Boomartiger
Wirtschaftsaufschwung im Osten und Westen von Guangdong

Die beiden Verwaltungsgebiete Ost- bzw. Westguangdong
umfassen jeweils vier wirtschaftlich bedeutende Städte: Shantou,
Chaozhou, Jieyang und Shanwei im Osten sowie Zhanjiang, Maoming,
Yangjiang und Yunfu im Westen der Provinz.
Shantou und Zhanjiang gelten hierbei nicht nur
als die Hauptzentren der beiden Verwaltungsgebiete, sondern sie
spielen zugleich auch eine bedeutende Rolle in der örtlichen
wirtschaftlichen Entwicklung. Großes Gewicht legt man dabei
besonders auf den Exporthandel.
Shantou und das Streben
nach Neubelebung
Direkt
an der Mündung der drei Flüsse Hanjiang, Rongjiang und Lianjiang
gelegen wurde Shantou 1861 durch die Zwangsöffnung der imperialistischen
Mächte zu einem der ersten Handelshäfen in der chinesischen
Geschichte neuerer Zeit. Als ein Dreh- und Angelpunkt für Ostguangdong,
den südlichen Teil der Provinz Jiangxi und den westlichen Teil der
Provinz Fujian war der jahrhundertealte Hafen einst in der
ganzen Welt berühmt.
1980 dann machte die chinesische Regierung Shantou
zu einer Wirtschaftssonderzone und legte so den Grundstein für ein
wirtschaftlich äußerst erfolgreiches Projekt: Bereits
im Jahre 2000 belief sich Shantous Bruttoinlandsprodukt auf fast
47,8 Milliarden Yuan, was den Stand von 1980 um mehr als das 16fache
übertraf und Shantou unter die ersten 50 chinesischen Städte
des größten ökonomischen Potenzials katapultierte.
Mit grundlegender wirtschaftlicher Stärke, günstigen Transportmöglichkeiten
sowie entsprechenden Kommunikationsstrukturen spielt Shantou zunehmend
eine wichtige Rolle für Entwicklung und Aufbau in der Region von
Ostguangdong.
Als
Stadt mit einer exportorientierten Wirtschaft verfügt Shantou über
zahlreiche Außenhandelsunternehmen wie z. B. die in
Ostguangdong größte Gesellschaft für den Import/ Export
von Textilien mit einem jährlichen Exportvolumen von 30 Millionen
US- Dollar oder den Schlüsselindustriezweig: die Spielzeugfabriken.
Mit einem Produktionswert von 6 Milliarden Yuan pro Jahr und
weltweitem Export behaupten sich die über 3000 ortsansässigen
Fabriken auch auf nationaler Ebene als bedeutende Produktionsbasis.
Shantou hat enge wirtschaftliche Verbindungen
mit Hong Kong, Macau und Taiwan. Es werden Projekte der wirtschaftlichen
Kooperation mit über 150 Ländern und Regionen der ganzen Welt
ausgeführt. 2500 in Shantou angesiedelte ausländische Unternehmen
und 47 Multikonzerne tragen wesentlich dazu bei, Shantou als weltoffener,
international wichtiger Handelsbasis zu einer Brücke über Südostasien,
Hongkong, Macau und Taiwan bis nach Japan und Europa zu machen.
Und
die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt nicht auf Kosten der Umwelt:
Mit ihrem grünen Erscheinungsbild rangiert die Stadt hoch unter
vergleichbaren mittelgroßen chinesischen Orten. Mit dem Ruf
als eine der hygienischsten Städte und als Vorbild des
Umweltschutzes, ist Shantou auch für die Tourismusindustrie interessant
geworden. Die örtliche Regierung bemüht sich sehr darum, ihre
Stadt Shantou zu eine der attraktivsten Städte für Leben und
Arbeit im ganzen Land weiterzuentwickeln.
