wurden von insgesamt 24 Gruppen, zu
denen 206 Experten gehörten, beraten.
Das Projekt „4050“ hat älteren Menschen,
die auf dem Arbeitsmarkt über eine geringe Konkurrenzfähigkeit
verfügen, viele Arbeitsmöglichkeiten geboten. Jiang Xuezhen,
die Leiterin einer Dienstleistungsstelle für Mütter und Säuglinge,
sagte: „Früher meinten wir immer, dass es sehr schwer für uns
ist, einen Arbeitsplatz zu finden. In der Tat gibt es aber in
Shanghai unzählige berufliche Tätigkeiten, denen wir
durchaus gewachsen sind.“ Wang Qin war Buchhalterin im Generalunternehmen
für Metallwaren und Haushaltsgeräte der Stadt Shanghai.
Nachdem sie freigestellt wurde, gründete sie ein Bestattungsinstitut
namens Ping’an. Dank des zufriedenstellenden Services läuft
das Geschäft sehr gut, und Wang Qin hat mit der Anleitung
der Experten noch vier Zweigstellen errichtet. Heute ist Ping’an
eines von zwei Bestattungsinstituten in Shanghai, die vom Zivilverwaltungsamt
der Stadt anerkannt sind. Wang Qin ist sehr stolz auf ihren
Erfolg.
Seit 1997 stagniert in China die Zahl der
städtischen Arbeitslosen und der von staatseigenen Unternehmen
Freigestellten bei ca. 15 Millionen, was einerseits die Gesamtsituation
der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beeinträchtigt
und andererseits eine Herausforderung für das System der öffentlichen
Wohlfahrt bildet. So wurde die aktive Erhöhung der Beschäftigungsziffer
an der nationalen Arbeitssitzung für Wirtschaft, die vor kurzem
stattfand, als einer der Arbeitsschwerpunkte des Jahres 2002
bestimmt. Das Projekt „4050“, durch das die Stadtregierung Shanghai
das Wiederbeschäftigungsproblem mit Hilfe des Marktes lösen
will, gilt allgemein als innovativ und wirkungsvoll.