Chaozhou: ein Touristenziel
Chaozhou, gleich neben Shantou gelegen, gilt mit
über 700 Sehenswürdigkeiten wie Tempeln, Pagoden, Gedenkstätten,
altertümlichen Brücken oder Steinschnitzereien als eine berühmte
historische und kulturell interessante Stadt.
Neben
der während der Song- Zeit (960-1279) erbauten herrschaftlichen
Wohnresidenz des kaiserlichen Schwiegersohns Xu steht die Xiangzi-
Brücke (eine der vier berühmten altertümlichen chinesischen Brücken,
zu denen u. a. auch die Marco Polo- Brücke gehört) als Sehenswürdigkeit
unter Denkmalschutz.
Aber auch andere historische Stätten in der
Stadt sind eines Besuches durchaus wert. Die Gedächtnishalle
des Han Yu (ein berühmter Literat 768-824) z. B. ist die besterhaltene
ihrer Art in ganz China. Der mit buddhistischen Schriften in Steinsäulen
verzierte Kaiyuan-Tempel ist der größte Tempel im Osten
Guangdongs. Eine gigantische Bronzeglocke der Song- Dynastie, hölzerne
Pagoden oder ein einfacher Bummel durch Chaozhous Altstadtgassen
machen diesen Ort zu einer kleinen Reise in die chinesische Vergangenheit.
Chinesischer Stil trifft auf die Ansprüche des
europäischen Marktes: Traditionelle Kunsthandwerkprodukte wie
Chaozhouer Stickerei oder Porzellan aus Fengxi werden weltweit in
über 160 Länder bzw. Regionen exportiert und sind mit einem
jährlichen Umsatz von über 500 Millionen US- Dollar neben dem
Tourismusmarkt aus dem Bild der Region nicht mehr wegzudenken. Einwohner
Chaozhous hoffen nun, dass die Tourismusbranche in Zukunft Hand
in Hand mit den übrigen wirtschaftlichen Standbeinen zur Erschließung
weiterer ökonomischer Bereiche beitragen kann.
Jieyang: Unternehmensgruppen
und die Wirtschaft auf dem Land
Jieyang
liegt südwestlich von Chaozhou und Shantou. Eine 1992 festgesetzte
Entwicklungsstrategie soll die Stadt künftig zu einer tragenden
Industriestadt machen. Zu den über 30 000 ansässigen Unternehmen
gehört u. a. auch der staatliche Jirong- Konzern mit einem
Gesamtkapital von über 500 Millionen Yuan. Dem Impuls dieser und
anderer großer Unternehmensgruppen verdankt Jieyangs Industrie
einen im Vergleich zum Vorjahr um 11, 9% gesteigerten Produktionsumsatz
auf gut 64 Milliarden Yuan. Jieyangs medizinische Geräte, Klimaanlagen,
Autoteile sowie die Herstellung rostfreien Stahls sind alle Wettstreiter
auf den großen nationalen und internationalen Märkten.
Doch auch auf dem ländlichen Gebiet gedeiht
Jieyang: Yangmei, ein Dorf in den Vorstadtbezirken von Jieyang,
ist eine der größten Produktions- und Handelsbasen für
Jadeprodukte Chinas. Nahezu jeder Haushalt beteiligt sich in einer
Weise an dem Geschäft mit der Jade. Zu Beginn des 20sten Jahrhunderts
begründeten die Dorfbewohner ihr Unternehmen, heute finden sich
die Produkte von Jadebuddhas bis hin zu Jadearmbändern auch
in vielen anderen Teilen Chinas und Südostasiens.
Zhanjiang, der „Gartenhafen“
Zhanjiang,
im Westen von Guangdong, liegt ziemlich genau an der südlichsten
Spitze des chinesischen Festlandes. An drei Seiten vom Ozean umgeben,
besitzt Zhanjiang (inklusive seiner 30 zugehörigen, umliegenden
Inseln) mit insgesamt über 1556 Kilometern Küste nicht nur einen
schier unerschöpflichen Vorrat an Fisch- und Muschelsorten,
sondern hat mit feinen Sandstränden und mildem Klima auch erholungsbedürftigen
Touristen einiges zu bieten. Doch damit nicht genug: In einem scheinbar
perfekten Klimagürtel zwischen tropischen und subtropischen Gebieten
gelegen tragen Zhanjiangs tropische Früchte bzw. Gemüseernten neben
Zuckerrohranbau, Meersalzgewinnung und Erträgen aus der Perlenzucht
in einem erheblichen wenn nicht überwiegenden Maße zum Gesamtertrag
der Provinz und sogar des ganzen Landes bei.
Zhanjiang verfügt heute über ein gut koordiniertes
Hafennetzwerk. Gemeinsam mit über 20 umliegenden Häfen verschiedenster
Größenordung weist Zhanjiang eine jährliche Umschlagskapazität
von gut 30 Millionen Tonnen auf. In den Häfen können Schiffe
mit 300 000 Tonnage für Frachtgut bzw. 500 000 Tonnage für Öltankerladungen
ankern.
Maoming: Ölstadt
und Fruchtplantage zugleich
Maoming ist nicht nur die größte Produktionsbasis
der petrochemischen Industrie Südchinas, sondern kann auch auf eine
lange Geschichte im Obstanbau zurückblicken. Während schon
zu Zeiten der Han- Dynastie (206 v. Chr.-24) im Gongyuan-Garten
hochwertige Litschi- Früchte geerntet wurden und heute der
Produktionswert des Obstanbaus 37% des landwirtschaftlichen Gesamtproduktionswerts
ausmacht, bringt es der petrochemische Sektor zwar auf eine nicht
ganz so lange Historie, steht dem süßen Geschäft aber
in nichts nach. Im Gegenteil: Alleine das staatseigene Maominger
Petrochemieunternehmen exportiert in Dutzende Länder weltweit
und behauptet mit einem jährlichen Umsatz von über 10 Milliarden
Yuan einen Platz in der vordersten Reihe von Chinas 500 Topunternehmen.
Yangjiang: Hauptstadt
der Messer und Scheren
Yangjiang gilt als eines der vier traditionellen
Zentren der Handwerksindustrie in Guangdong. Hauptsächlich
– mit etwa 80 Prozent - am Gesamtexport von Eisen- und Metallwaren
des Landes beteiligt, wird die als „beste Klinge Chinas“ gefeierten
„Yangjianger Messer“ vor allem nach Amerika und Europa exportiert.
Die Yangjianger verstehen sich auf ihr Handwerk,
Messer und Scheren. Bis in die Zeiten der Qing- Dynastie (1644-1911)
zurückgehend umfasst der Hauptindustriezweig dieser Region heutzutage
mehr als 900 Unternehmen und bildet mit rund 90 000 Angestellten
zweifellos eine stützende Säule im Bereich der Yangjianger
Wirtschaft.
Yunfu: Königsreich
der Mineralien
Wie auch Yangjiang im Westen von Guangdong gelegen
behauptet die Stadt Yunfu nicht nur dort, sondern vor allem auch
weltweit seine bedeutende Stellung auf dem Rohstoff- bzw. Mineraliensektor;
Pyrit aus Yunfu wird einmütig die beste Qualität der Welt bestätigt,
das Titanvorkommen belegt in der Provinz Guangdong den vordersten
Platz.
Die Bausteinproduktion im Herzen Yunfus stützt
sich besonders auf Schichtmaterialien wie Granit, Glasmosaik, Keramik
und Marmor, welches mit Granit in zig Millionen produzierten Quadratkilometern
Yunfu als Chinas viertgrößte Herstellungsbasis der gefragten
Materialien etablierte; nicht zu Unrecht also wurde das Yunfuer
Baustein- Handelszentrum mit dem Spitznamen „Steincenter der Welt“
versehen.

Von Liu Dongping
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